Reiterhof Birkenhain 04 - Ein starkes Team
er. »Das gefällt mir gar nicht. Der Kreislauf. Sie muss hoch, es hilft nichts.«
Mit lauter Stimme versuchte er das liegende Pferd hochzutreiben.
Mühselig rappelte sich Flecken-Paula auf. Nur mit größter Mühe hielt sie sich aufrecht. Ihre Beine zitterten. Der ganze Körper schwankte.
Der Tierarzt führte sie einige Meter weiter auf die Stallgasse und legte ihr dort eine Infusion an. Die Nährstoffe wirkten Wunder. Man konnte förmlichzusehen, wie das Zittern sich legte. Jule atmete auf. Paula bekam noch eine krampflösende Spritze. Als sie schließlich sicher auf den Beinen stand, untersuchte Dr. Teichmüller sie genauer.
»Sie muss etwas Falsches gefressen haben«, vermutete er. »Auf jeden Fall gebe ich ihr noch ein Abführmittel. Durch die Nasenschlundsonde - das kennst du ja.«
Jule nickte. »Ja.« Unwillkürlich zog sie den Kopf ein, weil ein Schwalbenpaar niedrig über sie hinwegzischte. Bereits zweimal hatte sie bei einer Kolik geholfen und den Beutel mit Paraffinöl hochgehalten. Koliken gehörten in einem Reitstall zum Alltag. Wenn man sie schnell behandelte, waren sie nach wenigen Tagen vergessen. Kam man aber zu spät, konnte es passieren, dass das Pferd qualvoll starb.
Wäre Frau Vogel nicht im Stall gewesen ...
Jule verscheuchte diesen Gedanken.
Sie hielt Paula am Halfter fest, hängte den Beutel an den
Zinken einer Forke auf und hielt ihn damit hoch. Theo schob einen dünnen Schlauch durch Paulas Nase in die Speiseröhre. Das Abführmittel lief nun durch den Schlauch in den Magen. Blut tropfte aus Paulas Nase. Schrecklich, wie das aussah! Dabei war nur ein Äderchen in der Nase gepla tz t - das ließ sich nicht vermeiden beim Hantieren mit dem Schlauch.
Dr. Träger kam mit Doris Vogel aus Paulas Box.
»Er kann jetzt rein«, sagte der Mathelehrer stolz. Vergeblich versuchte er den feinen Sägemehlschleier von seinem Oberhemd zu klopfen. »Seine Box ist fertig eingestreut. Eure Frau Vogel hat mir geholfen.«
Das glaubt mir keiner in der Schule, schoss es Jule durch den Kopf. Und im Stall auch nicht.
»Na, dann wischen Sie mal das Blut weg«, forderte Theo Dr. Trägeraufund zwinkerte Jule unmerklich zu. »Sonst rutscht das Pferd darauf aus.«
Dr. Trägers Gesicht nahm einen Ausdruck von Verwirrung an, den Jule in der Schule noch nie an ihm bemerkt hatte. Man sollte Mathelehrer öfter in den Reitstall mitnehmen ...
Er flüsterte mit Doris Vogel, dann schütteten sie Sägemehl auf die Blutflecken und schoben die roten Späne mit dem Besen auf den Misthaufen.
»Ich muss zurück«, sagte Dr. Träger nach einem Blick auf die Uhr.
»Ich habe gleich die 7 b. Du kannst wieder mitfahren, Julia. Was hast du jetzt verpasst?« »Bio«, sagte Jule. »Aber das hier war ja auch so etwas Ähnliches, oder?«
»Schade, dass es für Praxis keine Zensuren bei uns gibt«, sagte Dr. Träger. Das klang ehrlich. »Was ich hier gesehen habe - dafür wäre dir eine glatte Eins sicher, wenn ich dein Biolehrer wäre.«
Ein Kompliment aus einem Lehrermund! Das durfte man der Nachwelt nicht vorenthalten! Jule wollte sich nachher den Wortlaut aufschreiben und in ihr Tagebuch kleben.
Dr. Teichmüller führte Paula in die Box.
»Das Pferd kann nicht allein bleiben«, sagte er, ging zum Wasserhahn am Ende der Stallgasse und wusch sich sorgfältig die Hände. »Die Gefahr ist noch nicht vorbei. Kann sein, dass es wieder losgeht. Wann erscheint denn Axel Rakete ... Oh, ihr kommt ja wie gerufen.«
Die letzten Worte galten den Gerlach-Zwillingen und Imke Zavelstein, die von hinten mit Sätteln und Zaumzeug aus der Sattelkammer kamen. Jule konnte keine der drei leiden.
»Kolik?«, fragte Mia-Mathilde Gerlach fachmännisch. Die Nervis, auch wenn man sie manchmal am liebsten auf den Mond schießen würde, hatten Erfahrung mit Pferden. Schließlich besaßen sie eigene, die auf dem Hof von Herrn Jensen standen.
Theo nickte und packte seine Tasche zusammen. »Behaltet ihr Paula im Auge, bis Ablösung kommt? Und sofort anrufen, wenn es ihr wieder schlechter geht.«
Die drei sahen nicht gerade begeistert aus.
»Eigentlich wollten wir gerade ausreiten«, sagte Imke Zavelstein zögernd, die kleinste der Nervis. »Wo ist denn Luisa?«
Jeder wusste, dass die gepunktete Stute Paula das Lieblingspferd von Luisa Steffen war.
»Was für eine hohle Frage«, fuhr Jule sie an. »In der Schule natürlich. Sonst würden wir dich bestimmt nicht fragen, Zavelstein.«
Da lenkte Dina-Dorothee ein, der zweite Gerlach-Zwil-ling.
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