Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rendezvous um Mitternacht

Rendezvous um Mitternacht

Titel: Rendezvous um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Laurie
Vom Netzwerk:
seit damals mit Schuldgefühlen herumgeschlagen haben. »Jederzeit wieder. Und danke für die Drinks.«
    Nachdem Chris weg war, sagte Steven: »Kommen Sie. Es wird spät, und ich habe den Eindruck, Miss Holliday würde morgen gern so früh wie möglich anfangen.«
    Ich lachte leise. »Miss Holliday hätte sogar noch früher angefangen, wenn nicht ihre beiden Kameraden fahnenflüchtig geworden wären.« Dann wurde-ich ernst. »Hören Sie«, sagte ich und sah auch Gilley an. »Ganz gleich, was noch passiert, wir sollten uns alle drei schwören, dass wir nicht wieder von hier verschwinden, ehe wir alles in unserer Macht Stehende getan haben, um mit Andrew Kontakt aufzunehmen. Abgemacht?«
    »Abgemacht«, sagte Steven fest.
    Gilley beschäftigte sich angelegentlich mit dem Reißverschluss seiner Jacke, bis ich ihm einen Rippenstoß versetzte. Da gab er auf. »Okay, okay. Aber ich behalte mir das Recht vor, mich in den Van zu den Geräten zu retten, wenn’s mir zu brenzlig wird.«
    Seufzend tätschelte ich Gilley die Schulter und gab mich wohl oder übel damit zufrieden.
    Als ich am nächsten Morgen mit Doc auf der Schulter die Treppe hinunterging, begrüßte mich eine hochgewachsene, etwas mollige Frau von Ende Fünfzig. Sie hatte krauses blondes Haar und helle, reine Haut. »Guten Morgen«, sagte sie munter. »Ich bin Helen Scottsdale.«
    »Freut mich«, sagte ich, schüttelte ihr die Hand und stellte mich vor. Doc stieß einen Pfiff aus und legte den Kopf schief.
    »Ach, was für ein hübscher Vogel!«, rief sie.
    »So ein hübscher Vogel!«, gurrte er. »So ein hübscher Vogel! Doc Sahneschnitte!«
    Ich musste lachen. »Papageien! Nicht zu glauben, was die für ein Ego haben.«
    Auch Helen lachte. »Steven ist schon im Esszimmer. Es gibt Rührei, Bacon und Toast. Mag Ihr Vogel vielleicht etwas Obst?«
    »Gern«, sagte ich und schnippte Doc spielerisch gegen den Schwanz. Er drehte sich auf meiner Schulter einmal um sich selbst, wie um uns anschaulich zu demonstrieren, wie unverschämt hübsch er doch war.
    Im Esszimmer saß Steven am Kopfende des Tisches, in eine Zeitung vertieft. »Morgen«, sagte ich und setzte mich.
    Er warf mir über den Rand der Zeitung einen Blick zu. »Guten Morgen, M. J. Haben Sie gut geschlafen?«
    »Nicht besonders«, gab ich ehrlich zu. »An fremden Orten fällt mir das schwer.«
    »Schwer? Warum?«
    Aus der Schüssel in der Tischmitte schöpfte ich mir etwas Rührei auf den Teller. Dann erklärte ich: »Man könnte mich vielleicht mit einer Telefonzelle vergleichen, von der man ins Ausland telefonieren kann. Und die sind nun mal rar gesät. Also habe ich immer, wenn ich in eine neue Gegend komme, sofort eine Schlange von Anrufern vor mir warten.«
    Steven legte die Zeitung weg. »Ich glaube, diese Telefonzellen-Gleichung verstehe ich nicht.«
    »Vergleich«, korrigierte ich und schob mir etwas Rührei in den Mund. Kauend überlegte ich, wie ich meine Einschlafschwierigkeiten besser beschreiben könnte. »Ich hatte heute Nacht sämtliche toten Verwandten von Helen da, die mit ihr reden wollten. Als wäre ich die Leitung für ein Ferngespräch. Sie haben sich verzweifelt um meine Aufmerksamkeit bemüht, von einer Frau namens Betsy oder Betty – wohl ihrer Mutter – bis hin zu einem gewissen Brian, der vermutlich ihr Bruder war. Ein Typ namens Arnold war besonders penetrant. Er hat mich einfach nicht in Ruhe gelassen. Er hat ständig von einem See geredet und dass er nicht ahnen konnte, dass es beim Angeln passieren würde. Keine Ahnung, was.«
    In diesem Moment klirrte es hinter uns; wir fuhren beide zusammen, und ich sah mich hastig um. Da stand Helen mit entsetztem Gesicht, und vor ihr am Boden lagen die Scherben des Tellers, auf dem das Obst für Doc gewesen war. »Sagten Sie Arnold?«, fragte sie, nach Luft ringend.
    »Öh …« Ich warf Steven einen Blick zu. Es war mir völlig entgangen, dass sie hereingekommen war. »Ja. Hat Steven Ihnen denn nicht erzählt, dass ich mit Verstorbenen sprechen kann?«
    »Er hat es erwähnt«, sagte sie und bückte sich, um die Porzellanstücke aufzusammeln.
    Ich setzte Doc auf die Stuhllehne und bückte mich, um ihr zu helfen. »Tut mir leid«, sagte ich. »Manchmal bin ich nicht besonders einfühlsam.«
    »Nein, schon gut«, wehrte sie ab. Ich bemerkte, dass ihre Hände zitterten. »Aber dürfte ich Sie vielleicht fragen … was hat Arnold gesagt?«
    Ich sah ihr in die Augen und erkannte, dass sie etwas quälte. Im selben Moment prallte Arnold mit

Weitere Kostenlose Bücher