Reiterhof Birkenhain 04 - Ein starkes Team
»Reitet ihr beiden doch aus«, schlug sie ihrer Schwester und Imke vor. »Ich bleibe ganz gern hier. Ich wollte sowieso den Schweif waschen.« Sie sprach von Nordlicht, ihrem braunen Holsteiner Wallach.
»Wenn es um ein krankes Pferd geht, passe ich auch auf«, sagte Imke Zavelstein kratzbürstig. »Ist doch logisch. Aber die...«, ihre Schulter mit dem Zaumzeug war jetzt auf Jule gerichtet, »... die soll nicht immer so tun, als ob ihr der Stall gehört.«
»Muss ich Schiedsrichter spielen?«, fragte Dr. Teichmüller.
»Quatsch«, fauchte Imke Zavelstein und verschwand nach draußen.
Dina-Dorothee übernahm die »Krankenwache«.
Als Jule vier Stunden später wieder im Stall erschien, erfuhr sie, wie wichtig das gewesen war. Dina hatte Dr. Teichmüller tatsächlich ein zweites Mal zu Paula rufen müssen. Doch als Luisa auf dem Reiterhof eintraf, war das Pferd endgültig auf dem Weg der Besserung. Luisa schenkte Dina spontan ihren neuen Hufkratzer.
Axel half gerade seiner ersten Donnerstags-Kindergruppe beim Satteln.
»Jule, machst du nachher den Anfangsreiter?«, fragte er aus Kalles Box. Er hielt das Fjordpferd an seiner Stehmähne fest, damit die kleine Lara eine Chance hatte ihm den Sattel auf den Rücken zu legen. »Und rufst du vorher in der Mühle an und gibst meine Futter-Bestellung durch? Die Liste liegt auf dem Schreibtisch.«
Jule und Luisa gingen in Jensens kleines Büro. Bei der Mühle war ständig besetzt, darum rief Luisa erst Herrn Jensen im Krankenhaus an.
»Kein Wort über Flecken-Paula«, schärfte Jule ihrer Freundin ein. »Der Mann ist in der Lage die nächste U-Bahn nach Großmoorstedt zu nehmen.«
Mehmet Kütük nahm wie verabredet den Hörer ab und hielt ihn Kai Jensen ans Ohr. Der Schulterverband hinderte ihn nach wie vor den Hörer selbst zu halten. Zuerst ging alles ganz glatt. Der Stallbesitzer schöpfte keinen Verdacht. Seine Hauptsorge galt dem Heu, das morgen kommen sollte.
Bis...
Ja, bis Mia-Mathilde Gerlach laut durch die offen stehende Tür rief: »Axel sagt, du sollst noch fünf Kilo Leinsamen mitbestellen. Für Paula.«
Sofort stürzte Jule nach draußen! Leinsamen! Jedes Kind wusste, dass man die an Pferde verfüttert, die eine Kolik hinter sich haben. Herr Jensen war doch nicht blöd! »Psst«, machte Jule und formte mit den Lippen das Wort Jensen.
»Oje«, sagte Mia-Mathilde.
»Wie kommen Sie darauf?« Luisa versuchte gerade zu retten, was nicht mehr zu retten war. »Warum sollte Paula eine Kolik haben, Herr Jensen?«
»Ich bin zwar eingegipst«, bellte der Chef so laut in die Sprechmuschel, dass Luisa den Hörer ein Stück vom Ohr fern hielt. Musste der halbe Stall seinen Anfall mitbekommen? »Aber es handelt sich nur um mein Bein. Mein Kopf funktioniert einwandfrei. Was habt ihr also mit Paula gemacht?«
Die Formulierung war die reinste Unverschämtheit - was habt ihr mit Paula gemacht? Als ob die Mädchen loszögen und den Pferden Krankheitskeime ins Futter mischten.
Mehmet Kütük erwies sich als klasse Mitpatient. Er nahm Herrn Jensen den Hörer weg und sagte zu Luisa: »Schaffe Blutdruck. Hole Schwester Heike.« Bevor er auflegte, hörte Luisa Herrn Jensen brüllen: »Theo soll mich anrufen.«
Mia hatte sich aus dem Staub gemacht. »Du kannst es drehen und wenden, wie du willst«, sagte Jule, »die Nervis sind immer schuld.«
Erstaunlicherweise erklärten die drei sich bereit künftig bei der Arbeit mitzuhelfen. Ob Theo ihnen ins Gewissen geredet hatte? Conny meinte, die Nervis wollten nur in der Nähe von Axel Rakete sein, ihrem Schwarm. Einen anderen Grund für ihre plötzliche Arbeitswut konnte sie nicht erkennen.
Abends, kurz vor den Erwachsenen-Reitstunden, erschien Doris Vogel auf dem Reiterhof. Zum zweiten Mal an diesem Tag. Sie lief überall herum und erzählte, dass sie Flecken-Paula gerettet habe.
Die Mädchen reagierten stinksauer. Schließlich war es ja wohl Jule gewesen, die das meiste für Paula getan hatte. Pausenlos schimpften sie über Frau Vogel und ihre maßlose Übertreibung, bis Axel sagte: »Immerhin hat sie bei Jule angerufen. Sonst wäre vielleicht wirklich ein Unglück passiert. Insofern hat Frau Vogel Recht.« Das stimmte auch wieder.
6. Kapitel
Wie schmeckt Lederfett?
Natürlich hatte Bastian damit gerechnet, Doris Vogel am Freitagmorgen im Stall zu treffen. Sie ritt ja fast jeden Vormittag. Aber er hatte gehofft ihr entgehen zu können.
Bastian war direkt von der Gesamtschule, wo der Bus ihn nach der Klassenreise
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