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Rendezvous mit Übermorgen

Rendezvous mit Übermorgen

Titel: Rendezvous mit Übermorgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur C. Clarke
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der winzigen Würmer in seinen Becher, den anderen in Nicoles und hob den Wodka zur Decke.
    »Trinken wir alle auf den Erfolg der Mission«, sagte er. »Für uns alle werden die kommenden Tage und Wochen das größte Abenteuer unseres Lebens sein. In einem ganz realen Sinn sind wir zwölf die Sendboten der Menschheit zu einer fremden Kultur. Lasst uns also allesamt fest entschlossen unser Bestes tun und unsere Rasse würdig vertreten.«
    Er hob den Deckel von seinem Becher, bemüht, ihn ganz ruhig zu halten, und trank dann den Inhalt auf einen Zug. Den Wurm schluckte er als Ganzes. Auch Nicole aß den Wurm rasch, wobei sie im Stillen kommentierte: Das Einzige, was ich je gegessen habe, das noch grässlicher schmeckte, war diese scheußliche Knolle bei meiner Poro-Zeremonie an der Elfenbeinküste.
    Nach mehreren anderen kurzen Trinksprüchen verdunkelten sich die Lichter im Raum. Dann verkündete General Borzow mit weit ausholender Geste: »Und nun präsentiert Ihnen die Newton voll Stolz direkt aus Stratford - Richard Wakefield und seine talentierten Roboter.« Mit Ausnahme einer einen Quadratmeter großen Fläche links vom Tisch unter einem Deckenspotlicht wurde der Raum ganz dunkel. Im Zentrum des Lichtkegels befand sich der Kulissenausschnitt einer alten Burg. Ein zwanzig Zentimeter großer weiblicher Roboter in einer langen Robe ging in einem der Gemächer auf und ab. Bei Beginn der Szene las sie einen Brief. Jedoch nach ein paar Schritten ließ sie die Hände sinken und begann zu sprechen.
    »Glamis thou art, and Cawdor; and shalt be
    ( Glamis bist du, und Cawdor; und sollst werden,)
    What thou art promised. Yet do I fear thy nature:
    ( Was dir verheißen ward. Doch fürcht ich dein Gemüt;)
    It is too füll o'th'milk of human kindness
    ( Es ist zu voll von Milch der Menschenliebe,)
    To catch the nearest way. Thou wouldst be great... «
    (Das Nächste zu erfassen. Groß möchtest du sein ...)
    »Ich kenne dieses Weib«, sagte Janos mit einem schiefen Grinsen zu Nicole. »Ich bin ihr schon früher irgendwo begegnet.«
    »Schscht«, zischte Nicole. Die Präzision, mit der sich diese kleine »Lady Macbeth«, bewegte, faszinierte sie. Dieser Wakefield ist wirklich genial , dachte sie. Wie bringt er es bloß zustande, den kleinen Maschinen so außergewöhnlich viele Details einzubauen? Der mimische Spielraum im Gesicht der Roboter-Lady verblüffte sie.
    Und je mehr sie sich konzentrierte, desto mehr verschwamm die Miniaturbühne für Nicole, und sie vergaß für den Augenblick, was sie sah: mechanische Zwerge in einem Puppentheater. Ein Bote trat auf und verkündete der Lady, dass ihr Gemahl sich nahe und dass König Duncan die Nacht in ihrer Burg zu verbringen gedenke. Fasziniert sah Nicole, wie das Gesicht des Roboters, kaum war der Bote abgetreten, sich in gieriger Erwartung verzerrte.
    »... Come you Spirits
    ( ... Kommt, Geister, die ihr lauscht)
    That tend on mortal thoughts. Unsex me here
    ( Auf Mordgedanken, und entweiht mich hier;)
    And fall me, from the crown to the toe, top-full
    ( Füllt mich vom Wirbel bis zur Zeh randvoll)
    Of direst cruelty! Make thick my blood ...
    ( Mit wilder Grausamkeit! verdickt mein Blut...)
    Mein Gott, dachte Nicole und blinzelte, um sicherzugehen, dass nicht ihre Augen ihr ein Schnippchen schlugen, sie verändert sich tatsächlich! Und so war es. Bei den Worten »Unsex me here«, begann sich die Gestalt des Roboters zu verwandeln. Der Eindruck von Brüsten unter dem Metallkleid, die Rundung der Hüften, ja sogar die Weichheit des Gesichts vergingen völlig, und ein androgyner Roboter spielte weiter Lady Macbeth.
    Nicole befand sich wie schwebend in einem Bann, in einer Phantasie, die zugleich von ihrem ungezügelten Vorstellungsvermögen und dem plötzlichen Alkoholgenuss ausgelöst wurden. Das neue Robotergesicht erinnerte sie vage an jemanden, den sie kannte. Zu ihrer Rechten nahm sie eine Störung wahr, drehte sich hinüber und sah, dass Reggie Wilson heftig auf Francesca einredete. Nicole schaute rasch von Francesca zur Lady Macbeth .Ja, das ist es - die verwandelte Lady ähnelt Francesca.
    Eine heftige Furcht, die Vorahnung von einer Tragödie, packte Nicole urplötzlich und versetzte sie in Panik. Es wird was Furchtbares geschehen, hörte sie eine Stimme in ihrem Kopf sagen. Sie atmete mehrmals tief durch und versuchte sich zu beruhigen, doch das unheimliche Gefühl wollte nicht von ihr weichen. Auf der Minibühne hatte die Burgherrin soeben König Duncan freundlich als

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