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Rendezvous im Hyde Park

Rendezvous im Hyde Park

Titel: Rendezvous im Hyde Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Quinn
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Schwindeln."
    Er lachte.
    Sie nippte noch einmal an ihrem Glas und stellte es wieder ab. Aber sie ließ es nicht los. Sie trommelte gegen das Glas, fuhr mit kurzen, hastigen Bewegungen um den Rand herum. Seine Annabel war ein unruhiger Geist.
    Er fragte sich, warum ihm das gefiel. Er war da ganz anders, er hatte schon immer außerordentlich stillhalten können. Vermutlich war er deswegen ein so guter Schütze. Im Krieg hatte er in seiner Deckung manchmal stundenlang stillhalten müssen, bis der richtige Augenblick zum Abdrücken gekommen war.
    „Ich möchte Ihnen sagen ...", begann sie da.
    Er wartete. Was es auch war, was sie ihm sagen wollte, es fiel ihr offenbar nicht leicht.
    „Ich möchte Ihnen sagen", fing sie noch einmal an und klang dabei, als müsste sie all ihren Mut zusammennehmen,
    „dass ich weiß, dass das nichts mit Ihnen zu tun hat. Und ich erwarte auch nicht..."
    Er schüttelte den Kopf, um ihr diese schwierige Ansprache zu ersparen. „Psst, psst. Sie brauchen nichts zu sagen."
    „Aber Lady Olivia ..."
    „Kann recht zudringlich werden", warf er ein. „Wollen wir für diesen Moment so tun ..." Er unterbrach sich. „Ist das ein Roman von Mrs Gorely?"
    Annabel blinzelte und senkte den Blick. Sie hatte ganz vergessen, dass das Buch auf ihrem Schoß lag. „Oh. Ja.
    Lady Olivia hat es mir geliehen."
    Er streckte die Hand aus. „Welches hat sie Ihnen denn gegeben?"
    „Ähm ..." Sie sah nach unten. „Miss Sainsbury und der mysteriöse Oberst." Sie gab es ihm. „Ich nehme an, dass Sie es gelesen haben."
    „Natürlich." Er schlug das Buch auf der ersten Seite auf. Das schräge Licht der Dämmerung, sagte er zu sich.
    Er erinnerte sich noch so genau daran, wie er diese Worte geschrieben hatte. Nein, das stimmte nicht. Er wusste noch genau, wie er diese Worte gedacht hatte. Den gesamten ersten Absatz hatte er in Gedanken formuliert, ehe er ihn zu Papier gebracht hatte. Er hatte ihn mehrfach überarbeitet, ihn in Gedanken so lange verbessert, bis er genau so stand, wie er ihn sich vorgestellt hatte.
    Das war sein großer Moment gewesen. Sein eigener Scheidepunkt. Er fragte sich, ob es im Leben eines jeden einen Scheidepunkt gab. Ein Augenblick, der genau zwischen Vorher und Nachher trennte. Das war seiner gewesen. Jene Nacht in seinem Zimmer. Sie war nicht anders gewesen als die Nächte davor. Er hatte nicht schlafen können. Das war nicht ungewöhnlich gewesen.
    Nur dass er aus irgendeinem Grund, einem unerklärlichen, wunderbaren Grund angefangen hatte, über Bücher nachzudenken.
    Und dann hatte er zur Feder gegriffen.
    Nun durfte er in seinem Nachher leben. Er sah Annabel an.
    Und wandte den Blick ab. Er wollte nicht über ihr Nachher nachdenken.
    „Soll ich Ihnen vorlesen?", fragte er etwas zu laut. Aber er musste irgendetwas unternehmen, um sich auf andere Gedanken zu bringen. Außerdem munterte es sie vielleicht auf. „Also gut", sagte sie. Ihre Lippen verzogen sich zu einem zögernden Lächeln. „Lady Olivia hat gesagt, Sie wären ein begnadeter Vorleser."
    Das hatte Olivia ganz bestimmt nicht gesagt. „Tatsächlich, das hat sie gesagt?"
    „Na ja, nicht direkt. Aber sie sagte, dass Sie die Hausmädchen zum Weinen gebracht hätten."
    „Aber auf eine gute Art", versicherte er ihr.
    Sie begann tatsächlich zu lachen, worüber er sich ganz außerordentlich freute.
    „Also dann", sagte er. „,Erstes Kapitel.'„ Er räusperte sich und fuhr fort: „,Das schräge Licht der Dämmerung drang durch die Scheibe und fiel auf Miss Anne Sainsbury, die sich unter ihrer dünnen Decke zusammenrollte und sich wie schon so oft fragte, woher sie das Geld für die nächste Mahlzeit nehmen sollte.',,
    „Ich kann mir das genau vorstellen", sagte Annabel.
    Überrascht sah er auf. Und erfreut. „Wirklich?"
    Sie nickte. „Ich bin auch immer früh aufgestanden. Bevor ich nach London kam. Das Licht ist am Morgen anders. Weicher, könnte man sagen. Und goldener. Ich habe immer gefunden ..." Sie unterbrach sich und legte den Kopf schief. Sie zog die Brauen zusammen und runzelte die Stirn. Es war ein hinreißender Gesichtsausdruck. Sebastian dachte bei sich, wenn er ganz genau hinschaute, könnte er ihr Gehirn arbeiten sehen.
    „Sie wissen genau, was ich meine", sagte sie.
    „Ja?"
    „Ja." Sie richtete sich auf, in ihren Augen blitzte die Erinnerung auf. „Sie haben sich ähnlich geäußert. Als ich Ihnen auf dem Ball der Trowbridges begegnet bin."
    „Die Heide", sagte er seufzend. Inzwischen war das eine

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