Reiterhof Birkenhain 08 - Achtung Pferde in Not
hast sogar zwei Lieblingspferde«, sagte Imke Za-velstein niedergeschlagen. »Sally und das Fohlen. Und ich? Ohne Deichgraf bin ich doch im Stall total überflüssig.«
»Sei nicht blöd, Zavelstein.«
Conny ging es auf die Nerven, dass Imke nur auf dem Jammer-Trip war. Das machte den Verkauf auch nicht rückgängig. Höchste Zeit, dass sie auf andere Gedanken kam.
»Mensch, Imke, wir haben Herbstferien. Außerdem -niemand hat etwas dagegen, wenn du dich im Stall nützlich machst.«
Conny zeigte auf die Forken, die an der Wand des Bauernhauses lehnten. »Ausnahmsweise bei den Schulpfer-den, wenn das nicht unter deiner Würde ist.«
»Glaub ja nicht, dass ich bei deiner Lakritzstange ausmiste«, sagte Imke spitz.
Conny ärgerte sich, dass Imke immer auf ihrem schwarzen Lieblingspferd Rocky herumhackte. Lakritzstange! Schulpferd Rocky war einfach ein zierlicher Typ.
Imke polierte Deichgrafs Namensschild mit dem Ärmel und sah mit rot geweinten Augen Sally und M2 beim Schmusen zu. Sehnsüchtig seufzte sie.
Jule betrachtete sie aus den Augenwinkeln. Plötzlich tat Imke ihr richtig Leid. Wie mies hatte sie selber sich gefühlt, als vor fünf Jahren ihr bester Spielkamerad wegziehen musste. Das eigene Pferd herzugeben - das war natürlich noch härter.
Jule dachte nach. Sollte sie Stallbesitzer Jensen fragen, ob Imke Sally ab und zu reiten durfte? Bisher erlaubte er das nur ihr und Luisa Steffen, weil die so dünn war. Lui-sa war aber mit ihrer Oma in den Ferien verreist. Es fehlte also eine leichte Reiterin für Sally. Andererseits wollte Jule ungern Sonderrechte an Imke abtreten ...
Ehe Jule zu einem Entschluss kam, tauchte Kai Jensen mit einem Futtersack auf der Schulter vor den Außenboxen auf. Seine Laune konnte man nicht gerade als glänzend bezeichnen. Hatte er den bissigen Dialog zwischen Conny und Imke aufgeschnappt? Offensichtlich.
»Euer Gezicke hört man ja bis in die letzte Hofecke«, sagte Jensen und setzte den schweren Sack ab. »Eigentlich wollte ich euch eine brandneue Geschichte erzählen, aber das lasse ich jetzt. Außerdem ... «
Der superschlanke Mann richtete sich auf und sah sich um.
»Bastian fehlt. Der soll die Neuigkeit auch hören. Aber der ist wohl drinnen bei King Louis.«
Eine Neuigkeit? Eine Überraschung?
Sofort bestürmten die drei den Chef von Birkenhain und schrien durcheinander.
»Was gibt's denn?«, »Los, Herr Jensen!«, »Wir erzählen es Bastian nachher, Ehrenwort.«
Kai Jensen kam gar nicht dazu, den Mund aufzumachen, denn die Geschichte erzählte sich praktisch selbst. Ein dunkelgrüner Corsa fuhr, nein raste, auf den Hof, drehte eine halbe Kurve und bremste mit dramatisch quietschenden Reifen vor dem Paddock. Gestank von
Benzin und Reifengummi hing in der Luft, wo es eben noch nach Heu geduftet hatte. Aus dem offenen Fahrerfenster hämmerte Musik aus einer gigantischen Anlage. In diesem Moment kam Bastian mit King Louis am Halfter nach draußen. Auf geschreckt durch das verrückte Auto sprang das Pferd zur Seite und drehte sich nervös im Kreis. Blitzartig wickelte sich der Führstrick um einen Pfosten.
Der Corsa-Fahrer, ein junger Mann mit schwarzen, halblangen Haaren, lehnte sich aus dem Seitenfenster und hob lässig die Hand.
»Hast du sie noch alle?«, brüllte Bastian gegen die Musik an. Ein einziger ungeschickter Tritt - und der alte King Louis wäre lahm. Gut, dass der 14-Jährige so groß war, sonst hätte er den Herdenboss kaum halten können. Auch so hatte Bastian alle Hände voll zu tun, um das Pferd am Herumspringen zu hindern.
»Bleib einfach cool, Kleiner.«
Der Unbekannte grinste, knallte die Wagentür bis zum Anschlag auf und stieg aus. Alles an ihm war schwarz -seine enge Lederhose, die Lederweste, die Cowboystiefel. Mit bebenden Fingern band Bastian sein Pferd fest und stürzte auf den Ledertyp zu. Er kochte vor Wut. War der noch bei Trost, wie ein wild gewordener Formel-1-Fahrer über den Reiterhof zu jagen? Glaubte er etwa, damit die Mädchen zu beeindrucken?
Bastian blieb direkt vor dem Unbekannten stehen. Ihre Nasenspitzen berührten sich fast. Feindselig starrten sie sich an. Beide Jungen waren gleich groß, über 1,80 m. Bastian zog verächtlich die Augenbrauen hoch. Es hätte nicht viel gefehlt und er hätte dem Kerl eine geknallt. Zumindest hätte er ihn liebend gern am Kragen seiner protzigen Lederweste gepackt und geschüttelt. Aber mit Kai Jensen als Zuschauer? Keine gute Idee ...
Der Stallbesitzer pfiff Bastian zurück. Das
Weitere Kostenlose Bücher