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Rendezvous um Mitternacht

Rendezvous um Mitternacht

Titel: Rendezvous um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Laurie
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spähte ich nach allem, was uns gefährlich werden konnte, doch als die Türen ganz in der Wand verschwunden waren, lag vor uns die leere Kabine. Gilley stieß den Atem aus, den er angehalten hatte. »Meine Güte, ist das gruselig.«
    Steven machte einen Schritt in den Aufzug hinein. Ich sah, wie ihn ein Schauder überlief.
    »Was ist?«
    »Kalt wie Eis hier drin«, antwortete er und drehte sich mit ausgestreckten Armen einmal um sich selbst.
    Gilley holte aus seiner Hosentasche ein Digitalthermometer hervor, schaltete es ein und hielt es in den Aufzug. »Stimmt«, sagte er mit Blick auf das Display. »Elf Grad da drin.« Er stellte den Zähler zurück und las nochmals ab. »Und dreiundzwanzig hier draußen. Definitiv ein Poltergeist.« Seine Kiefermuskeln spannten sich.
    »So sicher können wir das noch nicht sagen«, warnte ich ihn. Gerade als ich das sagte, bemerkte ich, dass Steven in der Kabine leicht schwankte. »Steven?«, fragte ich und trat einen Schritt näher. Da verdrehten sich seine Augen, und er taumelte gegen die Kabinenwand. »Mist!«, fluchte ich und sprang hinzu, um ihn aufzufangen, weil seine Knie nachgaben.
    »Ich fühle mich komisch«, sagte er schwach und tastete nach seiner Stirn.
    »Hilf mir!«, rief ich Gilley zu. »Wir müssen ihn nach draußen bringen, aber ‚sofort!«
    »Was ist mit ihm?« Gilley stützte ihn auf der anderen Seite, und wir schleiften ihn aus der Kabine.
    »Er absorbiert zu viel Energie – schnell, sonst verliert er das Bewusstsein!«, schrie ich.
    Es war keine leichte Aufgabe, Steven aus dem Haus zu schaffen, da er deutlich größer und schwerer war als Gilley oder ich. Doch endlich waren wir draußen, setzten ihn aufs Gras, und ich kniete mich über seine Beine und hielt ihm den Kopf, der unkontrolliert hin- und herpendelte. »Steven! Hören Sie!«, befahl ich streng und sah ihm in die blicklosen Augen. »Sie haben was von der Energie im Aufzug abgekriegt. Sie müssen sich auf meine Stimme konzentrieren und da rauskommen. Verstehen Sie?«
    Steven gab nur unartikulierte Laute von sich.
    »Was passiert mit ihm?«, fragte Gilley mit kieksiger Stimme.
    »Wahrscheinlich war sein Großvater im Aufzug und kam direkt aus der Zwischenebene. Steven hat etwas von der Restenergie des Übergangs aufgenommen und ist jetzt ziemlich benebelt. Gleich wird er entweder bewusstlos, oder ihm wird kotzübel.«
    Gilley wich ein kleines Stück zurück. »Und was können wir da machen?«
    »Versuchen, ihm zuzureden, dass er zurückkommt. Kannst du mir einen Schluck Wasser holen, Gil?«
    »Du willst, dass ich da wieder reingehe … ganz allein?«, fragte er, noch immer ziemlich schrill.
    »Verdammt noch mal, Gil, jetzt geh endlich und hol mir ein Glas Wasser!«, fuhr ich ihn aufgebracht an.
    »Okay, okay!« Er sprang auf und eilte ins Haus.
    Ich hielt weiter Stevens Kopf und redete auf ihn ein. »Steven.
    Hören Sie mir bitte zu. Sie müssen auf meine Stimme zugehen. Konzentrieren Sie sich auf meine Worte. Versuchen Sie, ihren Sinn zu erfassen. Versuchen Sie, die Sonne auf der Haut zu spüren, und das Gras, auf dem Sie sitzen. Hier«, ich nahm seine Hand und drückte sie mit der Handfläche nach unten auf den Rasen. »Spüren Sie, wie sich das Gras anfühlt? Riechen Sie die Blumen? Versuchen Sie, es zu spüren, ganz fest, tun Sie’s für mich.« Steven gab wieder unverständliche Laute von sich, aber nach ein paar Wimpernschlägen begann sein Blick sich zu klären. »Weiter so!«, sagte ich. »Sehr gut. Da, spüren Sie den leichten Wind? Und hören Sie die Vögel?«
    Kaum merklich nickte er.
    »Sehr gut! Weiter so! Hören Sie auf meine Stimme, und fühlen Sie die Welt um sich.«
    »Hier, das Wasser«, sagte Gilley leise neben mir.
    »Danke, Süßer«, erwiderte ich ruhig. Mein Ausraster tat mir schon wieder leid.
    »Kann ich noch was tun?«
    »Er kommt allmählich zurück, aber es kann trotzdem nichts schaden, ihm Hände und Füße zu massieren.«
    »Schon erledigt.« Flink begann Gilley ihm Schuhe und Socken auszuziehen.
    Ein paar Minuten später war Steven einigermaßen wiederhergestellt. »Das war furchtbar«, sagte er, die Hand auf den Magen gedrückt. »Mir ist sehr elend.«
    »Lassen Sie sich noch ein bisschen Zeit«, riet ich ihm. »Das geht gleich vorbei.«
    »Was ist geschehen?«
    »In dem Aufzug war wahrscheinlich viel von der Energie Ihres Großvaters, der gerade aus der Zwischenebene kam, und Sie haben eine Menge davon absorbiert, sodass bei Ihnen das Gefühl entstand, als würden

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