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Rendezvous mit Übermorgen

Rendezvous mit Übermorgen

Titel: Rendezvous mit Übermorgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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unterschlug dabei nur das Flakon und die darauffolgenden Visionen. Dies, fand sie, war zu persönlich, als dass man es Fremden mitteilen konnte. Und Richard war auch so von ihren Erlebnissen fasziniert, und die Flugvögel regten ihn ungeheuer auf.
    »Also, sehen Sie mal, ich meine«, sagte er, den Kopf auf den Ellbogen gestützt, »man muss sich doch mal vorstellen, wie zum Teufel, die bis hierher gekommen sind. Aus dem, was Sie mir sagen, sind die - außer was den Panzerwagen angeht, und da stimme ich Ihnen zu, das ist eine Anomalie - über eine Entwicklungsstufe vergleichbar etwa der des prähistorischen Menschen nicht hinausgekommen. Es kann einem schwindlig werden, wenn man daran denkt, was für Rätsel es da zu lösen gäbe.
    Aber wir können natürlich nicht gänzlich ausschließen, dass es sich doch um Bioten handelt«, fuhr er fort. Er war in seiner Begeisterung kaum zu bremsen. »Vom biologischen Niveau her sind sie ja vielleicht nicht besonders überwältigend, aber, lieber Himmel, als KIs wären sie wirklich Spitzenprodukt!« Er war so erregt, dass er sich aufsetzen musste. »Bedenken Sie doch bloß mal, egal ob es Bioten sind oder KIs, was das bedeuten würde. Darauf müssen wir einfach die Antwort finden. Sie sind doch Linguist, vielleicht finden Sie eine Methode, mit ihnen zu sprechen.«
    Nicole musste lächeln. »Richard«, fragte sie, »ist Ihnen der Gedanke so fremd, dass unsere ganze Diskussion blasse Theorie bleibt, wenn keiner kommt, uns zu retten?«
    »Daran hab ich schon ein paarmal auch gedacht.« Er lachte und legte sich wieder hin. »Der verdammte Heilmann erwischte mich und zog mich beiseite, kurz bevor ich wieder nach Rama reinging, und dann hat er mir eine Lektion verpasst, dass ich durch meine Rückkehr hierher >gegen sämtliche Vorschriften verstoßen Und er versprach mir außerdem, sie würden auf gar keinen Fall kommen, mich zu retten.«
    »Also? Warum sind Sie dann zurückgekommen?«
    »Darüber bin ich mir nicht völlig im Klaren«, sagte er langsam. »Ich weiß, ich wollte Falstaff holen und feststellen, ob er nicht vielleicht doch noch irgendwie weitere Signale von Ihrem Leitstrahl aufgezeichnet hat. Aber ich glaube, es gab noch weitere Gründe. Diese Weltraum-Mission verliert mehr und mehr ihren wissenschaftlichen Charakter und wird immer mehr zur Politshow. Mir wurde klar, dass diese Bürokreaturen drunten auf der Erde die Mission abbrechen würden - unter dem Vorwand von >Sicherheitsrisiken< - und dass wir nicht mehr nach Rama zurückkehren sollten. Und mir war auch klar, dass dieses Politgerangel noch ein paar Tage lang weitergehen würde.« Er schwieg. »Aber ich - brauchte eben diesen einen letzten Blick auf das Grandioseste, was mir im Leben jemals zu Gesicht kommen wird.« Auch Nicole schwieg eine Weile. Dann sagte sie leise: »Und offenbar hatten Sie keine Angst. Sie zeigen ja nicht einmal jetzt auch nur einen Anflug von Furcht. Beunruhigt Sie denn die Aussicht gar nicht, dass man Sie hier in Rama zurücklässt, dem sicheren Tod überlässt?«
    »Doch, ein wenig schon«, antwortete Richard. »Aber unter außergewöhnlichen, erregenden Umstanden sterben - das ist doch wirklich einem Leben in Langeweile vorzuziehen.« Wieder stemmte er sich auf dem Ellbogen hoch. »Drei Jahre lang habe ich mich mit aller Kraft auf diesen Flug konzentriert. Ich habe von Anfang an geglaubt, dass ich eine gute Chance hatte, ausgewählt zu werden. Und in meinem Leben gibt es - außer meinen Robotern und Shakespeare natürlich - nur meine Arbeit, die zählt. Ich habe keine Familie, keine Freunde, auf die ich Rücksicht nehmen müsste ...«
    Seine Stimme verlor sich. Dann fuhr er fort:
    »Und ich fürchte mich vor der Heimkehr fast ebenso wie vor dem Sterben hier. Immerhin, Richard Wakefield, Kosmonaut auf der Newton, erfüllt einen klar umrissenen Zweck.« Erschien noch etwas hinzufügen zu wollen, unterließ es aber. Richard Wakefield sank auf seinen Schlafsack zurück und schloss die Augen.

43 Exobio-Psychologie
    »Es gibt natürlich noch einen anderen Grund, die Hoffnung nicht fahren zu lassen«, sagte Richard Wakefield fröhlich, als er sah, dass Nicole die Augen aufschlug, »und den habe ich leider gestern Abend zu erwähnen vergessen.«
    Nicole war schon immer, auch als Kind, eine Morgenschnecke gewesen. Sie kostete gern genüsslich die Reste ihres Traumzustandes aus, bevor sie sich der scharfkantigen Realität stellen musste. Drunten auf der Erde, daheim, hatten Pierre und sogar Genevieve

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