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Rendezvous mit Übermorgen

Rendezvous mit Übermorgen

Titel: Rendezvous mit Übermorgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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Fresken von Luca Signorelli in der Seitenkapelle des San Brizio wurden weithin als hervorragenste Beispiele der Phantastischen Malerei des Cinquecento außerhalb des Vatikanischen Museums gerühmt.
    Die Ernennung zum offiziellen Domführer galt als beachtliche Leistung, besonders für einen erst Neunzehnjährigen. Francesca war sehr stolz auf Roberto. Manchmal durfte sie ihn bei Führungen begleiten, aber nur, wenn sie vorher feierlich versprochen hatte, ihn nicht mit ihren vorlauten Witzeleien in Verlegenheit zu bringen.
    Eines Augustnachmittags, gleich nach dem Mittagessen, rauschte eine Luxuslimousine auf die Piazza am Dom, und der Fahrer erkundigte sich im Verkehrsbüro nach einem Führer. Der Signor im Wagen hatte nicht vorbestellt, und Roberto war der einzige verfügbare Führer. Mit gespannter Neugier sah Francesca zu, wie aus dem Fond des Wagens ein kleiner attraktiver Mann, Ende dreißig, Anfang vierzig, kletterte und sich mit Roberto bekannt machte. Seit fast hundert Jahren waren Autos in Ober-Orvieto nur mit Sondergenehmigung erlaubt; also schloss Francesca, der Mann müsse etwas Besonderes sein.
    Wie stets begann Roberto seine Führung mit den Reliefskulpturen von Lorenzo Maitani an den äußeren Portalen. Neugierig drückte sich Francesca in der Nähe herum und rauchte genüsslich, während ihr Cousin die Bedeutung der fratzenhaften Dämonengestalten am Fuß einer der Säulen erklärte. »Hier haben wir eine der frühesten Darstellungen der Hölle«, sagte Roberto und zeigte auf eine Figurengruppe wie aus Dantes Inferno . «Die Vorstellung der Hölle im vierzehnten Jahrhundert beruhte auf einer extrem wörtlichen Auslegung der Bibel.«
    »Pah!«, mischte sich Francesca plötzlich ein, ließ ihre Zigarette auf das Kopfsteinpflaster fallen und trat auf Roberto und den gut aussehenden Fremden zu. »Daneben war es auch ein betont männliches Höllenbild. Man beachte nur, dass viele der Dämonen Brüste haben und dass die meisten dargestellten Sünden sexueller Art sind. Die Männer haben sich schon immer eingebildet, dass sie in Vollkommenheit erschaffen sind; die Frauen mussten ihnen erst beibringen, wie man sündigt.«
    Der Fremde war verblüfft über die plötzliche Erscheinung dieses schlaksigen jungen Mädchens, das ihnen Rauch aus dem Mund entgegenblies. Aber er erkannte sofort die natürliche Schönheit des Kindes und auch, dass hier Intelligenz war, begriff er. Wer war das?
    »Dies ist meine Cousine Francesca«, stellte Roberto sie vor. Ihre Einmischung hatte ihn sichtlich aus dem Konzept gebracht.
    »Carlo Bianchi«, sagte der Mann und gab ihr eine feuchte Hand. Francesca blickte ihm ins Gesicht und erkannte, dass er Interesse gefasst hatte. Sie spürte ihr Herz in der Brust pochen. »Wenn Sie bloß dem Roberto zuhören«, sagte sie mit gespielter Schüchternheit, »dann kriegen Sie nichts weiter als die offizielle Führung. Die saftigeren Stücke unterschlägt er gern.«
    »Und Sie, junge Dame ...«
    »Francesca«, sagte sie.
    »Ja. Francesca. Und Sie haben Ihre eigene Führung?«
    Francesca beschenkte ihn mit ihrem bezauberndsten Lächeln. »Ich lese ziemlich viel«, sagte sie. »Ich weiß alles über die Künstler, die an der Kathedrale gearbeitet haben, ganz besonders über Luca Signorelli.« Sie machte eine Pause. »Haben Sie gewusst, dass Michelangelo hier war und Signorellis Akte studierte, bevor er mit der Decke der Sixtinischen Kapelle begann?«
    »Nein, das wusste ich nicht.« Carlo lachte laut. Er war bereits becirct. »Aber jetzt weiß ich es. Wollen Sie sich uns nicht anschließen? Dann könnten Sie Ihrem Cousin mit Kommentaren beispringen.«
    Es gefiel ihr sehr, wie der Mann sie anstarrte. Es war, als taxierte er sie, wie ein gutes Gemälde, wie ein Juwelenkollier.
    Seinen Augen entging nichts, während er sie ohne Zurückhaltung und Scheu von oben bis unten betrachtete. Sein heiteres spontanes Lachen stachelte sie an, und ihre Kommentare wurden immer provokanter und derber.
    »Sehen Sie da, das arme Ding auf dem Rücken des Dämonen?«, fragte sie vor Signorellis genialen bestürzend vielschichtigen Fresken in der Cappella di San Brizio. »Es sieht doch so aus, als wäre sie dem Dämon auf den Rücken gesprungen, nicht? Aber wissen Sie, wer sie war? Das Gesicht und der nackte Körper sind die genaue Abbildung von Signorellis damaliger Geliebten. Während der hier drin Tag um Tag an seinen Bildern schuftete, begann sie sich zu langweilen und beschloss, so nebenbei mit ein paar

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