Rendezvous in Kentucky
jetzt muß ich mich um meinen Indigokessel kümmern. Könntest du mir dann dabei helfen, die gefärbte Wolle zu spinnen?«
»Wenn ich Zeit habe, gern«, erwiderte Linnet aufrichtig. Die beiden Frauen sahen sich verschwörerisch an.
»Rebecca wird sich weiter umhören. Sobald ich etwas erfahre, lass’ ich es dich wissen.«
»Ich fürchte mich nicht. Die Leute hier sind nichts weiter als Klatschbasen.«
»Da setzt du mehr Vertrauen in sie, als ich jemals aufbringen kann.« Die beiden Freundinnen trennten sich.
Linnet sah zu ihrer Blockhütte, und als sie Phetna und Miranda eintreten sah, folgte sie ihnen.
»Hier, Junge«, rief Phetna barsch. »Ein Mädchen hat Ihnen das hier gebracht. Sagte mir, daß sie an Ihrem Pferd hingen.« Die alte Frau hielt ein Paar bestickter Mokassins hoch. »Ich glaub’, darin können Sie besser laufen.«
Devon lächelte Phetna strahlend an. Linnet sah amüsiert, wie die Alte sich errötend umdrehte.
»Ich danke Ihnen sehr, Miss Phetna.«
»Nicht Miss Phetna —«, begann Phetna, doch dann hielt sie plötzlich inne.
Linnet trat hinter die beiden und begann Kartoffeln zu schälen. »Phetna kannte deinen Vater, Devon«, erklärte sie. Sie konnte ihm kaum in die Augen sehen. Nur zu gut erinnerte sie sich daran, was er ihr vor kaum einer Stunde erzählt und wie er sie geküßt hatte.
»Ich habe das irgendwie mitbekommen. Aber meine Erinnerung ist... nun«, er sah mit bedeutungsvoll hochgezogenen Augenbrauen zu Linnet, die verschämt wegsah. »Sie ist etwas lückenhaft. Haben Sie ihn in North Carolina gekannt?«
Phetna ließ sich in einem Stuhl nieder und verschlang Devon mit ihren Blicken. »Sie sehen ihm so ähnlich! Ich hätte nicht bemerkt, daß es nicht Slade ist, wenn man es mir nicht gesagt hätte.«
»Cord sieht ihm auch ähnlich«, murmelte Linnet und reichte Miranda ein Stück rohe Kartoffel. »Die beiden sind verschieden groß und bewegen sich auch unterschiedlich. Aber eine Ähnlichkeit besteht ganz sicher!«
»Wer ist Cord?«
Erst als Linnet aufsah und den Ausdruck auf Devons Gesicht wahrnahm, merkte sie, was sie gesagt hatte. Sie wußte nun schon so lange, daß Cord Devons Halbbruder war. Sie hatte ganz vergessen, daß er keine Ahnung davon hatte. »Ich... es tut mir leid. Das hätte ich nicht sagen dürfen.« Sie stand auf und kippte die Kartoffelschalen in den Trog für Netties Schweine.
»Linnet!« forderte er scharf. »Du sagst mir jetzt sofort, was du damit gemeint hast!«
Sie setzte sich auf die Bank und erzählte ihnen die Geschichte von Devons Bruder Cord. Als sie geendet hatte, waren Devons Augen geschlossen.
»Was für ein Narr!« brummte er leise.
»Slade?« fragte Phetna, immer bereit, den geliebten Mann zu verteidigen.
»Nein. Cord ist der Narr.« Er öffnete die Augen. »Mein Pa hätte ihn mit offenen Armen aufgenommen, wenn er gewußt hätte, daß Cord sein Sohn ist. Pa ist doch nie über den Verlust von meinem Zwillingsbruder Kevin weggekommen. Kein Wagentreck, kein Reiter verließ die Stadt in Richtung Osten, ohne daß Pa ihm einen Brief für Kevin und Mutter mitgegeben hätte. Pa behauptete immer, daß sie eines Tages zu ihm zurückkommen würden. Cord hätte ihm so sehr helfen können!«
Linnet beobachtete ihn und hörte, wie die Liebe, die er immer noch für seinen Vater empfand, in seiner Stimme mitschwang. Devon interessierte sich für Cord nur, weil er Slade hätte glücklicher machen können.
»Cord wäre ein ganz anderer Mensch geworden, wenn er meinen Pa richtig kennengelernt hätte.«
Linnet lächelte: »Da wir gerade von Vätern sprechen — hast du schon gemerkt, daß du selbst einer bist?«
Devon sah zu Miranda, die auf dem Fußboden saß und mit dem Kätzchen spielte. »Es ist schwer für mich. Sie ist noch so klein, und... Miranda, zeigst du mir mal dein Kätzchen?«
Miranda sah verwundert auf. Sie war verwirrt, ihren Namen von dem Mann zu hören, der im Bett ihrer Mutter schlief und soviel Aufmerksamkeit bekam. Sie stand auf und sah ihn prüfend an. Er streckte seine Hand nach ihr aus, doch sie wich zurück und versteckte sich hinter Phetnas Röcken. Schüchtern lächelte sie ihren Vater an.
»Ich mag sie, Linnet. Sie ist hübsch.«
»Da bin ich aber froh«, erwiderte Linnet sarkastisch. »Ich würde sie nämlich nicht gerne wieder in meinen Bauch stopfen!«
Phetna prustete los, und Devon grinste sie breit an: »Ist sie nicht das scharfzüngigste Weib, das Ihnen je untergekommen ist?«
Die Alte lächelte ihm zu.
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