Reiterhof Birkenhain 04 - Ein starkes Team
aus und warf sie über das Autodach.
»Soll ich hier drinnen Schimmel ansetzen?«, tönte es ungeduldig aus dem Wageninnern.
Auf einem Schlag wurde es so still, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören. Ungläubig blickten die Helfer sich an. Einem nach dem anderen fiel die Kinnlade herunter.
»Herr Jensen«, rief Jule, die sich als Erste gefasst hatte. »Das glaube ich einfach nicht.«
Jetzt wurden auch die anderen wieder lebendig. Johlend stürzte sich eine ganze Traube auf den Rettungswagen. Sie drängten und schubsten sich, um vielleicht doch einen verschwommenen Blick durch die weißen Scheiben zu erhaschen.
»Nun macht mal Platz«, sagte Benno grinsend, bahnte sich eine Gasse durch die Gruppe der Neugierigen und öffnete die Hecktür. »Gleich seht ihr ihn ja leibhaftig.«
Er entriegelte die Trage und zog sie mit Hilfe seines Kollegen aus den Schienen heraus. Mit vorgestrecktem Fuß schob er den Klappbügel unter dem Gestell in Position.
Kai Jensen schloss geblendet die Augen, als die Sonne ihn mitten ins Gesicht traf.
»Mit dem Heu - das haben deine Leute super gemacht, Kai«, sagte Benno. »Du kannst dich wieder abregen.« »Das ist doch bestimmt nicht erlaubt«, sagte Luisa, »dass Sie hier sind.«
Wenn sie das ihrer Oma erzählte! Die würde die Hände überm Kopf zusammenschlagen. So viel wusste Luisa von der ehemaligen Krankenschwester - mit gebrochenem Bein durfte man sicher keine Spritztouren unternehmen. Nicht mal im Krankenwagen.
»Nicht so streng, Schwester Luisa.« Kai Jensen blinzelte von seiner Trage nach oben, auf der er unter einer Decke angeschnallt war.
Jule lehnte sich mit verschränkten Armen an das Auto und sah auf den Stallbesitzer hinunter. »Ich möchte wirklich wissen, wie Sie das angestellt haben«, sagte sie, »dass die vom St. Martin Sie herausgelassen haben. Das geht doch nicht mit rechten Dingen zu.«
»Oha«, sagte Herr Jensen. »Ist das ein Verhör? Muss ich jetzt vor dem Stallgericht aussagen?«
Bastian, der kurz verschwunden war, erschien mit seinem Fotoapparat über der Schulter und King Louis am Halfter auf dem Hof.
»Hier möchte sie jemand begrüßen«, sagte er. »Unser King leidet wie ein Hund, seit Sie weg sind. Na, King Louis, was sagst du nun?«
Der hellbraune Leithengst verharrte zunächst kurz und hob den Kopf, als er das ungewohnte Aufgebot an Menschen auf seinem Hof sah. Dazu das schreiend rote Auto und eine Trage auf Rädern. Er schnaubte kurz, schätzte die Lage dann doch als ungefährlich ein, denn er ließ sich von Bastian zum Krankenbett führen.
Sorgfältig beschnupperte das Pferd die Unterlage und die Decke. Dann fuhr es mit der Zunge über die glänzende, glatte Gurtschnalle.
»Na, mein Alter, hast du gut auf deine Herde aufgepasst?«, fragte Kai Jensen leise.
Sofort stellte King Louis die Ohren auf. Die vertraute Stimme des Chefs! Das Pferd senkte seinen breiten Kopf. Behutsam tastete es mit den Nüstern das Gesicht unter sich ab. Mit fast unhörbarem Schnauben zeigte King Louis an, dass er den Kranken erkannte, der auf dem Rücken unter ihm lag.
Einen Moment schien es in Kai Jensens Augen feucht zu schimmern.
Der Stallbesitzer und Tränen?
»Nun gebt mir schon ein paar Leckerli für ihn«, sagte er mit rauer Stimme.
Bastian beeilte sich auf Kai Jensens Handfläche zwei Knabberwürfel zu platzieren, die King Louis zufrieden grunzend wegputzte.
»Halt mal kurz.« Bastian drückte Conny den Strick in die Hand.
»Davon muss ich ein Foto machen.« Seine kleine Kamera lag immer im Stallrucksack. Für alle Fälle. »Ultrastark, wie das aussieht«, sagte er, als er durch den Sucher guckte. »Der rote Krankenwagen, davor Herr Jensen auf der Trage. Und King Louis leckt ihm die Hand.«
Bastian ging in die Hocke, um das Bild noch wirkungsvoller zu gestalten. Er schoss ein paar Fotos von unten und richtete sich wieder auf. »Und im Hintergrund die Heuberge. Genial.«
Benno schob Herrn Jensen eine zusammengerollte Wolldecke in den Nacken, damit er höher lag und sich besser unterhalten konnte.
»Zeig die Bilder bloß nicht im Krankenhaus herum«, drohte Kai Jensenim Scherz. »Ich glaube, auf unerlaubtes Entfernen aus der Anstalt stehen hohe Haftstrafen.« »Sagen Sie doch endlich, wie Sie da rausgekommen sind«, drängte Conny. »Mit welchen Tricks?«
»Im Grunde war es meine Schuld«, fing Benno an. »Wir hatten einen Patienten ins St. Martin gefahren. Unser Rettungswagen stand vor dem Portal. Weil wir in der Nähe der Unfall-Chirurgie
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