Rendezvous
fortlaufen.«
»Papa? Papa, was tust du Augusta?« Merediths Stimme war schrill vor Angst, als sie umkehrte und schnell auf ihren Vater zukam.
»Ich küsse deine Mutter, Meredith. Sei so gut und kümmere dich um ihre Stute, ja? Wir wollen doch nicht, dass sie fortläuft.«
»Du küsst sie?« Meredith bekam große Augen. »Ach so, ich verstehe. Mach dir um Augustas Stute keine Sorgen, Papa. Ich werde sie einfangen.«
Harry machte sich nicht die geringsten Sorgen um die Stute, die nur bis zur nächsten Lichtung gewandert war, auf der dichte Grasbüschel wuchsen. Alles, was ihn im Moment wirklich interessierte, war, wie er Augusta in sein Bett bekam. Der Kampf hatte nur zwei Nächte und drei Tage angedauert, aber das waren entschieden zwei Nächte und drei Tage zuviel.
»Also wirklich, Harry. Du musst mich augenblicklich loslassen. Was soll den Meredith denken?« Augusta schaute finster zu ihm auf, während er sie in seinen Armen wiegte.
»Seit wann legst du so großen Wert auf Sittsamkeit, Frau?«
»Ich beschäftige mich zunehmend mehr damit, seit ich Mutter einer Tochter geworden bin«, murrte Augusta.
Harry lachte schallend.
Am späten Abend öffnete Harry die Tür zu Augustas Schlafzimmer und fand sie vor ihrer Frisierkommode vor. Ihre Zofe war gerade damit fertig geworden, ihrer Herrin bei den Vorbereitungen zum Schlafengehen behilflich zu sein.
»Das wäre dann alles, Betsy«, sagte Augusta und sah Harry im Spiegel wohlwollend an.
»Ja, Ma'am. Gute Nacht, Sir.« In Betsys Augen stand ein zufriedener und wissender Ausdruck, als sie sich mit einem Knicks verabschiedete und zur Tür hinausging.
Augusta stand mit einem zaghaften Lächeln auf. Ihr Morgenmantel öffnete sich, und Harry sah, dass ihr Nachthemd aus hauchdünnem Musselin war. Er konnte sehen, wie ihre zarten Brüste sich unter dem nahezu durchsichtigen Stoff abzeichneten. Als er es seinem Blick gestattete, tiefer nach unten zu gleiten, sah er den dunklen dreieckigen Schatten über ihren Schenkeln. Plötzlich wurde er sich seiner Erregung schmerzlich bewusst.
»Ich nehme an, du bist gekommen, um das Gedicht zu holen?« sagte Augusta.
Harry schüttelte den Kopf und lächelte lasziv. »Das Gedicht kann warten, Frau. Ich bin deinetwegen hier.«
13. Kapitel
Als Augusta lange Zeit später aufstand, war ihr Körper noch warm von der Liebe. Sie zündete eine Kerze an und trug sie zu ihrer Frisierkommode. Hinter ihr im Bett rührte sich Harry.
»Augusta? Was tust du da?«
»Ich hole Richards Gedicht.« Sie öffnete die kleine Truhe, die die Kette ihrer Mutter und das zusammengehaltene Blatt Papier enthielt, das sie seit zwei Jahren aufbewahrte.
»Das hat Zeit bis morgen.« Harry zog sich auf die Ellbogen und betrachtete sie mit zusammengekniffenen Augen.
»Nein. Ich will es jetzt hinter mich bringen.« Sie kam mit dem gefalteten Blatt zu ihm zurück. »Hier. Lies es.«
Harry nahm ihr das Blatt aus der Hand. Seine dunklen Augenbrauen zogen sich finster zusammen. »Es steht zu bezweifeln, dass ich dir nach einem ersten flüchtigen Blick etwas dazu sagen kann. Ich werde mich näher damit befassen müssen.«
»Es steht nur Unsinn darauf, Harry. Es handelt sich um keine Staatsaffäre. Nur um blanken Unsinn. Er hat im Sterben gelegen, als er mich gebeten hat, ich solle es nehmen und aufbewahren. In seinen Todesqualen kann er durchaus unter seltsamen Visionen gelitten haben.«
Harry blickte zu ihr auf, und Augusta hielt abrupt den Mund. Sie seufzte, ließ sich auf die Bettkante sinken und schaute auf die grässlichen braunen Flecken auf dem Papier. Sie kannte die Worte auswendig, die auf diesem Zettel standen.
DAS SPINNENNETZ
Schaut euch die kühnen jungen Männer an,
Wie sie spielen auf dem glitzernden Netz.
Seht nur, wie silbern ihre Säbel schimmern,
Wenn sie zum Tee in Nummer drei sich hingesetzt.
Sie kommen wieder, um das Essen zu servieren
Für ihren Herrn, der zwischen Seidenfäden speist.
Er trinkt das Blut der unachtsamen jungen Männer
Um drei und neun, bis Dunkelheit am Himmel gleißt.
Er wartet, bis sein Augenblick gekommen ist.
Jetzt sind viele ein paar und ein paar keiner mehr.
Die Spinne spielt ein Blatt von Karten aus
Und geht als der Sieger hervor daraus.
Zähle zwanzig als drei und drei als nur einen,
Und schon hast du Klarheit, allzu sehr.
Augusta wartete gespannt, während Harry schweigend das Gedicht las. Als er damit fertig war, sah er sie wieder an, diesmal kühn, forschend und eindringlich.
»Hast du das nach dem Tod
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