Rendezvous mit Übermorgen
Skalpell und trat neben Richard.
»Ich bin gar nicht sicher, ob wir das tun sollten«, sagte sie. Sie zögerte. »Erstens könnte das Skalpell dabei beschädigt werden, und das brauchen wir vielleicht noch nötig. Und zweitens könnten Sie ... äh ... könnte es als ein Akt von Vandalismus angesehen werden.«
»Vandalismus?«, fragte er pathetisch und warf ihr einen seltsamen Blick zu. »Welch seltsam anthropozentrisches Denkkonzept.« Dann zuckte er die Achseln und ging auf das Scheunen-ende zu. »Ach, macht nichts. Wahrscheinlich haben Sie recht mit dem Skalpell.«
Richard hatte einige Daten in seinen Taschencomputer gegeben und blickte auf den kleinen Monitor, als Nicole zu ihm trat. »Sie standen mit Francesca ziemlich genau hier, stimmt's?« Nicole bestätigte dies. »Und danach gingen Sie in diese Scheune zurück, um in eine der Gruben zu schauen?«
»Das haben wir doch schon durchgehechelt«, gab Nicole zurück. »Warum fragen Sie denn nochmal danach?«
»Weil ich glaube, Francesca hat gesehen, wie Sie in das Loch gestürzt sind, und hat uns dann absichtlich diese Geschichte aufgetischt, dass Sie sich entfernt hätten, um unseren Professor aus Japan zu suchen. Sie wollte uns irreführen. Sie wollte verhindern, dass man Sie fand.«
Nicole starrte Richard angestrengt in der Dunkelheit an. »Das glaube ich auch«, sagte sie langsam. »Aber was bringt Sie zu dieser Annahme?«
»Es ist die einzige Erklärung, die irgendeinen Sinn ergibt. Kurz bevor ich wieder hier hereinkam, hatte ich eine recht seltsame Begegnung mit ihr. Sie kam unter dem Vorwand in meine Kabine, mich angeblich über die Gründe für meine Rückkehr nach Rama zu interviewen. Aber als ich Falstaff und Ihr Navigations-Leitsignal erwähnte, schaltete sie ihre Kamera ab. Dann wurde sie richtig lebhaft und fragte nach vielen technischen Einzelheiten. Und kurz bevor sie ging, vertraute sie mir feierlich an, sie sei zutiefst überzeugt, es war unrecht, dass überhaupt einer von uns Rama betreten hat. Ich dachte schon, jetzt bittet sie mich gleich, nicht zu gehen.« Er schüttelte den Kopf. »Ich kann ja noch durchaus verstehen, wenn sie nicht wollte, dass ich rausfinde, wie sie Sie in dem Loch im Stich gelassen hat«, sprach Richard nach kurzer Pause weiter. »Aber ich begreife nicht, warum sie das überhaupt getan hat.«
»Erinnern Sie sich noch an die Nacht, als Sie mir erklärten, warum die Fehlerschutzeinrichtung bei RoSur versagen konnte?«, fragte Nicole nach kurzer Überlegung. »In genau der Nacht fragte ich außerdem Sie und Janos, ob einer von Ihnen General Borzow ...«
Während sie wieder zur Hauptplaza und zu ihrem Unterstand zurückwanderten, was fünfzehn Minuten dauerte, legte Nicole Richard Wakefield ihre ganze Verschwörungshypothese dar. Sie berichtete über den Vertrag mit dem Medien-Multi, über die Drogen, die Francesca David Brown und Reggie Wilson verabreicht hatte, und was sie, Nicole, selbst jeweils mit sämtlichen Hauptakteuren gesprochen hatte. Von ihrem Daten-Würfel sagte sie nichts. Richard stimmte ihr zu, dass das Beweismaterial sehr zwingend sei.
»Also glauben Sie, Francesca Sabatini hat Sie bewusst da in dem Loch sitzen lassen, damit Sie ihre Machenschaften nicht aufdecken könnten?«
Nicole bestätigte es.
Richard pfiff durch die Zähne. »Aber dann passt ja alles zusammen. Mir fiel ziemlich drastisch auf, dass Francesca die Regie übernommen hatte, als wir auf die Newton zurückgingen. Sowohl Brown wie Heilmann ließen sich von ihr herumkommandieren.« Er legte Nicole den Arm um die Schultern. »Das Weib möchte ich ungern zur Feindin haben. Sie ist offensichtlich von Skrupeln irgendwelcher Art völlig unbelastet.«
44 Und noch ein Nest
Doch Nicole und Richard hatten dringlichere Probleme als die mit Francesca. Als sie den Hauptplatz wieder erreichten, stellten sie fest, dass ihr Schutzzelt verschwunden war. Wiederholtes Klopfen auf den Deckel zum Vogelschacht bewirkte keinerlei Reaktionen. Die Gefährlichkeit ihrer Lage wurde ihnen beiden nun noch deutlicher bewusst.
Richard wurde mürrisch und wortkarg. Er entschuldigte sich dafür bei Nicole und sagte, es sei nun leider eines seiner miesen Charaktermerkmale, dass er sich von Menschen zurückziehe, wenn er unsicher sei. Dann spielte er mehrere Stunden lang mit seinem Computer herum und fragte nur ab und zu nach geographischen Details über New York.
Nicole schlüpfte in ihren Schlafsack und dachte daran, wie sie schwimmend über das Zylindermeer
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