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Rendezvous mit Rama

Rendezvous mit Rama

Titel: Rendezvous mit Rama Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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wartete er so geduldig, wie es ihm nur möglich war, und bemühte sich - ziemlich erfolglos an andere Probleme zu denken. Er verschwendete nur höchst ungern geistige Energie, und es war ja ziemlich unwahrscheinlich, dass er erraten könnte, was die eingetroffene Nachricht enthalten würde. Den Inhalt würde er sowieso früh genug erfahren.
    Dann war der richtige Zeitpunkt gekommen, um sich Sorgen zu machen.
    Als der OvD zurückrief, stand er offenbar unter beträchtlichem Stress.
    »Es ist gar nicht wirklich dringend, Skipper, und eine Stunde mehr macht wirklich keinen Unterschied. Aber ich möchte lieber nicht über Funk gehen. Ich schicke Ihnen die Nachricht durch Boten runter.«
    »Aber warum denn - oh, na gut ich verlass mich auf Ihr Urteilsvermögen. Wer bringt es durch die Luftschleusen?«
    »Ich komme selbst. Ich melde mich, wenn ich an der Nabe bin.«
    »Und damit ist Laura OvD.«
    »Nur für eine Stunde, äußerstenfalls. Ich gehe gleich danach wieder zum Schiff zurück.«
    Ein Stabsarzt verfügte nicht über die Spezialausbildung, die zur Führung eines Raumschiffs nötig war, ebenso wenig wie ein Kommandant in der Lage wäre, eine Operation durchzuführen. In Notfallen hatte man manchmal beide Aufgaben mit Erfolg vertauscht; aber es war nicht ratsam. Nun, eine Vorschrift war heute Nacht j a bereits verletzt worden ...
    »Für das Protokoll haben Sie das Schiff keinen Moment verlassen. Haben Sie Laura geweckt?«
    »Ja. Sie ist entzückt über die Gelegenheit.«
    »Was für ein Glück, dass Ärzte es gewohnt sind, Geheimnisse für sich zu behalten. Ach - übrigens haben Sie daran gedacht, die Bestätigung zu senden?«
    »Selbstverständlich. In Ihrem Namen.«
    »Gut. Ich warte also.«
    Aber jetzt war es Norton ganz unmöglich geworden, sich von ängstlichen Erwartungen freizuhalten.
    Nicht wirklich dringend - aber ich möchte lieber nicht über Funk gehen...
    Eins war klar: In dieser Nacht würde der Commander nicht mehr sehr viel Schlaf finden.

36 Der Bioten-Wachtposten
    Sergeant Pieter Rousseau wusste genau, warum er sich freiwillig für diese Aufgabe gemeldet hatte; er konnte hier auf verschiedene Weise einen Kindheitstraum verwirklichen. Teleskope hatten ihn bereits fasziniert, als er gerade erst sechs oder sieben Jahre alt war, und in seiner Jugend hatte er viel Zeit darauf verwendet, Linsen aller möglichen Gestalt und Größe zu sammeln. Er hatte sie in Pappröhren befestigt und sich Instrumente von immer höherer Potenz gebaut, bis er mit dem Mond und den Planeten, den näher gelegenen Raumstationen und der gesamten Umgebung im Umkreis von dreißig Kilometern um sein Elternhaus vertraut war.
    Seinen Geburtsort hatte er sich dafür gut gewählt: Er lag in den Bergen Colorados, und die Aussicht war in fast alle Richtungen lohnend und unerschöpflich. Er hatte in völliger Sicherheit stundenlang die Gipfel erforscht, die in jedem Jahr ihren Zoll an unvorsichtigen Bergsteigern forderten. Und wenn er vieles gesehen hatte, so hatte er sich doch noch viel mehr in der Fantasie ausgemalt. Er hatte sich immer gern vorgestellt, dass hinter jedem Felskamm jenseits der Reichweite seines Teleskops Zauberkönigreiche voller wunderbarer Geschöpfe lägen. So hatte er es jahrelang vermieden, die Orte zu besuchen, die ihm seine Linsen nahe rückten, weil er wusste, die Wirklichkeit würde sich mit seinem Traum nicht messen können.
    Jetzt und hier auf der Mittelachse von Rama konnte er Wunder beobachten, die noch die wildesten Fantasien seiner Jugendjahre weit übertrafen. Vor ihm lag eine ganze Welt ausgebreitet - sicher, es war nur eine kleine Welt, aber ein Mensch konnte sein ganzes Leben damit verbringen, viertausend Quadratkilometer zu erforschen, auch wenn sie tot und unveränderlich waren.
    Doch nun war das Leben mit all seinen unendlichen Möglichkeiten nach Rama gekommen, und wenn die biologischen Roboter keine Lebewesen sein sollten, so waren sie doch zumindest eine sehr gute Imitation von Lebewesen.
    Niemand wusste, wer den Begriff >Biot< erfunden hatte; er schien plötzlich allgemein gebräuchlich geworden zu sein, in einer Art von gemeinsamer spontaner Wortschöpfung. Von seinem günstigen Aussichtspunkt an der Nabe begann der Chef-Bioten-Wachtposten Pieter - wie er glaubte - allmählich bestimmte Züge im Verhaltensmuster der Bioten zu begreifen.
    Die Spinnen waren frei bewegliche Sensoren, die ihre Sehfähigkeit- möglicherweise auch die Tastfähigkeit - einsetzten, um den gesamten Innenraum Ramas zu

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