Rendezvous
Northumberland-Ballingers. Immer auf ein Abenteuer aus und regelrecht auf Spannung versessen.« Wenn sie Glück hatte, ahnte Lovejoy nichts von den Gerüchten, die eine Zeitlang im Umlauf gewesen waren, nachdem ihr Bruder auf dieser einsamen Landstraße umgebracht worden war. Schließlich hatte der Baron den größten Teil der letzten Jahre mit seinem Regiment auf dem Kontinent verbracht.
»Es hat mir leid getan, vom vorzeitigen Tod Ihres Bruders vor zwei Jahren zu erfahren«, fuhr Lovejoy fort und schaute mit einem nachdenklichen Stirnrunzeln auf das Blatt herunter, das er in der Hand hielt.
»Ich möchte Ihnen nachträglich mein Beileid aussprechen, Miss Ballinger. «
»Danke.« Augusta tat so, als sei sie in ihr Blatt vertieft, während sie abwartete, ob Lovejoy sonst noch etwas sagen würde. All die alten Erinnerungen an Richards Gelächter und seine Freundlichkeit stürmten auf sie ein und blendeten das Wabern der Gespräche im Raum aus. Die gemunkelten Anschuldigungen waren so unfair gewesen. Man brauchte Richard nur zu kennen, um sich darüber klar zu sein, dass er sein Land niemals verraten hätte.
Schweigen senkte sich über den Kartentisch herab. Da sie in ihre Erinnerungen an Richard und ihre Erbitterung über die ungerechten Vorwürfe gegen ihn vertieft war, konnte Augusta sich nicht im geringsten auf ihr Blatt konzentrieren. Zum ersten Mal an diesem Abend verlor sie.
»Es sieht so aus, als hätte mein Glück mich verlassen, Sir.« Sie wollte sich von ihrem Stuhl erheben, da Lovejoy gerade in einer einzigen Runde den größten Teil der zehn Pfund zurückgewonnen hatte, die sie ihm erfolgreich abgenommen hatte.
»Das bezweifle ich.« Lovejoy lächelte, nahm die Karten vom Tisch und mischte sie erneut.
»Ich glaube, wir sind in etwa quitt, Mylord«, sagte Augusta. »Ich schlage vor, wir belassen es bei diesem Unentschieden und kehren in den Ballsaal zurück.«
»Es sind gewisse betrübliche Gerüchte in Umlauf gewesen, was den Tod Ihres Bruders angeht, nicht wahr?«
» Lügen . Nichts weiter als Lügen, Mylord.« Augusta ließ sich langsam wieder auf den Stuhl sinken. Ihre Finger zitterten, als sie die Hand hob und die Rubinkette ihrer Mutter berührte.
»Selbstverständlich. Ich habe nicht einen Moment lang daran geglaubt.« Lovejoy sah sie ernst an. »Sie können sich darauf verlassen, Miss Ballinger.«
»Danke.« Der Krampf in Augustas Magen begann, sich zu lösen. Wenigstens glaubte Lovejoy nicht das Schlimmste, dachte sie.
Wieder senkte sich Stille herab, und ihr fiel nichts mehr ein, was sie noch hätte sagen können. Sie schaute auf das Blatt herunter, das er gerade ausgeteilt hatte, und mit zitternden Fingern nahm sie automatisch die Karten in die Hand.
»Ich habe gehört, zum Zeitpunkt seines Todes hätte man anscheinend gewisse Dokumente bei ihm gefunden.« Lovejoy sah stirnrunzelnd seine Karten an. »Dokumente, in denen es um militärische Geheimnachrichten ging.«
Augusta erstarrte. »Ich glaube, man hat sie ihm absichtlich in die Taschen gesteckt, damit es so aussieht, als hätte er sich des Verrats schuldig gemacht. Eines Tages werde ich Beweise dafür finden, Mylord.«
»Ein hehres Ziel. Aber wie wollen Sie das anstellen?«
»Ich weiß es nicht«, gestand Augusta mit gepresster Stimme ein. »Aber wenn es Gerechtigkeit auf Erden gibt, dann wird mir dazu etwas einfallen.«
»Ah, meine liebe Miss Ballinger. Haben Sie noch nicht begriffen, dass es auf dieser Welt sehr wenig Gerechtigkeit gibt?«
»Das kann ich einfach nicht glauben, Sir.«
»Welche Unschuld! Vielleicht möchten Sie mir mehr darüber erzählen. Ich habe in diesen Angelegenheiten einige Erfahrungen gesammelt, verstehen Sie.«
Augusta blickte verblüfft auf. »Ach, wirklich?«
Lovejoy lächelte nachsichtig. »Als ich auf dem Kontinent gedient habe, ist mir gelegentlich die Aufgabe zugewiesen worden, Untersuchungen über Vorfälle krimineller Natur anzustellen, zu denen es im Regiment gekommen ist. Verstehen Sie, ab und zu eine Messerstecherei in einer dunklen Gasse einer fremden Stadt, oder auf einen Offizier fällt der Verdacht, er könnte Informationen an den Feind verkauft haben. Wenn solche Dinge auch noch so unerfreulich sind, dann geschehen sie doch zu Kriegszeiten, Miss Ballinger. Und die Nachforschungen müssen mit hundertprozentiger Diskretion durchgeführt werden. Die Ehre des Regiments steht immer auf dem Spiel, verstehen Sie.«
»Ja, ich verstehe.« Augusta spürte, wie sich in ihr ein
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