Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rendezvous mit Übermorgen

Rendezvous mit Übermorgen

Titel: Rendezvous mit Übermorgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
Vom Netzwerk:
erfolgende Abstimmung war knapp gewesen. Es wurde beschlossen, dass die Newton Nuklearwaffen mitführen solle, aber um einer weitverbreiteten Besorgnis entgegenzuwirken, wurde gleichfalls beschlossen, rigorose Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz vor unbefugtem Einsatz anzubringen.
    Während eben dieser Konferenzen vermied die COG-Militärführung einen weltweiten Aufschrei der öffentlichen Meinung, indem sie die Bestückung der Newton mit Atomwaffen bei dem Rendezvous mit Rama zum Top Secret erklärte. Man hatte nicht einmal die zivilen Besatzungsmitglieder der Newton von dem Vorhandensein der Bomben unterrichtet.
    Vor dem Abschluss der Newton-Startraketen war die geheime Arbeitsgruppe Sicherheitsvorkehrungen für das Trinity-Programm siebenmal an vier verschiedenen Orten zusammengetroffen. Um den Einsatzprozess gegen unerwünschte elektronische Befehlseingaben zu schützen, hatte man die Aktivierung per Hand gewählt. Auf diese Weise sollte garantiert werden, dass weder ein Wahnsinniger auf der Erde noch ein von Angst gepackter Kosmonaut in der Newton durch ein elektronisches Kommando den Prozess auslösen konnte. Der amtierende COG-Stabschef, ein brillanter, aber leidenschaftsloser Ordnungsfanatiker namens Kazuo Norimoto, drückte einige Besorgnis aus, dass ohne eine elektronische Befehlsmöglichkeit der Militärstab in unangemessen hohem Maße abhängig werde von den für die Mission ausgewählten Personen. Man hatte ihn jedoch zu der Ansicht überreden können, dass es bei weitem annehmbarer sei, sich auf die Militärs der Newton zu verlassen, als sich Sorgen zu machen, dass vielleicht irgendein Irrer oder ein fanatischer Terrorist irgendwie in den Besitz des Zündungscodes gelangen könnte.
    Aber wenn nun einer der Militärs der Newton-Expedition in Panik geriet? Wie sollte das System gegen einen einseitigen atomaren Aggressionsakt seitens eines Besatzungsmitglieds abgesichert werden? Nach endlosen Diskussionen erwies sich das schließlich gefundene Sicherungssystem als relativ simpel. Es würde drei militärische Funktionsträger in der Besatzung geben. Jeder von ihnen würde einen ausschließlich ihm bekannten RQ-Code haben. Die manuelle Eingabe beliebiger zwei dieser langen numerischen Sequenzen würde die Nuklearsprengsätze scharfmachen. Auf diese Weise, glaubte man, sei das System sowohl gegen widerspenstige wie gegen überängstliche militärische Funktionsträger abgesichert. Es klang alles narrensicher.
    Aber die jetzige Situation, in der wir uns befinden, blieb bei sämtlichen Eventualitätsanalysen unberücksichtigt, dachte OToole auf seiner Pritsche. Im Fall irgendwelcher erforderlicher gefährlicher Aktionen, gleich, ob militärischer oder ziviler Art, waren wir alle drei verpflichtet, einen Ersatzmann zu bestimmen und ihm unsern Code zu übermitteln. Aber wer wäre schon auf die Idee gekommen, dass eine Blinddarmoperation gefährlich sein könnte? Valerijs RQ ist mit ihm gestorben. Und das heißt, das System erfordert jetzt eine Zweierkombination ...
    Er wälzte sich auf den Bauch und presste das Gesicht ins Kissen. Endlich war ihm völlig bewusst geworden, warum er noch immer nicht schlafen konnte. Wenn ich meinen Code nicht eingebe, sind diese Bomben nutzlos und können nicht gezündet werden. Er erinnerte sich an ein halbzeremonielles Mittagessen im militärischen Begleitschiff mit Valerij Borzow und Otto Heilmann während der gemütlichen Anflugphase in Richtung der Rama-Position. »Wir haben hier das perfekte Muster von eurem berühmten System der >Checks and Balances< -jeder kontrolliert jeden«, hatte der Russe halb scherzend gesagt. »Und das hat möglicherweise eine ausschlaggebende Rolle bei unserer Wahl gespielt. Otto würde bei der geringsten Provokation auf den Knopf drücken, und Sie, Michail, Sie würden sich mit fürchterlichen moralischen Skrupeln herumquälen, selbst wenn Ihr eigenes Leben auf dem Spiel stünde. Na, und ich, ich bin eben das Zünglein an der Waage.«
    Ja, aber du bist tot , dachte O'Toole, und uns haben sie befohlen, diese Bomben scharfzumachen. Er raffte sich wieder von seinem Lager auf und ging an seinen Arbeitstisch. Wie er es sein ganzes Erwachsenenleben hindurch gewohnt war, wenn er eine schwierige Entscheidung zu treffen hatte, zog er auch diesmal ein kleines elektronisches Notizbuch aus der Tasche und fertigte zwei kurze Listen an: eine mit den Gründen, aus denen er dem Befehl zur Vernichtung Ramas Folge leisten sollte, die andere mit den gegenteiligen

Weitere Kostenlose Bücher