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Rendezvous mit Übermorgen

Rendezvous mit Übermorgen

Titel: Rendezvous mit Übermorgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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berechnete rasch die Sende- und Rücksende Lichtzeit plus Minimaldauer einer Ärztekonferenz nach Abschluss der elektronischen Diagnose. Und bis dahin könnte es zu spät sein.
    »Wie ist der Befund, Doktor?«, fragte der General. Seine Augen flehten sie an, die Schmerzen so rasch wie möglich zu beenden.
    »Wahrscheinlichste Diagnose Appendicitis«, antwortete Nicole.
    »Verdammt«, gab der General zurück. Er blickte der Reihe nach alle anderen an. Außer Wilson und Takagishi waren alle versammelt; diese hatten auf den Film verzichtet. »Aber ich werde das Projekt nicht aufhalten. Wir fahren planmäßig mit Ausstieg eins und zwei fort, während ich mich zusammen rapple.« Ein neuer akuter Schmerz ließ ihn zusammenzucken, und sein Gesicht verzerrte sich.
    »Langsam-langsam«, sagte Nicole. »Die Diagnose steht noch nicht völlig fest. Wir brauchen zunächst noch ein paar Daten.« Sie wiederholte den vorigen Daten-Dump und hatte nun zusätzlich die zwei Minuten Information mehr, die seit ihrem Eintreffen am Krankenlager verstrichen waren. Diesmal lautete die Diagnose: APPENDICITIS-WAHRSCHEINLICHKEIT 92%. Sie wollte gerade die Alternativdiagnosen prüfen, als sie den festen Griff des Kommandanten am Arm spürte.
    »Wenn wir das rasch hinter uns bringen, bevor sich zu viel Gift in meinem Körper ansammelt, dann ist das doch eine Routineoperation für den Roboterchirurgen, oder?«
    Nicole nickte.
    »Wenn wir aber Zeit verschwenden, um die Diagnosebestätigung von der Erde abzuwarten, dann - autsch! - gerate ich womöglich noch tiefer ins Trauma?«
    Er liest meine Gedanken , dachte Nicole, bis ihr bewusst wurde, dass Borzow ja nur demonstrierte, wie gründlich vertraut er mit den Abläufen des Newton-Projekts war.
    »Versucht der Patient dem Arzt Vorschläge zu machen?«
    Nicole versuchte, trotz Borzows offensichtlicher Schmerzen, einen fröhlichen Ton.
    »So anmaßend möchte ich eigentlich nicht sein«, antwortete der Kommandant, den Anflug eines Zwinkerns um den Augen.
    Nicole wandte sich wieder dem Monitor zu. Dort blinkte immer noch dasselbe Signal. »Möchten Sie irgendwas zusätzlich dazu sagen?«, fragte sie Janos Tabori.
    »Nur, dass ich schon mal eine Blinddarmentzündung gesehen hab«, antwortete der kleine Ungar. »Einmal, in Budapest, ich war noch Student. Die Symptome waren genau wie hier.«
    »Also gut«, sagte Nicole. »Machen Sie RoSur für die Operation fertig. Admiral Heilmann, würden Sie und Kosmonaut Yamanaka bitte General Borzow rüber ins Lazarett helfen?« Dann wandte sie sich Francesca zu. »Ich begreife natürlich, dass dies für Sie eine Spitzennachricht ist. Ich werde Sie unter drei Bedingungen in den OP lassen. Sie desinfizieren sich genau wie das Operationsteam. Sie bleiben still mit Ihrer Kamera an der Wand stehen. Und Sie befolgen jeden Befehl, den ich Ihnen gebe.«
    »Fair genug, danke«, sagte Francesca zustimmend.
    Nachdem Borzow zwischen Heilmann und Yamanaka gegangen war, blieben Irina Turgenjew und General OToole wartend stehen. »Ich bin sicher, ich spreche für uns beide«, sagte der Amerikaner in seinem gewohnten offenherzigen Ton. »Können wir irgendwie helfen?«
    »Janos wird mir assistieren, während der Roboterchirurg operiert. Aber ich könnte noch ein zusätzliches Paar Hände brauchen, nur für den Notfall.«
    »Ich würde das gern tun«, sagte OToole. »Ich habe von meiner Sozialarbeit her einige Klinikerfahrung.« »Schön. Dann kommen Sie mit. Säuberungsaktion.«
    RoSur, der tragbare »Robot-Surgeon«, den man genau für derartige Notsituationen auf die Newton-Mission mitgenommen hatte, gehörte - was medizinische Perfektion angeht - nicht zur Klasse der vollautonomen Operationssäle, wie sie in fortschrittlicheren Krankenhäusern der Erde üblich waren. Dagegen war RoSur aber ein technisches Wunderwerk für sich. Er ließ sich in ein Köfferchen verpacken und wog nur ganze vier Kilo. Sein Energiebedarf war gering, und er konnte in über hundert Krankheitsfallen eingesetzt werden.
    Tabori packte ihn aus. Verpackt machte der elektronische Chirurg wenig her. Alle seine spindelfeinen Gelenke und Zusatzteile waren säuberlich und äußerst platzsparend verstaut. Nachdem er sich noch einmal in der RoSur-Gebrauchsanweisung vergewissert hatte, hob Janos den Zentralkontrollkasten heraus und schloss ihn vorschriftsmäßig an der Seite des Krankenbetts an, auf dem General Borzow schon bereit lag. Seine Schmerzen hatten nur wenig nachgelassen, und er drängte alle ungeduldig

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