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Rendezvous um Mitternacht

Rendezvous um Mitternacht

Titel: Rendezvous um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Laurie
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können.«
    »Ja, M. J. hat solche Portale schon erwähnt. Glauben Sie, mein Großvater benutzt eines?« Mir war klar, warum er besorgt klang: Ich hatte ihm ja erzählt, dass Portale nur von bösartigen Energien genutzt wurden.
    »Nein, das nicht. Aber vielleicht gibt es noch einen anderen Geist, und wir wollen ja schließlich das Haus von allen gestrandeten Seelen befreien, ob gut oder schlecht.«
    Steven schüttelte den Kopf. »Wenn meine deutschen Kollegen uns jetzt hören könnten! Sie wären sicher nahe daran, mir die Approbation zu entziehen.«
    Ich lächelte. »Manchmal ist es schon ein bisschen surreal. Oder sagen wir mal: wenn man nicht meine Erfahrungen hat.«
    Gilley wischte sich den Mund ab und rückte seinen Stuhl vom Tisch ab. »Alle fertig?«
    »Fertig«, bestätigte ich, stand auf und hob mir Doc auf die Schulter. »Glauben Sie, jemand sollte sich um Helen kümmern?«, fragte ich Steven.
    »Ich denke, man sollte sie jetzt besser allein lassen«, sagte er. »Ich werde sie später anrufen und mich versichern, dass es ihr gut geht.«
    Wir entschieden uns, Doc im B&B zurückzulassen, da das angesichts des höchst aktiven, unberechenbaren Poltergeistes wohl am besten war. Zwanzig Minuten später langten wir ohne Zwischenfall wieder am Jagdhaus an. Schon auf der kleinen Zufahrtsstraße hielt Gilley das Lenkrad fest umklammert. Seine Fingerknöchel waren kalkweiß.
    »Kriegst du das hin?«, fragte ich ehrlich besorgt.
    »Ja«, gab er grimmig zurück. »Aber ich will weiterhin in den Van abhauen dürfen, wenn’s zu heiß hergeht.«
    Ich lachte und klopfte ihm auf den Rücken. »Armer Gil. Und alles nur wegen eines Mannes, der dir auf ewig unerreichbar bleiben wird.«
    Er bedachte mich mit einem stechenden Blick. »Was soll das heißen?«
    »Doc Sahneschnitte. Du bist verknallt.«
    »Nein, nicht das«, wehrte Gil ab. »Was meinst du mit unerreichbar?«
    Ich musste über seinen ernsten Gesichtsausdruck lachen. »Er ist hetero, Süßer.«
    »Er ist Europäer. Das heißt so viel wie schwul.«
    »Er ist Latino«, widersprach ich.
    »Oh, ich muss mich berichtigen! Er ist nicht schwul … er ist bi.«
    Ich gab auf. »Wenn s dich glücklich macht.«
    Wieder parkten wir hinter Steven, stiegen aus und begannen unsere Sachen auszuladen. Als alles die Vortreppe heraufgeschafft war, öffnete Steven die Haustür. Zu dritt traten wir ein, die Ohren gespitzt, ob irgendwo ein Fernseher plärrte. Doch es herrschte Grabesstille. Also fing ich an, die Ausrüstung hineinzubringen. Gil und Steven schlössen sich mir an, aber immer mal wieder erwischte ich einen von ihnen, wie er innehielt und lauschte.
    »Die Fernseher?«, fragte Gilley, als alles drinnen war.
    Ich nickte und sah Steven fragend an. »Können wir die Fernseher irgendwo lagern, wo sie nicht zu Schaden kommen?«
    »Unter der Küche ist ein Weinkeller. Dort sollten sie gut aufgehoben sein.«
    Mit höflicher Geste ließ ich ihm den Vortritt, und wir machten uns zuerst an die Geräte im Erdgeschoss. Dabei verschaffte ich mir einen Überblick über die Räumlichkeiten. Die waren wahrlich beeindruckend. Allein im Erdgeschoss zählte ich vierzehn Zimmer, komplett mit Gourmet-Küche, Salon, Solarium, Bibliothek, Speisesaal, Glasveranda und Hallenswimmingpool. Die Einrichtung war feudal, hauptsächlich antike Stücke im Empirestil, die gut mit der Architektur des Hauses harmonierten.
    Während Gilley und Steven den ersten Fernseher vorsichtig in den Keller schleppten, blieb ich einen Augenblick lang allein in der Küche. Ich schloss die Augen und schaltete meinen geistigen Radar ein. Tatsächlich nahm ich sofort etwas wahr, aber nur vage: den Geist eines älteren Mannes. Ein Gefühl der Verwirrung schien ihn zu umgeben. Dann trieb er davon.
    Ich öffnete die Augen und sah nach draußen. Das Fenster über der Spüle ging auf den Park hinaus, zur Rechten war ein Stück der nach vorn ausgebauten Swimmingpool-Halle zu sehen. Meine Intuition zog mich dorthin; ja, ich verspürte geradezu ein starkes Gefühl der Dringlichkeit, dorthin zu gehen. Links neben dem Fenster gab es eine Tür nach draußen. »He, Leute?«, rief ich die Treppe hinunter. »Ich komme gleich wieder.« Dann trat ich durch die Tür.
    Im ersten Moment musste ich die Augen mit der Hand vor der Sonne schützen – ich hatte meine Sonnenbrille drinnen gelassen. Ich blinzelte ein paarmal und lenkte dann meine Schritte, wohin mein Instinkt mich führte. An der hinteren Wand des Swimmingpools blieb ich stehen. Ich

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