Rendezvous mit Übermorgen
Argumenten. Scharf logische Gründe, sich dem Vernichtungsbefehl zu widersetzen, hatte er eigentlich nicht - das gigantische Raumfahrzeug war aller Wahrscheinlichkeit nach eine leblose Maschine ... seine drei Kameraden höchstwahrscheinlich tot ... und es bestand die keineswegs gering zu schätzende mögliche Bedrohung für die Erde. Aber O'Toole zögerte immer noch. Ein derart flagranter unprovozierter Akt der Feindseligkeit widerstrebte irgendwie seinem Gefühl für Anstand.
Er legte sich wieder rücklings auf sein Lager. Gütiger Vater im Himmel, betete er mit starrem Blick zur Decke, wie soll ich denn wissen, was das Richtige ist in dieser Situation ? Bitte - zeig mir, was ich tun muss...
Keine halbe Minute, nachdem sein Morgenwecker ihn munter-geschrillt hatte, hörte Otto Heilmann ein behutsames Klopfen an seiner Kabinentür. Kurz darauf kam General O'Toole herein. Er war bereits fertig angezogen. »Sie sind aber schon früh auf den Beinen, Michael«, sagte Admiral Heilmann und tastete nach seinem Morgenkaffee, der bereits seit fünf Minuten automatisch wieder aufgewärmt worden war.
»Ja. Ich wollte gern mit Ihnen sprechen«, sagte O'Toole freundlich. Er wartete höflich, bis Heilmann seinen Kaffee genommen hatte.
»Worum geht's denn?«, fragte der Admiral.
»Ich möchte, dass Sie das Meeting heute früh abblasen.«
»Aber wieso? Wir brauchen die bereitwillige Unterstützung der Restbesatzung; das haben wir beide doch gestern Abend bereits abgesprochen. Je länger wir warten, ehe wir anfangen, desto mehr verschlechtern sich unsere Chancen für einen frühen Rückzug.«
»Ich bin einfach noch nicht bereit«, sagte OToole.
Admiral Heilmann furchte die Stirn. Dann trank er langsam von seinem Gebräu und betrachtete sein Gegenüber eindringlich. »Aha. Verstehe«, sagte er dann ruhig. »Und was außerdem wäre noch vonnöten, damit Sie bereit sind?«
»Ich möchte mit jemandem sprechen, vielleicht mit General Norimoto, und ich möchte eine Erklärung dafür, warum wir Rama vernichten. Sicher, wir beide haben darüber gestern lange gesprochen, aber ich will einfach die Begründung aus dem Mund dessen hören, der diesen Befehl erteilt.«
»Es gehört zu den Pflichten eines Offiziers, Befehlen zu gehorchen. Sie in Zweifel zu ziehen, das könnte als Verstoß gegen die Disziplin angesehen ...«
»Aber Otto, komm mir doch nicht damit«, unterbrach ihn OToole. »Wir haben hier keinen Kriegszustand und keine militärische Operation. Ich weigere mich nicht, einen Befehl auszuführen. Ich will nur einfach sicher sein ...« Seine Stimme erstarb, und OToole blickte starr ins Leere.
»Sicher in welcher Hinsicht?«, fragte Heilmann.
OToole holte tief Luft. »Sicher, dass ich das Richtige tue.«
Mit Norimoto wurde eine Televideokonferenz geschaltet, die Lagebesprechung mit der Newton-Besatzung wurde verschoben. Da es in Amsterdam mitten in der Nacht war, dauerte es eine Weile, bevor die verschlüsselte Nachricht übersetzt und dem COG-Stabschef vorgelegt werden konnte. Wie es typisch für ihn war, verlangte General Norimoto dann etliche Stunden Zeit zur Vorbereitung seiner Antwort, um die »Zustimmung meines Stabes« für den Text seiner Antwort an O'Toole zu formulieren.
Der General und Admiral Heilmann saßen im militärischen Kontrollzentrum der Newton, als die Übertragung eintraf. General Norimoto trug volle Uniform, und er grüßte die Newton-Offiziere ohne ein Lächeln. Er setzte die Brille auf und las einen vorbereiteten Text ab.
»General O'Toole, wir haben die Fragen Ihrer letzten Sendung sorgfältig überprüft. Sämtliche Ihrer Besorgnisse wurden in der Punkteliste erfasst, die wir hier auf der Erde diskutierten, ehe wir zu der Entscheidung gelangten, dass die Operation Trinity durchgeführt wird. Gemäß der Ausnahme-Sondervorschrift, enthalten in den ISA-COGAktionsprotokollen, gehören Sie und die übrigen Militärpersonen der Newton vorläufig zu meinem Sonderstab; ich bin demzufolge Ihr kommandierender Offizier. Die Ihnen übermittelte Nachricht ist demzufolge als Befehl zu betrachten.«
General Norimoto brachte den Schimmer eines Lächelns zustande. »Nichtsdestotrotz«, las er weiter, »haben wir wegen der Bedeutung der in Ihren Befehlen enthaltenen Aktion und wegen Ihrer sichtlichen Besorgnis über deren Auswirkungen drei knappe Statements erarbeitet, um Ihnen das Verständnis unserer Entscheidung zu erleichtern:
Erstens: Wir haben keine Kenntnisse, ob Rama Feind oder Freund ist. Wir
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