Remote Island - Folge 1: Der Schwertfischer (German Edition)
freute sich Mike. „Gut, dass es noch so dämliche Kriminelle gibt, die hier auf Remote erstens Leute erschießen und uns - zweitens - die Kugel gleich am Tatort lassen“.
Alicia wusste, dass alle Waffen, die nach Remote Island importiert wurden, mit allen ballistischen Daten akribisch genau erfasst und registriert wurden.
„ Darf ich mal?“, fragte die Polizistin und nahm das Tütchen entgegen.
„ Haben wir das Messer, mit dem der Chip entfernt wurde?“, fragte Brenson Mike weiter.
„ Nein, das ist bisher auch nicht gefunden worden“, gab Mike zurück.
„ Veranlassen Sie, dass sein Konto überwacht wird. Wer auch immer den Chip hat, wird wohl an das Geld wollen. Wo ist die Frau, die ihn gefunden hat?“, wollte Brenson wissen.
„ Rodriguez spricht gerade mit ihr, sie hat wohl einen Schock“, antwortete Mike. Special Agent Sonia Rodriguez hatte immer ein besonderes Händchen für solche Situationen.
„ Gut, dann geben Sie mir doch bitte Bescheid, wenn die Verlobte gefunden wurde, ja?“, wies Brenson Mike Harrison an. „Und gehen Sie mit Rodriguez noch die anderen Nachbarn durch, vielleicht hat ja irgendwer etwas gehört oder gesehen“.
„ Wird gemacht, Boss“, verabschiedete sich Mike und verschwand in Richtung seiner Kollegin.
Dann wandte sich Philipp Brenson an Alicia. „Was halten Sie davon?“
Alicia runzelte ihre Stirn. „Weiß nicht genau...“, gab sie zögernd zurück.
Die Kugel sah ein wenig verätzt aus. Das weckte Erinnerungen in ihr. Erinnerungen an eine längst verdrängte Zeit. Bevor sie damals zum FBI ging, war Alicia eines von sechs Mitgliedern einer supergeheimen Spezialeinheit mit einem schmutzigen Auftrag. Nachdem zwei ihrer damaligen Kollegen draufgegangen waren, stieg sie aus. Sie hatte gemerkt, wie die lange Zeit der ihnen gewährten Freiheiten andere Menschen aus ihnen machte. Rücksichtslos und ohne Skrupel. Doch so wollte Alicia nicht sein. Später erfuhr sie dann, dass die verbliebenen Drei bei einem weiteren gefährlichen Einsatz ums Leben gekommen waren.
Um keine Spuren zu hinterlassen, entwickelten sie damals eine ganz spezielle Munition. Eine hülsenlose Patrone, deren Treibmittel die Zündvorrichtung und das Projektil zusammenhielten. Diese Technik war damals nicht neu, doch das Revolutionäre war das Material, aus dem das Treibmittel hergestellt wurde. Es handelte sich nämlich um ein mit Zentium versetztes Nitrocellulosepulver. Zentium war eine säureähnliche Substanz, die jedoch erst bei hohen Temperaturen ihre Eigenschaften entfaltete. Sie sorgte dafür, dass das Treibmittel beim Zünden nicht nur abbrannte, um so das Projektil aus der Pistole heraus zu beschleunigen, sondern es verätzte auch deren Oberfläche derart, dass eine ballistische Rückverfolgung unmöglich war. Man konnte diese Munition aus jeder beliebigen Waffe dieses Kalibers abfeuern und niemand würde je erfahren, welche Waffe es war.
Dieses Treibmittel haftete jedoch nicht an den neuartigen Patronen, sondern lediglich an den alten Wolfram-Cobalt-Projektilen. Deshalb benutzte Alicias Einheit damals die alten Patronen weiter. Äußerlich sahen sie herkömmlichen hülsenlosen Kugeln zum Verwechseln ähnlich. Außer den sechs Mitgliedern ihres damaligen Teams wusste niemand, wie derartige Munition herzustellen war.
Charakteristisch für das Zentium war, dass es, wenn es verätzte, einen besonderen, süßlichen Geruch verströmte. Ein bisschen wie Caramellbonbons.
So wenig Alicia auch daran glaubte, sie musste auf Nummer sicher gehen. Also öffnete sie das Plastiktütchen und roch hinein. Es gab keinen Zweifel. Sie erkannte sofort den schweren, süßen Duft. Aber konnte das denn möglich sein? Irgendjemand aus ihrer Einheit musste überlebt haben. Und er war nun hier. Hier auf Remote Island.
*
Langsam verschwand Florida unter den Wolken. Jake Bennett stand an dem großen Panoramafenster des 50 Quadratmeter großen Aufzugs und versuchte schnell, sich den Anblick der grauen Städte und des türkisfarbenen Meeres einzuprägen. Die Erkenntnis, dass er sein Heimatland, ja seinen Heimatplaneten, die gute alte Erde, so schnell nicht wiedersehen würde, ja vielleicht sogar niemals, lag plötzlich wie ein Stein in Jakes Magen.
Aber er hatte sich ja selbst um die Stelle beim Island Observer beworben und sich wahnsinnig gefreut, als er die Zusage erhalten hatte.
Jetzt war es also so weit. Vor ihm lag ein Abenteuer. Ja ein neues Leben. Und sein altes mit all den schmerzlichen Erinnerungen
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