Remes; Ilkka - 5 - Höllensturz
Spekulation, bis geklärt ist, wer die Morde in Finnland begangen hat«, sagte Churchill mit einem Hauch von Trost in seiner nüchternen Stimme. »Vorläufig wissen wir nur, dass ein Israeli helfen will, Ihre Frau freizubekommen. Was danach passiert, ist zunächst nicht relevant.«
»Es könnte bald relevant werden«, sagte Karri. »Kaplan hat mir empfohlen, mich, wenn nötig, auf Yamam zu verlassen, die angeblich effektivste Sondereinheit des gesamten Planeten.«
»Ach ja? Das zeigt, dass Kaplan vom Mossad kommt. Oder aber er will den Anschein erwecken, ein Mann des Mossad zu sein. Aber wir sind schneller. Wann …«
»Was meinen Sie damit? Was heißt ›schneller‹? Haben die Israelis vor, sich Saara auf eigene Faust zu nähern?«
»Das wissen wir nicht. Aber es ist selbstverständlich möglich. Wann und wie werden Sie das Geld hierher bringen?«
»Ich kann jederzeit von Amsterdam nach Amman fliegen.«
»Wir haben ein Büro in Amman, dort wird man Ihnen helfen.«
Churchill nannte eine Telefonnummer, und Karri beendete das Gespräch. Allerlei widersprüchliche Gedanken schwirrten ihm durch den Kopf.
Nach und nach wurden die von Kanälen durchzogenen Felder seltener und machten Platz für Laubwälder, in die immer wieder prächtige Häuser eingebettet waren. Bei einem Teil der Buchen und Ahornbäume hatten sich die Blätter rötlich gefärbt.
Karris Telefon klingelte. Er schaute aufs Display und erkannte die Nummer seiner Schwiegermutter. ›Ilta-Sanomat‹ war in Pudasjärvi an den Kiosken und vor den Supermarktkassen aufgetaucht. Karri steckte das Handy ein, ohne sich zu melden. Er hatte Verständnis für die Erschütterung seiner Schwiegermutter, aber er wollte ihr nicht verraten, dass er in Holland war, und erst recht nicht, dass er demnächst nach Amman weiterfliegen würde.
Bald würde im Saal der Friedensgemeinde nicht nur für Saara, sondern auch für ihn gebetet werden. Und endlich hatte auch Karri einmal das Gefühl, Hilfe durch Gebete zu brauchen. War es demnach so, dass er sich nicht nach Hilfe von oben sehnte, wenn es ihm gut ging, sondern immer nur dann, wenn es schwierig wurde?
Das Handy klingelte erneut, aber auch jetzt ging Karri nicht dran – diesmal, weil ihm die Nummer unbekannt war. Wahrscheinlich ein Journalist. Vorläufig interessierte sich Karri nur für Anrufe vom Außenministerium und von Johanna Vahtera.
Cornelia bog in Richtung Utrecht ab, auf eine Straße, die in einen herbstlichen Wald eintauchte.
Dann platzte es schließlich doch aus Karri heraus: »Du hast am Telefon behauptet, es gäbe konkrete Anhaltspunkte, dass Luuk und Saara ein Verhältnis haben. Warum vermutest du das?«
»Das habe ich doch schon gesagt. Mein Gefühl verrät mir das. Die Art, wie Luuk über Saara redet. Glaubst du es immer noch nicht?«
»Ich weiß nicht«, entgegnete Karri unsicher. »Hat Luuk übrigens in letzter Zeit größere finanzielle Transaktionen getätigt?«
»Nein. Wieso?«
Karri wollte ihr nicht sagen, dass Saara eine große Summe vom Konto abgehoben hatte, obwohl es ihn beschäftigte.
Die gut 60-jährige Frau begrüßte Johanna, indem sie ihre Hand mit beiden Händen ergriff und drückte.
Marjatta Yli-Honkilas Hände waren heiß und trocken, ihre aufrechte Haltung strahlte fast unnatürliche Ruhe aus angesichts dessen, was ihrer Nichte zugestoßen war.
»Sie leisten anspruchsvolle Arbeit, um dem Wirken des Satans auf die Spur zu kommen«, sagte sie und sah Johanna dabei fest in die Augen.
»Ich weiß nicht, ob der Satan so etwas veranlasst … Meistens ist es wohl der Mensch selbst.«
»Erja war ganz und gar ein Kind Gottes. Und Anne-Kristiina ebenfalls.«
Johanna sah sich in dem sorgfältig gepflegten Einfamilienhaus aus den siebziger Jahren um, wo die Frau allein wohnte. Auf einem kleinen Tisch lag eine weiße Decke, darauf stand ein gerahmtes Abiturfoto, vor dem eine weiße Kerze brannte.
Johanna war irritiert über die Wendung, die die Ermittlungen genommen hatten. Sie wusste noch immer nicht, was sie von Karri Vuorios Worten über Ezer Kaplan halten sollte. War es möglich, dass die Ratte aus Israel kam? Eigentlich müsste Johanna die Zügel straff halten, aber im Moment schien ihr alles aus den Händen zu gleiten. Der Schlüssel lag bei den Opfern, bei etwas, das mit ihnen zu tun hatte. Anne-Kristiina, Lea und Erja mussten im Brennpunkt bleiben.
Johanna bat Erjas Tante, ihr Fotos zu zeigen, das war ein probates Mittel, das Gespräch zu eröffnen. Ihr Blick fiel auf
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