Reiterhof Birkenhain 04 - Ein starkes Team
nicht, sie litt unter Heuschnupfen und räumte inzwischen vergessene Gerten und Reitkappen weg. Später am Abend, es war ja Juni und lange hell, kam Harry mit seinem Trecker und einem Gitterwagen voller Strohballen. Connys Information auf seinem Tonband hatte ihn alarmiert. Er musste für einige Tage verreisen und brachte darum noch Stroh. Auf keinen Fall wollte er die Reitschule ohne Einstreu und Futterstroh zurücklassen.
»Wenn ich weg bin, arbeitet eine Aushilfe bei mir«, sagte er. »Der Mann bringt euch noch Heu vorbei. Jensen wollte 600 Ballen haben.«
Bevor er zurück nach Seedorf fuhr, schärfte er den Mädchen ein dafür zu sorgen, dass nachts jemand im Stall schlafe.
»Stellt euch mal vor, es brennt hier«, sagte er, »und niemand ist da, um die Pferde herauszulassen. Das mag man sich ja gar nicht ausmalen...«
Daran hatten die Mädchen noch gar nicht gedacht. Wieder eine neue Hürde!
»Wenn Axel nicht kommt, schlafe ich mit Oma im Pflegerzimmer«, sagte Luisa nach einer Weile und sah Harrys lärmendem, grünem Trecker nach, wie er die Anhöhe zum Birkenweg hochzuckelte. »Das macht sie. Bestimmt.«
Aber das war dann doch nicht nötig, denn Axel Rakete erschien kurze Zeit später. Die Nachricht von seinem verunglückten Chef hatte ihn ziemlich geschockt. Vor allem deswegen, weil er nicht wochenlang für Kai Jensen einspringen konnte. Der Assistent-Reitlehrer studierte Jura. Und gerade jetzt standen entscheidende Prüfungen bevor.
»Ich kann hier zwar schlafen«, sagte Axel. »Das geht.
Aber was wird tagsüber? Und abends? Ich muss büffeln ohne Ende. Wenigstens die nächsten zwei Wochen. Erst danach sieht es besser aus.«
Nach heißen Diskussionen beschloss Axel schließlich, die drei Reitställe in der Nähe anzurufen. »Vielleicht können die aushelfen«, hoffte er, aber es klang wenig zuversichtlich.
Tatsächlich wurde es eine Pleite. Die Besitzerin des ersten Reiterhofs erwartete ein Baby, der zweite Stallmeister kam selber gerade aus dem Krankenhaus. Den dritten Stall gab es gar nicht mehr.
»Also - dann tritt wieder Plan eins in Kraft«, sagte Conny. »Und der wäre?«
»Wir teilen uns die Stallarbeit. Vor der Schule und nachmittags. Wir finden bestimmt noch mehr, die mitmachen.«
Axel Rakete meinte, das müsste man mit Herrn Jensen besprechen. Aus rechtlichen Gründen. Der künftige Jurist kam in ihm durch.
Auf jeden Fall wollte er über Nacht im Stall bleiben, am nächsten Morgen das Füttern übernehmen und dann zur Uni fahren. Conny und Jule versprachen, gleich nach der Schule zu kommen und auszumisten.
Der Schwachpunkt blieb der Vormittag. Nicht nur der morgige, sondern alle Vormittage in den nächsten Wochen, außer an den Wochenenden. Die Mädchen saßen in der Schule, Axel in der Uni.
»Wenn morgens etwas passiert«, sagte Axel Rakete, »merkt das niemand. Und das ist ziemlich schlecht.« Er musste jemand finden, der zumindest nach den Pferden sehen konnte. »Reitet morgens nicht eine von den Hausfrauen?«
Wie auf Kommando schrien die Mädchen auf.
»Nein ... nein, bloß nicht die«, stöhnte Jule.
»Nur über meine Leiche«, sagte Conny.
»Die macht doch nur Mist«, fand auch Luisa.
Alle sahen im Geiste nur eine einzige Reiterin vor sich -und das war Doris Vogel.
»Es hilft nichts«, sagte Axel, der das Gleiche gedacht hatte, und suchte die Nummer von Frau Vogel heraus. Er rief sie gleich an und stellte auf Mithören.
Für ihre zwanzig Mark Reitstundengebühr, sagte Doris Vogel spitz, wolle sie reiten und keine Stallarbeiten machen. Nein, sie möchte nicht ungefällig sein - so ein Unglück mit Herrn Jensen! Aber sie verspüre wenig Lust sich von den verzogenen Gören anmachen zu lassen.
Jule stürzte sich gleich aufs Telefon, aber Axel wehrte sie mit ausgestrecktem Arm ab. Zur Empörung der Mädchen schmierte er seiner Gesprächspartnerin auch noch mächtig Honig um den Bart und versicherte, dass die »dummen Gören« ja in der Schule säßen. Wie konnte er nur!
Immerhin willigte Frau Vogel widerstrebend ein. Sie wollte morgen nach dem Reiten einen Blick auf die Pferde werfen. Selbstverständlich völlig unverbindlich.
»Nun kriegt euch mal wieder ein«, sagte Axel. »Ohne Süßholzraspeln hätte sie das nie gemacht. Und wir brauchen diese Dame nun mal.«
Jule raufte sich ihre roten Haare.
»Wahrscheinlich hast du Recht«, gab sie zu. »Wer weiß, wie oft meine Eltern mich überhaupt in den Stall lassen. Wenn ich schon wieder eine Ausnahme will, laufen die Amok.
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