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Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz

Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz

Titel: Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilkka Remes
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Autorität war Karri immer wichtig gewesen. Er hielt die Lehren Jesu für erdnah und nützlich, nicht aber die Kirche, die auf die Verbreitung dieser Lehren das Monopol beanspruchte. Das ganze Problem verdichtete sich in einer simplen Frage: Wo lag die Quelle religiöser Autorität? Was war wichtiger: die eigene Erfahrung oder das Schema der kirchlichen Rituale?
    Karri beschloss, Frau Husu im Außenministerium anzurufen.
    Nachdem er sich vorgestellt hatte, sagte er: »Bei unserem letzten Gespräch sagten Sie, Sie hätten die Nachricht über die Entführung vom niederländischen Außenministerium bekommen, weil eine der Geiseln Holländer sei. Dürfte ich die Telefonnummer der zuständigen Person beim Außenministerium der Niederlande haben?«
    »Was wollen Sie damit?«, fragte die Frau beinahe ungehalten. »Wir kümmern uns um die Angelegenheit. Sie brauchen nichts … Sie dürfen nichts unternehmen.«
    »Ich will hören, welche Maßnahmen Sie bislang ergriffen haben.«
    Karri hörte selbst den unnachgiebigen und entschlossenen Klang seiner Stimme, es war derselbe Klang, der sich auch eingestellt hatte, wenn er die Zulieferer seiner Firma zum Schwitzen gebracht hatte, damit sie die Lieferzeiten einhielten. Nachdem er die Firma verkauft hatte, hatte er kein einziges Mal Zuflucht bei diesem Tonfall suchen müssen. Das ein oder andere Mal wäre es beim Bau des Schneehuhnnests vielleicht nötig gewesen, wenn ein Bauarbeiter mit dem Trinken gar nicht mehr aufhören wollte, aber da hatte Karri sich beherrscht, denn er hatte ja hinausgewollt aus der Mühle, aus der Sklaverei von Uhr und Kalender. Darum hatte er sich dem nordfinnischen, bisweilen afrikanisch anmutenden Zeitbegriff unterworfen und war in diesen Fällen eben für ein paar Tage angeln gegangen. Irgendwann war der Arbeiter dann wieder aufgetaucht, hatte seine Sache erledigt, und das Haus war »vor dem Schnee« fertig geworden, wie es der Bauunternehmer versprochen hatte.
    »Ich verstehe, dass Sie Klarheit haben wollen«, fing die Husu scheinbar verständnisvoll an, aber ihr Ton wurde von Satz zu Satz schärfer. »Und Sie können sicher sein, dass wir im Außenministerium tun, was wie können. In einer solchen Situation sind Profis gefragt. Die Wartezeit ist lang, aber daran lässt sich nichts ändern.«
    »Ich habe keine Zeit für solches Blabla. Geben Sie mir die Telefonnummer oder nicht?«
    »Ich kann nicht einfach so persönliche Telefonnummern des holländischen Außenministeriums hergeben, schon gar nicht in einer so delikaten Angelegenheit …«
    Karri legte auf. Im selben Moment bereute er seine cholerische Reaktion, aber die Überheblichkeit der Frau war einfach zu viel gewesen.
    Ohne zu zögern ging er in Saaras Arbeitszimmer und schaltete ihren Computer ein.
    Etwas tun! Sich nicht hängen lassen!
    Er hatte tatsächlich das Gefühl, dass ihn nur das Handeln aufrecht hielt. Er konnte nicht einen Moment mehr stillhalten und nur über diese entsetzliche Situation nachdenken.
    Karri ging die Adressen in Saaras Computer durch, bis er fand, was er suchte: Luuk van Dijk, 63 Begoniastraat, Utrecht. Er notierte die Nummern von Festnetzanschluss und Mobiltelefon. Anfangs hatte Saara begeistert von dem holländischen Archäologen erzählt, aber das meiste war Karri zum einen Ohr hinein- und zum anderen hinausgegangen. In letzter Zeit hatte Saara aber so gut wie gar nicht mehr von Luuk gesprochen.
    Karri zauderte kurz, dann griff er zum Telefon. Unter der Handynummer meldete sich niemand, wie zu erwarten gewesen war. Am Festnetz meldete sich eine Frau.
    »Ich bin Cornelia, Luuks Frau«, sagte sie mit verweinter Stimme. »Ich hätte dich schon früher anrufen sollen … Ich glaube, dass Luuk ein Verhältnis mit deiner Frau hat.«
    Karri holte tief Luft und lachte gequält. »Ach?«
12
    Johanna zog mechanisch die praktischen Winterschuhe finnischen Fabrikats an – in Gedanken war sie ganz bei der Ratte. Der Besitzer von Nordost-Schuh hatte einen bewundernden Blick auf ihre spitzen, roten Teufel geworfen, die auch in Johannas Augen sündhaft gut aussahen. Aber sie waren für dieses Wetter einfach nicht das Richtige.
    Die Ratte hatte kein Gesicht, sie war nur eine dunkle Gestalt. Sie besaß einen Kopf, in dem sie den Plan für den Mord an zwei Menschen ausgebrütet hatte. Sie besaß Hände, mit denen sie eine Waffe gehalten und auf die Gesichter der Opfer gezielt hatte, Hände, die Erja und Anne-Kristiina die Kreuze vom Hals gerissen hatten, vor oder nach dem

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