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Reisestipendien

Reisestipendien

Titel: Reisestipendien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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sie sich schon das Geld aus dem Schreibtische des Kapitäns und aus den Reisesäcken der Matrosen angeeignet hatten. Auch die vorgefundenen Kleidungsstücke der Matrosen sollten angelegt werden, da sie nicht so leicht Verdacht erregen konnten als die der Verbrecher, die aus dem Queenstowner Gefängnis entwichen waren. Mit Geld und sonstigen Bedürfnissen reichlich ausgestattet, durften sie vielleicht hoffen, die Nachsuchungen der Polizei zu vereiteln, sich nach einem andern Hafen Irlands begeben und von da nach einem andern Erdteil in voller Sicherheit entkommen zu können.
    Vor der letzten Entscheidung mußten also noch fünf bis sechs Stunden vergeben. Harry Markel und seine von der Polizei gehetzte Bande waren schon zum Zusammenbrechen ermüdet gewesen, als sie den »Alert« überrumpelten. Außerdem kamen sie fast um vor Hunger. Sobald sie sich des Schiffes bemächtigt hatten, war es deshalb ihre erste Sorge gewesen, sich Nahrung zu verschaffen.
    Der von ihnen, dem diese Aufgabe fast selbstverständlich zufiel, war Ranyah Cogh. Dieser zündete eine Laterne an, durchsuchte die vor dem Fockmaste gelegene Küche und die Vorratskammer an der gemeinschaftlichen Kajüte, nach der er durch eine Treppenkappe hinunterging. Übrigens versprach der Inhalt des Frachtraumes, der mit allen Bedürfnissen für die Hin-und Rückreise ausgestattet war, für die Fahrt des »Alert« nach dem Großen Ozean alles Notwendige zu bieten.
    Ranyah Cogh hatte es leicht genug, nicht nur den Hunger seiner Genossen zu stillen, sondern auch ihren Durst: Brandy, Whisky und Gin gab es in hinreichender Menge.
    Alle sättigten sich nun zur Genüge, und dann gab Harry Markel, der sich auch an dem Essen beteiligt hatte, John Carpenter und den übrigen Befehl ihre Kleidung gegen die der Matrosen auszutauschen, deren Leichen noch auf dem Decke lagen. Dann könnten sie sich irgendwo, nötigenfalls in der Hauptkajüte, zum Schlaf niederlegen, aus dem sie geweckt werden sollten, wenn es möglich wäre, die Segel zu hissen.
    Harry Markel dachte gar nicht daran, sich Ruhe zu gönnen. Ihm lag es zunächst am Herzen, einen Einblick in die Schiffspapiere zu nehmen, der ihm voraussichtlich nach allen Seiten von Nutzen sein mußte. Er begab sich also nach der Kabine des Kapitäns, zündete die Lampe an und öffnete alle Schubladen mit den Schlüsseln, die er den Taschen des unglücklichen Paxton entnommen hatte. Nachdem er daraus verschiedene Schriftstücke hervorgeholt hatte, setzte er sich mit derselben Kaltblütigkeit an den Tisch, von der er im Laufe seines abenteuerlichen Lebens schon so viele Beweise geliefert hatte.
    Die verschiedenen Schriftstücke waren, wie nicht anders zu erwarten, in bester Ordnung, da ja die Abfahrt am nächsten Morgen stattfinden sollte. Das Durchfliegen der Mannschaftsrolle belehrte ihn, daß alle Matrosen, zwölf an der Zahl, bei der Überrumplung des »Alert« anwesend gewesen waren Er konnte also sicher sein, daß nicht der eine oder andere an Bord zurückkehren würde, der zu jener Stunde sich in Erfüllung eines Auftrages oder mit Landurlaub in Queenstown befunden hätte. Nein: die Leute waren bis auf den letzten Mann abgeschlachtet worden.
    Aus dem Ladungsverzeichnis ersah Harry Markel, daß das Schiff an getrocknetem Fleisch, Dörrgemüsen, Zwieback, an eingesalzenen Nahrungsmitteln, an Mehl u. dergl. für mindestens drei Monate ausgestattet war, und diese Zeit mußte auf jeden Fall genügen, den Großen Ozean zu erreichen. Das Geld im Kassenschranke der Kabine belief sich in runder Summe auf sechshundert Pfund Sterling (12.000 Mark).
    Für Harry Markel hatte es ferner ein begreifliches Interesse, die bisherigen Reisen des Kapitän Paxton mit dem »Alert« kennen zu lernen, da es ihm darauf ankam, bei seinen späteren Fahrten keinen der Häfen zu berühren, die der Ermordete früher angelaufen hatte und wo er dem oder jenem gewiß bekannt sein mußte. Harry Markel faßte eben jede Möglichkeit ins Auge und er war nicht der Mann dazu, irgend welche Vorsichtsmaßregel zu vernachlässigen. Die Durchsicht der betreffenden Bücher gab ihm auch den erwünschten Aufschluß.
    Der »Alert« war ein erst drei Jahre altes Fahrzeug und in Birkenhead in der Werft von Simpson & Cie. erbaut. Er hatte erst zwei Reisen nach Indien gemacht, dabei die Häfen von Bombay, Ceylon und Kalkutta angelaufen und war dann unmittelbar nach Liverpool, seinem Heimathafen, zurückgekehrt. Da er nach den Gewässern des Großen Ozeans niemals gekommen war,

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