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Rendezvous um Mitternacht

Rendezvous um Mitternacht

Titel: Rendezvous um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Laurie
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ging in die Hocke und legte die Hand auf den Boden, der voller Laub und Kies war. Vor meinem geistigen Auge sah ich einen Rechen. Ich lächelte. Oh ja, dieser Platz verdiente nähere Untersuchung. Im Aufstehen fragte ich mich, warum ich gerade hierher gelenkt worden war, also sah ich mich genauer um.
    Hinter mir begann jenseits eines gepflegten Rasenstücks der Wald, der sich erstreckte, so weit der Blick reichte. Ich fühlte den Drang, ihn zu betreten, beschloss aber, damit besser bis nach dem Basistest zu warten. Gerade als ich mich zum Haus umdrehte, fühlte ich einen neuen, viel stärkeren Zug nach rechts. Ich hielt inne, um der Kraft nachzuspüren. Wenn ein Geist will, dass ich in eine bestimmte Richtung gehe, zieht er an mir. Je stärker das Ziehen, desto dringender will der Geist meine Aufmerksamkeit. Diesmal war er unglaublich stark, viel stärker als der zum Pool oder in den Wald. Neugierig folgte ich ihm und kam an ein großes Fenster. Dahinter lag die Bibliothek. Als ich einen Schritt beiseitetrat, spürte ich schon das nächste Ziehen, diesmal senkrecht nach oben. Ich sah hinauf. Mein Blick blieb an einem Fenster im zweiten Stock hängen. Ich hätte schwören können, dass sich dort ein Vorhang bewegte. Langsam entfernte ich mich rückwärts von der Hauswand, die Augen weiter auf das Fenster geheftet. Es schaute geschlossen aus, also konnte keine Zugluft den Vorhang bewegt haben. Und dann sah ich einen Stock tiefer einen weiteren hauchzarten Vorhang sich aufbauschen, und eine dunkle, schattenhafte Gestalt, die dahinter vorüberhuschte.

»M. J.!«, hörte ich Gilley rufen.
    Vor Schreck zuckte ich zusammen. »Was?«, rief ich und löste den Blick von dem Fenster.
    Steven und Gilley standen in der Küchentür. »Was ist los?«, fragte Gilley.
    Ich zeigte auf das Fenster. »Ich dachte, ich hätte da jemanden gesehen. Steven, was für ein Zimmer ist das?«
    Er antwortete erst nach einer Pause. Auf seinem Gesicht zeichnete sich Bestürzung ab. »Das Schlafzimmer meines Großvaters. Und an der Stelle, wo Sie stehen, hat man ihn gefunden.«
    Unwillkürlich trat ich ein Stück beiseite. Gilley und Steven kamen zu mir, und zu dritt schauten wir an der Fassade hoch.
    »Ich dachte, Ihr Großvater sei vom Dach gefallen«, sagte Gilley.
    »Ist er. Sein Schuh wurde auf dem Dachvorsprung genau über seinem Schlafzimmer gefunden, und das Fenster dieses Schlafzimmers war offen.« Steven deutete auf das Fenster direkt über dem zu Andrews Zimmer.
    Ich sah wieder zu dem obersten Fenster. »Komisch. Mir war, als hätte ich dort auch was gesehen.«
    »Sie meinen, dort war jemand?«, fragte Steven.
    Ich zuckte die Schultern. »Etwas. Was genau, kann ich momentan nicht sagen.«
    »Was konntest du denn erkennen?«, fragte Gilley.
    »Im zweiten Stock hat sich ein Vorhang bewegt. Und dann auch im ersten. Und dort ist außerdem ein dunkler Schatten am Fenster vorbeigehuscht. Ich würde sagen, entweder ist außer uns noch jemand hier im Haus, oder es ist Andrew, der sich bemerkbar machen will.«
    Steven drehte sich zum Haus um. »Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden.«
    Wir folgten ihm wieder nach drinnen und durch das Labyrinth der Räume zur Treppe im Foyer. Auf dem Weg in den ersten Stock bemerkte Gilley keuchend: »Kaum zu glauben, dass Ihr Großvater immer all diese Treppen gestiegen ist.«
    »Von der Küche führt ein Aufzug in seine persönlichen Räume.«
    »Hätten wir nicht den nehmen können?«, beschwerte sich Gilley.
    »Er ist sehr langsam und macht schrecklichen Lärm.«
    In diesem Augenblick hörten wir es: ein lautes Kreischen und Rumpeln, das aus einem der Zimmer am Ende des Flurs im ersten Stock zu kommen schien. Wir stürmten hin und sahen gerade noch, wie sich die Aufzugtür schloss. »Kommen Sie, er fährt zurück zur Küche!«, rief Steven und sprintete schon wieder in den Flur. Wir hetzten ihm nach die Treppe hinunter, im Wettlauf gegen den Aufzug. Ganz schwach hörten wir ihn abwärtsrumpeln. Außer Atem erreichten wir das Erdgeschoss und stürmten wieder in die Küche, gerade als der Aufzug zum Halten kam.
    Steven stellte sich davor, einen Arm zu mir hin ausgestreckt, um mich zurückzuhalten. Gilley nahm neben ihm Aufstellung, und wir machten uns auf alles gefasst, als sich die Aufzugtür langsam öffnete.

6
     
     
    Mit einem grauenhaften Ächzen fuhr die Doppeltür auseinander, und ich war bereit, uns drei gegen einen böswilligen Poltergeist zu verteidigen. Während die Öffnung sich vergrößerte,

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