Rendezvous mit Übermorgen
biometrischen Aufzeichnungen«, entgegnete Francesca. »Und in denen liegt der hauptsächliche Beweis. Es müsste einer schon ein absolutes Genie sein, um mit den Daten von der Operation selbst irgendwelche Anhaltspunkte für einen Verdacht zu finden.« Sie setzte sich neben ihn und zog seinen Kopf an ihre Brust. »Unser großer Fehler ist nicht, dass wir die Unterlagen nicht vernichtet haben. Das würde bei der ISA sowieso nur Anlass zu Argwohn gegeben haben. Nein, unser Fehler war, dass wir diese Nicole des Jardins unterschätzt haben.«
Brown schüttelte ihre Arme ab und stand auf. »Verdammt, Francesca, daran bist du schuld. Ich hätte mich nie von dir zu so was beschwatzen lassen dürfen. Ich hab es ja gewusst... gleich damals ...«
»Du hast damals gewusst...«, Francesca schnitt ihm scharf das Wort ab, »dass du , Dr. David Brown, nicht bei der ersten Rama-Exkursion dabei sein würdest. Du wusstest, dass deine erhofften künftigen Millionengagen als der Held der Expedition ernsthaft gefährdet sein würden, wenn du an Bord der Newton bleiben musstest.« Brown blieb abrupt stehen und wandte sich Francesca zu. »Und du hast auch das gewusst«, fuhr sie leiser fort, »dass ich gleichfalls ein höchst persönliches Interesse daran hatte, dass du bei dieser Exkursion dabei bist. Und dass du auf meine Unterstützung rechnen konntest.«
Sie nahm ihn bei den Händen und zog ihn zum Lager zurück. »Setz dich zu mir, David. Wir haben das alles doch immer und immer wieder durchgesprochen. Wir haben General Borzow nicht umgebracht. Wir haben ihm nur ein Mittel verabreicht, das die Symptome einer Blinddarmreizung erzeugt. Und es war ein gemeinsamer Entschluss. Und wenn Rama nicht ein Manöver durchgeführt hätte, das zur Fehlfunktion des Roboteroperateurs führte, dann hätte unser Plan auch perfekt funktioniert. Borzow würde jetzt in der Newton liegen und sich von seiner Appendektomie erholen, und du würdest - mit mir - hier die Erforschung von Rama leiten.«
Brown entzog ihr seine Hände. Er verschränkte sie und begann sie zu wringen. »Ich komme mir so ... dermaßen unsauber vor«, sagte er. »Ich habe so was noch nie gemacht. Ich meine, ob uns das passt oder nicht, wir sind teilweise mitschuldig am Tod von Borzow. Vielleicht sogar auch an dem von Wilson. Wir könnten unter Anklage kommen.« Er schüttelte erneut den Kopf. Der Ausdruck auf seinem Gesicht zeigte Hilflosigkeit und Verwirrung. »Ich bin Wissenschaftler ... Was ist mit mir geschehen? Wie habe ich mich auf so was einlassen können?«
»Verschone mich mit deinem selbstgerechten heuchlerischen Sermon!«, sagte Francesca scharf. »Und versuch erst gar nicht, dir selber was vorzumachen! Schließlich bist du doch der Typ, der einer Doktorandin die bedeutendste astronomische Entdeckung des letzten Jahrzehnts geklaut hat. Um sie dann schnell zu heiraten, damit sie brav ewig weiter darüber schweigt... Nein, mein Guter, deine Integrität ist schon lange besudelt.«
»Das ist unfair«, sagte Dr. Brown irritiert. »Ich war ... ah ... immer sauber und anständig. Nur ...«
»Nur dann nicht, wenn es um was Wichtiges ging, etwas, das dir 'ne Menge einbringen konnte. Was für ein Riesenhaufen Scheiße! «Jetzt stand Francesca auf und stapfte ihrerseits in der engen Hütte auf und ab. »Ihr Männer seid so verdammt verlogene Heuchler! Ihr findet immer verblüffende rationale Erklärungen, die es euch gestatten, das hehre Bild eurer überlegenen Größe intakt zu halten. Ihr gesteht niemals, nicht mal euch selbst, ein, wer ihr wirklich seid und was ihr wirklich wollt. Frauen sind da meistens ehrlicher. Wir stehen zu dem, was wir uns als ehrgeiziges Ziel gewählt haben, zu dem, was wir ersehnen, ja sogar zu unseren primitivsten Bedürfnissen. Wir bekennen uns zu unseren Schwächen. Und wir sehen uns so, wie wir sind, nicht wie wir gern sein möchten.«
Sie trat wieder ans Bett und nahm David Browns Hände wieder fest in die ihren. »Begreifst du das denn nicht, Liebster?«, fragte sie ernst und drängend. »Du und ich, wir sind Gesinnungsgenossen, vom gleichen Zuschnitt! Unsere Bindung beruht auf der allersichersten Grundlage, die es gibt: beidseitigem Eigeninteresse. Uns beide treiben die gleichen Motive an Macht und Ruhm.«
»Aber - das klingt ja abscheulich!«
»Trotzdem ist es wahr. Auch wenn du es dir nicht selbst eingestehen willst, David, Liebster, begreifst du denn nicht, dass deine Entscheidungsschwäche darauf zurückzuführen ist, weil du nicht
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