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Rendezvous mit Übermorgen

Rendezvous mit Übermorgen

Titel: Rendezvous mit Übermorgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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Gehirn war die Kartographie, wie sie die ersten Rama-Forscher erstellt hatten, ebenso tief eingeätzt wie der Stadtplan von Kyoto, der Stadt seiner Geburt und Jugend. Aber der Erstexpedition hatte für die Erforschung New Yorks nur wenig Zeit zur Verfügung gestanden. Nur eine der Funktionaleinheiten von den vorhandenen neun war kartographisch detailliert erfasst worden; die Kosmonauten damals hatten einfach aufgrund sehr begrenzter Beobachtungen unterstellt, dass auch sämtliche übrigen Sektionseinheiten identisch sein müssten.
    Je tiefer Takagishi mit raschen Schritten in die unheilschwangere Stille der Zentralsektion vordrang, desto mehr tauchten subtile Unterschiede zwischen diesem speziellen Ramasegment und dem von Nortons Team untersuchten auf (die Männer hatten ein angrenzendes Tortenstück erforscht). Der Plan der Hauptstraßenführung war in beiden Einheiten gleich; doch als Takagishi sich der Plaza näherte, wich das Muster der engeren Straßen geringfügig von dem ab, was die Erstexpedition berichtet hatte. Sein wissenschaftliches Training zwang Takagishi zu häufigem Anhalten, um sämtliche Abweichungen auf dem Taschen-Computer zu notieren.
    Er betrat den unmittelbaren Randbereich der Plaza, in dem die Straßen konzentrisch ringförmig verliefen. Er überquerte drei Avenuen und stand vor einem gewaltigen, etwa hundert Meter hohen Oktaeder mit verspiegelten Außenflächen. Der starke Lichtkegel seiner Lampe prallte davon ab und hüpfte zuckend von einem Gebäude ringsum zum anderen. Takagishi schritt langsam um die achtflächige Struktur herum und suchte nach einem Zugang. Aber er fand keinen.
    Jenseits dieses Baus, in der Mitte des Platzes, befand sich eine weite Kreisfläche ohne hohe Bauten. Shigeru Takagishi schritt zielstrebig den ganzen Kreisperimeter ab und inspizierte die darum gelegenen Gebäude. Sie eröffneten ihm keine neuen Erkenntnisse über ihren Zweck. Und wenn er sich in regelmäßigen Abständen dem Platz selbst zuwandte, entdeckte er auch dabei nichts Außergewöhnliches oder besonders Buchenswertes. Er gab jedoch seinem Computer die Platzierung der vielen flachen Metallkästen ein, welche die Plaza in Sektionen teilten.
    Als er dann wieder vor dem Oktaeder stand, holte er aus seinem Sack eine dünne hexagonale Platte, die dichtbesetzt war von elektronischen Sensoren. Er setzte das Gerät drei, vier Meter von dem Achteckbau auf den Grund, dann überprüfte er zehn Minuten lang mit dem Transceiver, ob sämtliche Instrumente richtig funktionierten. Als er zu seiner Zufriedenheit die Ladung überprüft hatte, entfernte er sich rasch aus dem Plazasektor und strebte dem Ufer des Zylindermeeres zu.
    Dann war er mitten auf der zweiten konzentrischen Avenue, und plötzlich vernahm er ein kurzes, laut knallendes Geräusch hinter sich auf der Plaza. Er blieb stehen und wandte sich um. Sekunden später hörte er ein anderes Geräusch. Dies erkannte er wieder. Es war das gleiche wie bei seiner ersten Exkursion: sowohl das Schleifen von Metallbürsten wie darin eingebettet das Hochfrequenzsingen. Er richtete den Strahl seiner Lampe zur Plaza. Das Geräusch brach ab. Er schaltete die Lampe aus und blieb ruhig mitten auf der Straße stehen.
    Einige Minuten später setzte das schleifende Kehrgeräusch erneut ein. Er schlich leise über die zwei Avenuen und bewegte sich um das Achteck herum in Richtung auf die Quelle des Geräusches zu. Als er die Plaza beinahe erreicht hatte, unterbrach ein Piepsen aus seinem Rucksack seine Konzentration. Und bis er den Alarm abschalten konnte, der anzeigte, dass das zurückgelassene wissenschaftliche Messkompakt bereits außer Funktion war, herrschte wieder absolute Stille in New York. Wieder wartete Takagishi, aber die Geräusche wiederholten sich nicht.
    Er atmete tief durch, um sich zu beruhigen. Dann nahm er allen Mut zusammen, und irgendwie gewann die Wissbegier die Oberhand über seine Furcht, und er kehrte auf die Stelle hinter dem »Oktahedron« zurück, um festzustellen, was mit seinem Deponat geschehen war. Die erste Überraschung bestand darin, dass sein Hexagonalpaket verschwunden war. Wohin konnte es verschwunden sein? Wer oder was hatte es entfernt?
    Takagishi wusste, er stand an der Schwelle zu einer wissenschaftlichen Entdeckung von überwältigender Bedeutung. Und außerdem hatte er schreckliche Angst. Er unterdrückte den heftigen Impuls davonzulaufen, er bestrich mit seiner Stablampe das Rund der Plaza und hoffte, da irgendwo eine Erklärung zu

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