Reizende Gäste: Roman (German Edition)
ihr Leben einlassen; die töricht genug sind, ihnen zu vertrauen.«
Lambert sah ihn eine Minute wortlos an, dann stieg er ins Taxi und lehnte sich zurück. Der Taxifahrer ließ den Motor an. Richard hielt noch die Tür in der Hand.
»Sag mir noch eines«, sagte er abschließend. »Hast du dir je etwas aus Philippa gemacht? Oder war alles bloß Heuchelei?« Lambert verzog spöttisch das Gesicht.
»Manchmal habe ich sie ganz gern gemocht«, antwortete er. »Wenn sie sich ein bißchen aufgedonnert hat.«
»Ah so«, knurrte Richard. Er holte tief Luft. »Bitte fahr jetzt. Auf der Stelle.«
Er beobachtete, wie das Taxi um das Tor bog und verschwand.
»Ist er fort?« Richard wandte sich um und sah Gillian in der Haustür stehen. »Ich habe dich mit ihm reden hören«, fuhr sie fort. »Ich persönlich fand dich großartig.«
»Großartig wohl kaum.« Richard rieb sich müde das Gesicht. »Weißt du, ihm hat sein Benehmen nicht einmal leid getan.«
»Es bringt nichts, von solchen Leuten zu erwarten, daß ihnen etwas leid tut«, erwiderte Gillian überraschenderweise. »Man muß sie einfach loswerden, so schnell man kann, und sie aus dem Gedächtnis streichen. Bloß nicht ins Grübeln verfallen!«
»Bestimmt hast du recht«, meinte Richard. »Aber momentan komme ich nicht ums Grübeln herum. Ich fühle mich sehr verbittert.« Er schüttelte gramerfüllt den Kopf und kehrte langsam zum Haus zurück. »Wie geht’s Philippa?«
»Oh, gut«, sagte Gillian und trat ein paar Schritte auf ihn zu. »Das wird schon wieder.« Sie legte eine Hand auf seinen Arm, und eine Weile schwiegen sie beide.
»Ich vermisse Fleur«, gestand Richard. »Ich vermisse Fleur.« Er seufzte. »Gerade erst ist sie fort, und schon vermisse ich sie.«
»Mir geht’s genauso.« Gillian drückte ihm tröstend den Arm. »Aber sie ist bald zurück. Vielleicht ruft sie heute abend an.«
»Sie ruft nicht an.« Richard schluckte. »Ich habe ihr gestern abend einen Heiratsantrag gemacht. Deshalb ist sie auch nach London gefahren. Sie möchte darüber nachdenken.«
»Aha.«
»Nun wünschte ich, ich hätte den Mund gehalten«, stöhnte Richard. Er hob den Kopf. »Gillian, was, wenn sie nein sagt?«
»Das wird sie schon nicht«, beruhigte Gillian ihn. »Ganz bestimmt nicht.«
»Aber vielleicht doch?«
»Vielleicht sagt sie auch ja«, versetzte Gillian. »Denk doch lieber darüber nach. Sie könnte ja sagen.«
Später an diesem Abend, als Philippa zu Bett gegangen war und sie beide mit ihrem Kaffee im Salon saßen, sagte Gillian unvermittelt zu Richard:
»Richard, du darfst Fleur nicht in den Himmel heben!«
»Was?« Richard sah Gillian verwundert an, und sie errötete.
»Tut mir leid«, sagte sie.»Ich sollte so etwas nicht zu dir sagen.«
»Unsinn«, meinte Richard. »Du kannst mir ruhig offen deine Meinung sagen.« Er runzelte nachdenklich die Stirn. »Aber ich bin mir nicht sicher, was du meinst.«
»Ach, das ist auch egal.«
»Ist es nicht! Gillian, wir kennen uns lange genug, um ehrlich zueinander zu sein.« Er beugte sich vor und sah sie eindringlich an. »Sag mir, was du denkst. Was meinst du mit ›in den Himmel heben‹?«
»Du hast Emily für vollkommen gehalten«, sagte Gillian geradeheraus. »Und jetzt machst du mit Fleur das gleiche.« Richard lachte.
»Ich halte Fleur nicht für vollkommen! Ich finde …« Er zögerte und errötete leicht.
»Und ob!« gab Gillian zurück. »Du glaubst, sie ist vollkommen! Aber niemand ist vollkommen.« Sie dachte kurz nach. »Eines Tages wirst du etwas über Fleur erfahren, was du nicht wußtest. Oder zuvor nicht bemerkt hattest. Genauso wie mit Emily.« Sie biß sich auf die Lippen. »Und unter Umständen ist das nichts Gutes. Aber deshalb heißt das noch lange nicht, daß Fleur kein guter Mensch ist.« Richard starrte sie verdutzt an.
»Gillian, willst du mir da etwas zu verstehen geben? Etwas über Fleur?«
»Nein«, sagte Gillian. »Sei nicht albern.« Sie musterte Richard ernst. »Ich möchte nur nicht wieder erleben, daß du enttäuscht wirst. Und wenn du das Ganze mit realistischen Erwartungen angehst, dann hast du vielleicht …« Sie räusperte sich verlegen. »Dann hast du vielleicht eine größere Chance, glücklich zu werden.«
»Du hältst mich also für einen Idealisten«, erwiderte Richard erstaunt.
»Nun, ja. Das tue ich wohl.« Verlegen rieb Gillian sich die Stirn. »Aber andererseits, was weiß ich schon davon?« Sie stellte ihre Kaffeetasse ab und erhob sich. »Es war ein
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