Reizende Gäste: Roman (German Edition)
nicht!« schnappte Richard in schneidendem Ton. »Wie hast du es wagen können, dieses Arbeitszimmer ohne meine Zustimmung zu betreten, meine Privatangelegenheiten durchzusehen und einen Brief zu schreiben, der angeblich von mir an meinen Rechtsanwalt ist! Was den Inhalt des Briefes anbelangt …«, er schlug mit der Hand darauf, »so verblüfft der mich am allermeisten.«
»Du meinst …« Lambert starrte Richard an, und ihm wurde schlecht. Emily hatte also gelogen. Sie hatte nur mit ihm gespielt. Philippa bekam gar kein Geld. Flammender Zorn packte ihn und fegte alle Vorsicht und Angst beiseite.
»Für dich ist das ja gut und schön!« brüllte er unvermittelt. »Du schwimmst schließlich in den Millionen!«
»Lambert, du vergißt dich!«
»Emily hat mir gesagt, ich würde ein reicher Mann! Emily hat gesagt, auf Philippa würde ein Treuhandvermögen warten. Sie hat gesagt, ich würde imstande sein, mir alles zu leisten, was ich wollte. Aber sie hat, verflucht noch mal, gelogen, stimmt’s?«
Richard starrte ihn an und brachte kein Wort heraus.
»Das hat Emily gesagt?« fragte er endlich mit leicht brüchiger Stimme.
»Sie hat behauptet, ich hätte eine Millionärin geheiratet. Und ich habe ihr geglaubt!«
Richard runzelte verständnislos die Stirn, doch plötzlich ging ihm ein Licht auf.
»Du hast Schulden, ist es das?«
»Natürlich ist es das. Ja, ich habe Schulden. Wie alle anderen auf Erden auch. Bis auf dich, natürlich.« Lamberts Gesicht verdüsterte sich. »Ich habe das Konto um etwas mehr als dreihunderttausend Pfund überzogen.« Er fing Richards ungläubigen Blick auf. »Kein Vergleich zu zehn Millionen, oder? Du könntest es morgen begleichen.«
Richard starrte Lambert an und versuchte, seines Ekels Herr zu werden, daran zu denken, daß Lambert immer noch sein Schwiegersohn war.
»Weiß Philippa davon?« erkundigte er sich schließlich.
»Natürlich nicht.«
»Gott sei Dank«, murmelte Richard. Wieder sah er auf das Schriftstück in seiner Hand. »Und was genau hattest du hiermit vor?«
»Ich wollte es der Bank zeigen. Ich dachte, dann würden sie eine Weile Ruhe geben.«
»Du bist also nicht nur hirnlos, sondern auch unehrlich!«
Lambert zuckte die Achseln. Einige Minuten starrten sie einander in gegenseitiger Abneigung an.
»Ich werde … ich werde darüber nachdenken müssen«, verkündete Richard endlich. »Kann ich dich einstweilen darum bitten, nichts davon vor Philippa zu erwähnen. Oder … vor sonst jemandem.«
»Von mir aus«, sagte Lambert und grinste Richard frech an. Da platzte Richard der Kragen.
»Wage es bloß nicht, mich anzugrinsen!« brüllte er. »Das Grinsen sollte dir vergangen sein! Du bist ein unehrlicher, gewissenloser … Betrüger! Mein Gott, wie hat Philippa sich nur in dich verlieben können?«
»Mein natürlicher Charme, nehme ich an«, sagte Lambert selbstgefällig und fuhr sich durchs Haar.
»Raus mit dir!« Richard zitterte vor Wut. »Raus aus meinem Arbeitszimmer, bevor ich … bevor ich …« Er hielt inne und rang nach Worten. Lambert verzog höhnisch den Mund.
Doch ehe einer von ihnen noch etwas sagen konnte, wurden sie von Gillians Kreischen unten in der Diele unterbrochen.
»Richard! Komm bitte schnell! Es geht um Philippa!«
Gillian hatte Philippa ins Haus geschleppt und den Notarzt verständigt. Als die beiden Männer unten ankamen, saß Philippa aufrecht und stöhnte schwach.
»Ich glaube, die meisten Tabletten hat sie wieder erbrochen«, sagte Gillian. Sie runzelte die Stirn und wischte sich rasch eine Träne fort. »So ein dummes, dummes Mädchen!«
Richard sah seine Tochter in sprachloser Bestürzung an; auf ihre plumpe, unglückliche Gestalt.
»Sie wird doch sicher nicht wirklich …«, begann er und verstummte dann, unfähig, die Worte auszusprechen.
»Natürlich nicht«, entgegnete Gillian. »Das war ein …«, sie stockte, »… ein Hilfeschrei.«
»Aber sie schien doch immer …« Richard brach ab. Er hatte sagen wollen, daß Philippa immer glücklich gewirkt hatte. Aber plötzlich wurde ihm klar, daß das nicht stimmte. Er erkannte, daß Philippa seit dem Erwachsenwerden nur noch selten richtig glücklich gewirkt hatte. Stets hatte sie einen nervösen Eindruck gemacht; oder sie schien eingeschnappt; wenn sie einmal guter Laune war, dann schwang immer ein Anflug von Hysterie mit.
Aber er hatte angenommen, daß mit ihr alles mehr oder weniger in Ordnung wäre. Nun überfielen ihn Schuldgefühle. Ich hätte zusehen müssen,
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