Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rendezvous mit Rama

Rendezvous mit Rama

Titel: Rendezvous mit Rama Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
Vom Netzwerk:
musste.
    Daraus ziehe ich folgende zwei Schlüsse. Wenn ein Raumschiff - und wir müssen Rama als solches bezeichnen, trotz der fantastischen Ausmaße - seine Fluglage ändert, dann bedeutet dies gewöhnlich, dass es seine Flugbahn zu ändern vorhat. Wir müssen deshalb die Ansicht jener ernst nehmen, die überzeugt sind, dass Rama sich wahrscheinlich darauf vorbereitet, ein Planet unserer Sonne zu werden und nicht wieder zu den Sternen zurückzukehren.
    Wenn dies der Fall ist, dann muss die Endeavour zwangsläufig bereit sein, augenblicklich abzulegen - heißt das bei Raumschiffen so? -, falls dies plötzlich nötig sein sollte. Sie könnte sich in schwerer Gefahr befinden, solange sie noch körperlich mit Rama in Verbindung steht. Ich nehme an, dass Commander Norton sich dessen bereits wohlbewusst ist, doch ich denke, wir sollten ihm eine zusätzliche Warnung senden.«
    »Vielen Dank, Professor Davidson. Ja, Dr. Solomons?«
    »Ich möchte dazu einiges bemerken«, sagte der Wissenschaftshistoriker. »Rama scheint eine Rotationsänderung durchgeführt zu haben, ohne irgendwelche Düsen oder Reaktoreinrichtungen eingesetzt zu haben. Mir scheint dies nur zwei mögliche Erklärungen zuzulassen.
    Die erste wäre, dass Rama im Innern Gyroskope oder etwas Entsprechendes besitzt. Sie müssten riesig sein. Wo sind sie?
    Die zweite Möglichkeit - und das würde unsere gesamte Physik über den Haufen werfen - wäre, dass Rama über ein reaktionsloses Antriebssystem verfügt: über den so genannten Space Drive, den Professor Davidson so sehr in Zweifel zieht. Wenn dies der Fall ist, dann könnte Rama zu nahezu allem in der Lage sein. Wir würden sein Verhalten auf keinen Fall vorherberechnen können, noch nicht einmal im groben physikalischen Bereich.«
    Die Diplomaten waren von diesem Gefecht offensichtlich ein wenig verwirrt, doch der Astronom ließ sich nicht darauf ein. Er hatte für einen Tag seine Fühler weit genug vorgereckt.
    »Ich halte mich an die physikalischen Gesetze, wenn Sie gestatten, und zwar so lange, bis ich gezwungen bin, sie aufzugeben. Wenn wir in Rama auf keine Gyroskope gestoßen sind, dann haben wir vielleicht nicht gut genug nachgesehen oder nicht am richtigen Ort.«
    Botschafter Bose merkte, dass Dr. Perera ungeduldig wurde. Normalerweise stürzte sich der Exobiologe so begeistert wie nur irgendeiner in Spekulationen; doch diesmal verfügte er zum ersten Mal über ein paar feste Tatsachen. Sein Wissenschaftszweig, der so lange gedarbt hatte, war über Nacht zu üppiger Blüte gelangt.
    »Gut, gut - wenn es sonst dazu keine Kommentare mehr gibt -, mir ist bekannt, dass Dr. Perera wichtige Informationen hat.«
    »Danke, Euer Exzellenz. Wie Sie alle gesehen haben, ist es uns endlich gelungen, ein Exemplar einer ramanischen Lebensform in die Hand zu bekommen, und wir haben weitere Formen aus der Nähe beobachten können. Stabsärztin Kapitänleutnant Ernst, die Ärztin der Endeavour, hat einen ausführlichen Bericht über das spinnenähnliche Geschöpf geschickt, das sie seziert hat.
    Ich muss gleich an dieser Stelle sagen, dass einige ihrer Ergebnisse verwirrend sind und dass ich in jeder anderen Situation mich geweigert haben würde, sie ernst zu nehmen.
    Die Spinne ist definitiv organisch, allerdings unterscheidet sich ihre Chemostruktur von der unseren in vieler Hinsicht. Sie enthält beträchtliche Mengen leichter Metalle. Trotzdem zögere ich, sie als ein Tier zu bezeichnen, und zwar aus mehreren wesentlichen Gründen.
    Erstens besitzt sie anscheinend weder Mundöffnung noch Magen, noch Eingeweide - also kein System der Nahrungsaufnahme! Gleichfalls keine Vorrichtungen zur Aufnahme von Sauerstoff, keine Lungen, kein Blut, keine Fortpflanzungsorgane ...
    Sie fragen sich vielleicht, was dieses Wesen denn nun eigentlich hat. Nun, einmal eine einfache Muskulatur, die die drei Beine und die drei peitschenähnlichen Tentakel oder Fühler kontrolliert. Dann gibt es ein Gehirn - sogar ein ziemlich kompliziertes, das in der Hauptsache mit der bemerkenswert hoch entwickelten triokularen Sehfähigkeit des Geschöpfes befasst ist. Aber achtzig Prozent des Körpers bestehen aus einer Wabenstruktur großer Zellen, und dies war es, was Frau Dr. Ernst eine so unangenehme Überraschung bereitete, als sie mit ihrer Sektion begann. Unter glücklicheren Umständen hätte sie es wohl sofort erkannt, denn es handelt sich um die einzige ramanische Struktur, die tatsächlich auch auf der Erde vorkommt - wenn auch nur bei

Weitere Kostenlose Bücher