Rendezvous mit Übermorgen
wuchsen die kleinen Haufen auf deren Rücken weiter an.
»Das muss die ramanische Müllabfuhr sein«, sagte Francesca, und alle lachten.
»Aber Sie werden jetzt verstehen, warum ich rasch vordringen will«, sprach Brown weiter. »Der kurze Film, den wir gerade sahen, ist in diesem Moment unterwegs zu sämtlichen Fernsehsendern der Erde. Mehr als eine Milliarde unserer Mitbrüder und -Schwestern auf der Erde werden dies heute mit eben der Mischung aus Furcht und Faszination sehen, wie Sie alle sie soeben fühlten. Stellen Sie sich vor, was für großartige Forschungslabors wir werden einrichten können, um diese Wesen zu untersuchen. Stellen Sie sich vor, was wir daraus lernen werden ...«
»Wie kommen Sie auf den Gedanken, dass Sie so ein Ding fangen könnten?«, fragte OToole. »Die sehen doch aus, als könnten sie ganz schön lästig werden.«
»Wir sind sicher, dass diese Wesen, obwohl sie wie Lebewesen aussehen, eigentllich Roboter sind. Deswegen auch die Bezeichnung >Biot<, die sich während und nach der ersten Rama-Expedition so großer Beliebtheit erfreute. Aufgrund sämtlicher Berichte von Norton und der anderen Rama-I-Kosmonauten wissen wir, dass jeder dieser Bioten für eine einzige Funktionsausübung konstruiert ist. Soweit wir wissen, verfügen sie über keine Intelligenz. Also sollte es uns gelingen, sie zu überlisten ... und zu fangen.«
Auf dem Riesenschirm eine Großaufnahme einer der scherenartigen Klauen. Sie waren anscheinend äußerst scharf. »Ich weiß nicht«, sagte General O'Toole. »Ich neige zu dem Vorschlag von Dr. Takagishi, wir sollten sie ganz schön ausgiebig erst einmal beobachten, ehe wir versuchen, eins von den Dingern einzufangen.«
»Ich bin anderer Meinung«, sagte Francesca. »Vom Standpunkt eines Journalisten aus kann es einfach keine bessere Story geben als den Versuch, so ein Ding zu erwischen. Die ganze Erde wird zuschauen. Und vielleicht bietet sich uns nie wieder eine solche Chance.« Sie ließ das kurz einwirken. »Die ISA bedrängt uns schon die ganze Zeit wegen ein paar optimistischerer Sendungen. Der Borzow-Unfall hat nicht gerade dazu beigetragen, die Steuerzahler drunten zu überzeugen, dass ihre Weltraum-Groschen vernünftig verwendet werden.«
»Warum können wir nicht beide Aufgaben beim selben Einsatz erledigen?«, fragte General O'Toole. »Ein Teilteam könnte New York erkunden, ein zweites einen Krebs zu erwischen versuchen.«
»Kommt nicht in Frage«, antwortete Nicole. »Wenn es das Ziel dieser Exkursion ist, einen Bioten zu ergreifen, dann sollten wir sämtliche Ressourcen in der Richtung einsetzen. Vergessen Sie nicht, wir verfügen nur über begrenzte menschliche Arbeitskraft und Zeit.«
»Unglücklicherweise«, sagte Dr. Brown nun mit einem schwachen Lächeln, »können wir nicht zu einem einhelligen Beschluss des Komitees gelangen. Und da keine Einstimmigkeit vorliegt, bin ich gezwungen zu entscheiden ... Also, Ziel des nächsten Einsatzes ist demzufolge das Einfangen eines dieser Krebs-Bioten. Ich setze voraus, dass Admiral Heilmann sich meiner Entscheidung anschließt. Wenn nicht, werden wir den Punkt der Besatzung zur Abstimmung vorlegen.«
Die Konferenz löste sich nur langsam auf. Dr. Takagishi versuchte ein weiteres Argument vorzubringen, indem er darauf verwies, dass die Biotenspezies in der Vielzahl, wie die ersten Rama-Erforscher sie gesehen hatten, erst nach dem Auftauen des Zylindrischen Meeres in Erscheinung getreten seien. Aber niemand mochte ihm mehr so recht zuhören. Sie waren allesamt müde.
Nicole schaltete heimlich ihren Biometrie-Scanner ein, als sie zu Dr. Takagishi trat. Das Warnsegment blieb leer. »Sie sind sauber wie ein Samuraischwert«, sagte sie mit einem Lächeln.
Doch Takagishi sah ihr sehr ernst in die Augen. »Diese Entscheidung war ein Fehler«, sagte er düster. »Wir sollten wirklich nach New York gehen.«
27 Einen Bioten fängt man
»Seien Sie nur ja ganz vorsichtig«, sagte Admiral Heilmann zu Francesca. »Es macht mich nervös, wenn Sie sich so weit hinausbeugen.«
Signora Sabatini hatte die Füße unter dem Sitz des Hubschraubers verhakt und beugte sich weit aus der offenen Tür. In der Rechten hielt sie eine kleine Videokamera. Drei, vier Meter unter ihr, und anscheinend von der dröhnenden Maschine völlig unbeeindruckt, zockelten die sechs Krebs-Bioten zielstrebig dahin. Sie bildeten wieder diese Phalanxformation wie die ersten drei Reihen Kegel auf einer Bowlingbahn.
»Ziehen Sie rüber übers
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