Rendezvous mit einem Vampir (German Edition)
und das musste Mirabeau sein.« Als Drina fragend eine Braue hochzog, fuhr er fort: »Wir hielten es für keine gute Idee, sie nachts in ihrem Zimmer allein zu lassen. Hier gibt es keinen Zaun, keine Alarmanlage … Es könnten Stunden vergehen, bis uns auffällt, dass jemand sie mitgenommen hat oder …«
»Oder was?«, hakte sie nach, als Tiny zögerte. Es war von ihrer Seite reine Höflichkeit, wie Harper nur zu gut wusste. Die Frau hätte ihn ebenso gut einfach lesen können, um das zu erfahren, womit er nicht rausrücken wollte. Dennoch verhielt sie sich so respektvoll, dass sie ihn danach fragte.
Schweigend zog Tiny seine Jacke aus, aber schließlich gestand er ihr ein: »Es herrscht eine gewisse Sorge, Stephanie könnte versuchen wegzulaufen und zu ihrer Familie zurückzukehren.«
»Tatsächlich?« Drina kniff ein wenig die Augen zusammen.
Tiny nickte. »Offenbar hat Lucian ein paar Mal diesen Gedanken bei ihr lesen können. Er glaubt zwar, dass sie nur ihre Familie sehen, nicht aber Kontakt mit ihr aufnehmen will …« Er zuckte unschlüssig mit den Schultern. »Aber was sie angeht, weiß das keiner von uns, daher muss wegen Leonius rund um die Uhr jemand bei ihr sein.«
»Das heißt, wir rechnen nicht nur mit einem Angriff von außen, sondern auch mit einem möglichen Gefangenenausbruch«, sagte Drina mehr zu sich selbst. »Und deshalb schläft Mirabeau bei ihr im Zimmer.«
»Das war jetzt nur die erste Nacht«, entgegnete Tiny. »Wir sind erst vorgestern hier eingetroffen. Elvi, Victor, DJ und Mabel waren bis dahin hiergeblieben, um sie nicht aus den Augen zu lassen. Aber die sind alle heute Morgen um vier abgereist …« Missmutig verzog er den Mund. »Als sich Stephanie schlafen gelegt hat, ist Mirabeau ebenfalls ins Bett gegangen.«
Drina stieß einen schweren Seufzer aus, lächelte betrübt und sagte: »Na, dann darf ich wohl annehmen, dass das von jetzt an meine Schicht sein wird. Ich genehmige mir einen Blutbeutel, dann gehe ich rauf und löse Mirabeau ab.«
Harper musste grinsen, als er Tinys Gesichtsausdruck bemerkte. Der Mann schwankte zwischen dem Drang, einerseits laut Halleluja zu rufen, andererseits aber zu beteuern, das sei heute Nacht nicht mehr nötig und sie könne morgen mit ihrer Schicht beginnen. Pflicht und Verlangen versuchten sich gegenseitig zu überbieten. Tiny und Mirabeau hatten Stephanie von New York hergebracht, wo sie sie aus der Kirche hatten schmuggeln müssen, in der sich etliche Paare gleichzeitig trauen ließen, darunter auch Victor und Elvi. Sie waren durch einen Geheimgang entkommen und dann lange Zeit in der Kanalisation unterwegs gewesen, ehe sie sich wieder an die Oberfläche gewagt hatten. Dann waren sie nach Port Henry gefahren, wo Victor und Elvi bereits darauf warteten, die junge Frau begrüßen zu dürfen.
Da Tiny und Mirabeau jetzt offiziell dienstfrei hatten und Drina und Anders ihren Job übernahmen, hatte Lucian darauf bestanden, dass sie zunächst noch hier im Haus blieben, bis die schlimmsten Symptome der beiden frischgebackenen Lebensgefährten abgeklungen waren. Harper vermutete, dass ihr Pflichtgefühl sie nicht ruhen lassen würde, solange sie hier waren. Und vermutlich würden sie sich sogar verpflichtet fühlen, sich dafür erkenntlich zu zeigen, dass sie die nächsten Wochen hier in diesem Bed’n’Breakfast verbringen durften.
»Drina hat recht«, erklärte Anders und ersparte Tiny dieses innere Ringen. »Es ist besser, wenn sich jemand bei Stephanie im Zimmer aufhält, der mit seinen Gedanken nicht ständig woanders ist. Außerdem sind wir jetzt an der Reihe. Ihr beide habt dienstfrei.«
Tiny atmete erleichtert auf und nickte, fügte dann aber hinzu: »Solange wir hier sind, werden wir aber aushelfen.«
»Das wird hoffentlich nicht nötig sein, aber wir wissen das Angebot zu schätzen«, erklärte Drina, als Anders bloß mit den Schultern zuckte. Dann ließ sie sich von ihrem Hocker gleiten und sah Harper fragend an. »Welches Blut soll ich nehmen? Das aus den Boxen oder das aus dem Kühlschrank?«
»Ganz egal«, meinte Anders beiläufig. »In den nächsten Tagen kommt noch mehr Nachschub.«
Harper ging zum Kühlschrank, nahm vier Beutel heraus und verteilte sie, wobei er einen Drina gab.
»Danke«, sagte sie leise und schob den Beutel auf ihre Fangzähne. Plötzlich jedoch versteifte sie sich und blickte über ihre Schulter. Harper folgte ihrem Blick und sah Teddy aus der Eingangshalle ins Esszimmer kommen.
»Ich dachte mir doch,
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