Rembrandts Vermächtnis (German Edition)
Hände an ihrer frisch gewaschenen und gestärkten Schürze ab.
„Ach was, Ihr hört ja sowieso nicht auf mich, Mijnheer. Und da Ihr doch so gerne Pfeife raucht, wollte ich Euch eine kleine Freude machen.“ Sie hustete ein paar Mal laut und kräftig. „Eigentlich seid Ihr ein guter Herr. Sonst hätte ich es nicht so viele Jahre bei Euch ausgehalten.“
Nach dem Frühstück halfen Cornelia und ich Rebekka, einen Tisch im Garten zwischen den Rosen-Rabatten aufzustellen. Alle Stühle und Schemel, die wir im Haus finden konnten, schafften wir nach draußen. Eine leuchtende, sonnengelbe Kapuzinerrose stand in voller Blüte und verströmte einen betörenden Duft. Zwei Schweine kamen neugierig an den Zaun, der den schmalen Garten vom gegenüber liegenden Nachbargrundstück trennte, das bis zur Bloemstraat reichte. Grunzend sahen die Tiere unserem Treiben zu.
Cornelia verschwand im Haus und zog ihr neues, indischgelbes Kleid mit weinrotem Samtmieder an, das sie mit Hilfe von Rebekka selbst genäht hatte. Um den Hals trug sie eine Kette mit einem Medaillon. Auf der Rückseite waren die Buchstaben H und R eingraviert. Der Meister hatte Hendrickje das Schmuckstück zu Cornelias Geburt geschenkt. Seit dem Tod ihrer Mutter trug sie es zu Festen und Feiertagen.
Ich pflückte eine Damaszenerrose in genau demselben Farbton wie Cornelias Mieder und wollte sie ihr ins Haar stecken. Doch sie riss mir die Blüte aus der Hand und warf sie hoch über den Zaun zu den Schweinen im Nachbargarten. Ihre Augen funkelten.
„Sei nicht albern, Samuel. Ich bin doch kein kleines Kind mehr.“
Abrupt drehte sie sich um und lief ins Haus zurück, während ich grübelte, weswegen sie manchmal so unberechenbar und launisch war. Ich sah ihr nach und hätte sie am liebsten auf der Stelle gemalt, mit ihrem wehenden gelben Rock inmitten der blühenden Blumen und Sträucher.
Die Gäste kamen am späten Vormittag. Der Fischhändler von nebenan mit seiner Frau, ihr jüngster Sohn Gerrit, der nur einen Tag jünger war als ich, ein paar alte Nachbarn aus der Jodenbreestraat und ein befreundeter Maler, Christiaen Dusart, der seit dem Tod von Hendrickje Stoffels Cornelias Vormund war.
Wir aßen und tranken, und je weiter der Tag voranschritt, desto fröhlicher und ausgelassener wurde die Runde. Mir missfiel allerdings, wie der Nachbarsjunge neben Cornelia in vertrautem Gespräch den Arm um ihre Hüften legte. Leider sah es so aus, als würde Cornelia Gefallen daran finden. Sie lachte und scherzte mit Gerrit und sah dabei immer wieder verstohlen in meine Richtung. Dann tat ich so, als würde ich nichts bemerken und lauschte interessiert den Erzählungen von Christiaen Dusart.
Auch ein Bote traf ein mit einer Porzellandose, die mit Weinlaub bemalt und mit zitronengelben Marzipanrosen gefüllt war. Pieter Leyster gratulierte dem Meister mit diesem Geschenk und entschuldigte sich in einem Briefchen für sein Fernbleiben. Er fühle sich zu seinem unendlichen Bedauern unpässlich und müsse ein Magenweh auskurieren.
Am Nachmittag erschien Magdalena mit ihrer Mutter und Titia. Der Meister wiegte sein Enkelkind in den Armen, scherzte mit der Kleinen und war glücklich, dass das Kind kräftig und gesund war. Magdalena dagegen wirkte blass und kränkelnd. Ich sah, wie der Meister einige Male sorgenvoll zu seiner Schwiegertochter hinüberblickte.
Immer neue Schüsseln, Terrinen und Karaffen tischte Rebekka auf. Es gab Suppe, gepökeltes Fleisch und gebratenen Fisch, Reisbrei, Eierkuchen, Mandeln und Rosinen. Als die Gesellschaft vom Bier genug hatte, schaffte die alte Magd Kräuterlikör und Wacholderschnaps herbei, wobei sie der Nachbarsfrau stets weniger einschenkte als den anderen Gästen. Diese warf Rebekka wütende Blicke zu und vertauschte heimlich ihr Glas mit dem ihres Mannes, der mit dem Meister lang und breit über frühere Zeiten sprach.
Magdalena und ihre Mutter brachen als Erste auf, weil die kleine Titia schrie und sich nicht wieder beruhigen wollte. Alle übrigen feierten noch bis in die Abendstunden. Die Nachbarn aus der Jodenbreestraat verließen das Haus als Letzte fröhlich singend und mit unsicherem Gang. Gerade wollte ich nach oben in meine Kammer gehen, da huschte Cornelia an mir vorbei und drückte mir etwas Weiches in die Hand. Noch ehe ich etwas sagen konnte, war sie in der Küche verschwunden, wo auch ihre Schlafstatt war.
Ich zündete die Kerze auf der Truhe neben meinem Bett an. Im Lichtschein sah ich ein weißes Taschentuch, in
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