Reizende Gäste: Roman (German Edition)
draufkommt?«
»Keine Bange«, erwiderte Zara. »Keiner kommt in unsere Nähe.«
19
»Zara! Zara!« zischte eine Stimme in Zaras Ohr, immer wieder. Schließlich dachte sie, sie müsse den Besitzer der Stimme auffordern, wegzugehen und jemand anderen zu nerven. Sie rieb sich schläfrig die Augen, öffnete sie und schnappte nach Luft.
»Ja, schnapp nur nach Luft!« Fleur stand neben dem Bett, schick gekleidet in einem roten Kostüm, das Zara nicht kannte, und funkelte mit einer Mischung aus Triumph und Zorn im Gesicht auf sie herab. »Was in Gottes Namen tust du hier?«
Im trüben Licht des Zimmers, dessen Vorhänge verschlossen waren, sah Zara sie mit großen Augen an. Plötzlich wurde ihr bewußt, daß sie neben Antony im Bett lag; daß er seinen bloßen Arm über ihre Brust gestreckt hatte.
»So, wie’s aussieht, ist es nicht, okay?« beeilte sie sich zu versichern.
»Schatz, du liegst mit einem fünfzehnjährigen Jungen im Bett. Jetzt tu bitte nicht so, als wärst du da versehentlich reingestolpert.«
»Das war nicht versehentlich! Aber es war auch nicht, ich meine, er wollte nicht …«
»Ich habe jetzt keine Zeit dafür«, unterbrach sie Fleur. »Steh auf und zieh dich an. Wir fahren.« Zara glotzte sie verständnislos an, und in ihrer Brust begann ein unheilvolles Hämmern.
»Wie meinst du das, wir fahren?« stammelte sie.
»Wir gehen fort, Schatz. Draußen wartet ein Wagen auf uns. Ich habe diese Woche einen sehr netten Mann kennengelernt. Ernest heißt er. Wir fahren zu ihm in seine Villa.«
»Wir können nicht fortgehen«, protestierte Zara. »Ich bleibe!«
»Zara, sei nicht albern.« Ein Anflug von Ungeduld schlich sich in Fleurs Stimme. »Wir gehen fort, und damit basta!«
»Ich schreie!« drohte Zara. »Ich wecke alle auf!«
»Und dann kommen sie hergerannt«, spottete Fleur. »Und dann entdecken sie, was du und der junge Master Favour hier getrieben habt. Was sein Vater wohl davon halten wird?«
»Wir haben überhaupt nichts getrieben!« zischte Zara. »Wir haben nicht miteinander geschlafen. Wir haben nur … zusammen geschlafen.«
»Das zu glauben fällt mir sehr schwer«, entgegnete Fleur. »Und jetzt steh auf!«
Die Bettdecke hob sich, und Antony lugte verschlafen darunter hervor. Beim Anblick Fleurs erbleichte er.
»Fleur!« stotterte er. »O mein Gott! Es tut mir leid! Wir wollten nicht …« Er warf Zara einen ängstlichen Blick zu und sah dann wieder zu Fleur. »Ehrlich …«
»Schsch«, machte Fleur. »Du möchtest doch nicht, daß dein Vater hereinkommt, oder?«
»Bitte sag Dad nichts«, flehte Antony. »Er würde es nicht verstehen.«
»Nun, wenn du nicht möchtest, daß dein Vater etwas darüber herausfindet, dann schlage ich vor, du verhältst dich ganz ruhig«, sagte Fleur, und an Zara gewandt: »Und dir schlage ich vor, komm sofort mit mir mit.«
»Ich gehe nicht!« erwiderte Zara verzweifelt.
»Doch, das tust du besser«, drängte Antony besorgt. »Mein Vater kann jeden Moment etwas hören und hier reinplatzen.«
»Vernünftiger Junge«, lobte Fleur. »Komm, Zara!«
»Bis später«, sagte Antony und kuschelte sich wieder unter seine Bettdecke.
»Bis später«, flüsterte Zara. Zart streichelte sie ihm über den Kopf. »Bis später …« Doch inzwischen liefen ihr heiße Tränen die Wangen hinunter, und sie konnte nicht weitersprechen.
Der Wagen wartete diskret neben »The Maples«. Es war ein großer marineblauer Rolls-Royce mit Ledersitzen und einem uniformierten Chauffeur, der heraussprang und die Tür öffnete, sobald er Fleur und Zara kommen sah.
»Ich kann nicht gehen«, sagte Zara und blieb stehen. »Ich kann nicht fort. Ich möchte hier wohnen bleiben.«
»Nein, das willst du nicht«, sagte Fleur.
»Doch! Es ist schön hier! Und ich liebe Richard und Gillian und Antony …«
»Bald werden wir in einer Villa an der Algarve sein«, knirschte Fleur, »und unternehmen dort schrecklich aufregende Sachen; treffen interessante Leute. Und das Leben, das wir hier geführt haben, wird uns äußerst langweilig vorkommen.«
»Wird es nicht!« Zara stieß mit dem Fuß an die Seite des Rolls Royce, und der Chauffeur fuhr unmerklich zusammen.
»Laß das!« Fleur schubste Zara ärgerlich ins Auto. »Setz dich hin und benimm dich!«
»Warum müssen wir denn von hier weg? Nenne mir einen Grund dafür!«
»Liebes, du kennst die Gründe doch ganz genau.«
»Nenne mir einen einzigen!« schrie Zara, und sie sah Fleur aufgebracht an, in Erwartung einer
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