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Rendezvous mit Rama

Rendezvous mit Rama

Titel: Rendezvous mit Rama Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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beobachten, die an seinem Körper angebracht waren. Und wenn sie negativ entschied, dann war die Sache eben gestorben.
    »Laura, was halten Sie davon?«
    »Machen Sie dreißig Minuten Pause, und jeder nimmt eine Fünfhundert-Kalorien-Energiekapsel Dann können Sie los.«
    »Danke, Frau Doktor«, warf Joe Calvert ein. »Jetzt kann ich befriedigt sterben. Ich habe schon immer mal Paris sehen wollen. Achtung, Montmartre, wir kommen!«

13 Die Ebene Ramas
    Nach den endlosen Stufen war es ein merkwürdiges Vergnügen, wieder auf einer horizontalen Fläche zu gehen. Der Boden direkt vor ihnen war tatsächlich vollkommen flach; rechts und links konnte man die ansteigende Kurve im Flutlichtbe- reich gerade noch erkennen. Als ob sie auf dem Grund eines sehr breiten flachen Tales dahingingen; es war wirklich nahezu unmöglich zu glauben, dass sie an der Innenwand eines riesigen Zylinders entlang krochen und dass jenseits dieser kleinen Lichtoase die Landschaft sich hob und an den Himmel stieß - nein, der Himmel wurde.
    Obgleich die drei Männer Zuversicht und eine Art verhaltener Erregung verspürten, begann die fast greifbare Stille Ramas nach einer Weile schwer auf ihnen zu lasten. Jeden Schritt,jedes Wort verschluckte die echolose Leere sofort. Sie waren kaum mehr als einen halben Kilometer marschiert, als Leutnant Calvert es nicht länger ertragen konnte. Eine seiner wenigen hervorstechenden Fähigkeiten war es, dass er pfeifen konnte, eine inzwischen selten gewordene Fähigkeit (obwohl manche Leute sie für noch nicht selten genug hielten). Gebeten oder ungebeten, war er in der Lage, die musikalischen Leitmotive der meisten Filme der letzten zweihundert Jahre wiederzugeben. Sinnigerweise begann er mit »Heigh-ho, heigh-ho, 'tis off to work we go«, merkte jedoch bald, dass es ihm zu schwerfiel, die Bassnoten der Sieben Zwerge aus Disneys >Schneewittchen< durchzuhalten, und wechselte rasch zum >River-Kwai-Marsch<. Dann ging er ein halbes Dutzend Filmepen mehr oder weniger chronologisch durch und setzte dem Ganzen schließlich mit dem Leitmotiv aus Sid Krassmans berühmten Filmwerk aus dem späten zwanzigsten Jahrhundert mit dem Titel >Napoleon< die Krone auf.
    Der Versuch war ehrenwert, blieb allerdings total erfolglos, sogar in dem Bemühen, die Moral zu heben. Was Rama verlangte, war die Großartigkeit Bachs oder Beethovens oder sogar eines Jean Sibelius oder Tuan Sun und nicht die Trivialität populärer Unterhaltungsmusik. Norton wollte Joe gerade vorschlagen, seine Lungen doch besser für die bevorstehenden Anstrengungen zu schonen, als der junge Offizier von selbst bemerkte, wie unangemessen seine Bemühungen waren. Danach marschierten sie - abgesehen von gelegentlichen Rückchecks mit dem Raumschiff - schweigend weiter. Rama war aus dieser Runde als Sieger hervorgegangen.
    Für diese erste Traverse hatte Norton einen Abstecher eingeplant. Paris lag direkt vor ihnen, halbwegs zwischen dem Fuß der Treppenkonstruktion und der Küste der Zylindrischen See, aber nur einen Kilometer zu ihrer Rechten lag eine ziemlich auffällige und rätselhafte Struktur, die sie das Gerade Tal getauft hatten. Es handelte sich um eine lang gestreckte Rinne oder um einen Graben von vierzig Metern Tiefe und hundert Metern Breite mit sacht abfallenden Hängen; provisorisch hatte man es als Wassergraben oder Kanal definiert. Und wie die Treppenkonstruktion besaß auch dieser Kanal zwei identische Gegenstücke, die in gleichem Abstand die innere Krümmung von Rama entlangliefen.
    Die drei Täler waren jeweils fast zehn Kilometer lang und brachen kurz vor der Küste der Zylindrischen See abrupt ab. Und dies war merkwürdig, falls sie tatsächlich dazu bestimmt gewesen sein sollten, Wasser zu führen. Auf dem anderen Ufer der See wiederholte sich das gleiche Muster: Drei weitere zehn Kilometer lange Gräben führten zu Ramas >Südpol<.
    Nach nur fünfzehn Minuten Marsch erreichten sie ohne Anstrengung das Gerade Tal, blieben eine Weile an seinem Rand stehen und blickten nachdenklich hinunter. Die vollkommen glatten Wände waren in einem Winkel von sechzig Grad geneigt; es gab weder Stufen noch Trittleitern. Der Grund des Kanals war von einem flachen Überzug eines weißen Stoffs bedeckt, der stark an Eis erinnerte. Eine Probe würde eine ganze Reihe von Streitfragen lösen, also entschloss Norton sich, eine zu bekommen.
    Calvert und Rodrigo übernahmen die Sicherung und reichten ihm das Sicherungsseil hinunter, und langsam stemmte sich Norton

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