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Rendezvous mit Übermorgen

Rendezvous mit Übermorgen

Titel: Rendezvous mit Übermorgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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Nur war dies eben nicht der stumpfgraue Zylinder, den sie alle vorher erblickt hatten. Dieses Rama-Bild war durch raffinierte Subprogramme koloriert und zeigte nun einen schwarzen Zylinder mit gelbgoldenen Streifen. Das Zylinderende sah fast wie ein Gesicht aus. Es war still im Raum, dann begann Francesca zu rezitieren:
    »Tyger, tyger, burning bright,
    ( Tiger, Tiger, hell entfacht)
    In the forests of the night,
    ( In den Waldungen der Nacht,)
    What immortal hand or eye
    ( Welches Gottes Aug und Hand)
    Could frame thy fearful symmetry?«
    ( Nur dein entsetzlich Gleichmaß band?)
    Nicole spürte, wie ihr ein Frösteln in den Rücken empor glitt, als Francesca zum zweiten Vers ansetzte.
    »In what distant deeps or skies,
    ( Welcher Himmelsabgrund kennt)
    Burnt the fire of thine eyes ...«
    ( Feuer, das im Auge brennt?)
    Und genau das ist die wirklich wichtige Frage, dachte Nicole. Was hat dieses gargantueske Raumschiff gemacht? Das ist für unsere höchste Bestimmung weit wichtiger als das Warum.
    »What the hammer? What the chain?
    ( Was der Hammer? Was die Fessel?)
    In what furnace was thy brain?
    ( Und dein Hirn in welcher Esse?)
    What the anvil? What dread grasp
    ( Amboss was? Wes Griff gepresst)
    Dare its deadly terrors clasp?«
    ( Hielt dein tödlich Schreckbild fest?)
    General O'Toole auf der anderen Tischseite war gleichfalls wie hypnotisiert. Wieder quälte er sich mit den selben fundamentalen Fragen, die ihn beschäftigten, seit er sich um Aufnahme in das Projekt beworben hatte. Wieder fragte er sich: Lieber Gott, wie passen diese Ramaner in DEIN Universum ? Sind sie irgendwie Verwandte von uns ? Warum hast DU sie in dieser Zeit zu uns gesandt ?
    »When the stars threw down their spears
    ( Als die Sterne Speere schössen)
    And water'd heaven with their tears,
    ( Und Tränen in den Himmel gössen,)
    Did He smile His work to see?
    ( Sah lächelnd Er Sein Werk vor Sich?)
    Did He who made the Lamb make thee?«
    (Schuf Er, der auch das Lamm schuf, dich?)
    Als Francesca das kurze Gedicht zu Ende gesprochen hatte, herrschte kurz Stille, dann applaudierten alle. Charmant erwähnte sie, dass Dr. Takagishi die Bildprozessionsarbeit allein geleistet habe, und der sympathische Japaner nahm unter verlegenen Verbeugungen den Applaus entgegen. Dann stand Janos Tabori neben seinem Stuhl. »Ich denke, ich spreche im Namen von uns allen, Shig und Francesca, wenn ich euch zu dieser originellen, nachdenklich machenden Darbietung gratuliere.« Er sagte es mit einem breiten Lächeln. »Es hätte mich fast - aber nicht ganz dazu gebracht, unsere morgige Aufgabe ernst zu nehmen.«
    »Was mir die Gelegenheit bietet«, sagte General Borzow am Kopfende des Tischs und schwenkte die bereits geöffnete Flasche ukrainischen Wodkas, von dem er schon zwei kräftige Schlucke getrunken hatte, »eine uralte russische Tradition wieder aufleben zu lassen - die Trinksprüche. Ich habe nur zwei Fläschchen von diesem unserem Nationalschatz mit auf die Reise genommen, aber ich gedenke sie, meine Kameraden und Kollegen, beide am heutigen so besonderen Abend mit euch zu leeren.«
    Er drückte beide Flaschen General O'Toole in die Hände, und dieser benutzte geschickt den Flüssigkeitsdispenser und füllte den Wodka in kleine Deckelbecher, die dann um den Tisch gereicht wurden. »Wie Irina Turgenjewa euch bestätigen kann«, sprach der General weiter, »liegt auf dem Grund einer ukrainischen Wodkaflasche immer ein kleiner Wurm. Und es geht die Sage, wer den Wurm isst, der soll vierundzwanzig Stunden lang mit besonderen Kräften ausgestattet sein. Admiral Heilmann hat zwei der Gläschen am Fuß mit einem infraroten Kreuz markiert. Und die zwei unter uns mit dem Kreuz werden jeder einen der wodkagetränkten Würmer essen dürfen.«
    »Jääch«, sagte Janos kurz darauf und reichte den Infrarotscanner an Nicole weiter. Er hatte sich zuvor natürlich vergewissert, dass sein Becher unmarkiert war. »Bei dem Wettbewerb bin ich gern Verlierer.«
    Nicoles Becher hatte die Markierung. Also war sie einer der zwei glückbegünstigten Kosmonauten, die einen ukrainischen Wurm als Nachspeise essen durften. Sie überlegte: Muss ich sowas wirklich tun ? Und dann gab sie sich selbst die bejahende Antwort, als sie den ernsten Gesichtsausdruck ihres Kommandanten sah. Also schön! Wahrscheinlich wird es mich ja nicht umbringen. Eventuelle Parasiten sind wahrscheinlich durch den Alkohol neutralisiert.
    Das zweite Kreuz hatte General Borzow selbst. Er legte lächelnd einen

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