Rendezvous
Harrys normalerweise gefühlloser Stimme war unerwartet Stahl herauszuhören.
Augusta ruckelte unruhig auf ihrem Stuhl herum. »Darauf, ob ich glaube, Sie könnten geneigt sein, freundlich, verständnisvoll und hilfreich zu reagieren, oder nicht.«
»Ich verstehe. Und wenn du fürchtetest, ich würde nicht so reagieren?«
»Dann würde ich es zweifellos unterlassen, Ihnen auch nur das geringste zu erzählen, Sir.«
Harry kniff die Augen ein wenig zusammen. »Muss ich dich daran erinnern, dass wir miteinander verlobt sind, Augusta?«
»An diesen Umstand brauchen Sie mich nicht zu erinnern, Mylord. Ich versichere Ihnen, dass ich dies nicht so schnell vergessen werde.«
Es gab nur einen Ort, an den sie gehen konnte, um sich Rat zu holen, wie man es anstellte, eine wertvolle Halskette zu verpfänden. Am Tag nach der entsetzlichen Katastrophe im Kartenzimmer begab sich Augusta geradewegs zu Pompeia's.
Die Tür wurde ihr von einem übellaunigen Scruggs geöffnet, der sie unter buschigen Augenbrauen ansah.
»Sie sind es, Miss Ballinger? Ich nehme an, Sie wissen, dass die Mitglieder alle damit beschäftigt sind, die Wetten zu begleichen, die sie im Hinblick auf Ihre Verlobung abgegeben haben.«
»Es freut mich zu hören, dass jemand etwas davon hat«, murrte Augusta, als sie an ihm vorbeilief. Sie blieb in der Eingangshalle stehen, weil ihr die Medizin wieder einfiel, die sie ihm vor ein paar Tagen mitgebracht hatte. »Fast hätte ich es vergessen. Hat der Trunk gegen Ihren Rheumatismus geholfen, Scruggs?«
»Er hat Wunder gewirkt, nachdem ich ihn mit einer Flasche von Lady Arbuthnotts bestem Cognac heruntergespült habe. Leider konnte ich keine der Hausangestellten dazu überreden, gemeinsam mit mir die Nebenwirkungen der Behandlung zu überprüfen.«
Augusta lächelte trotz ihrer gedrückten Stimmung flüchtig.
»Hier entlang, Miss Ballinger.« Scruggs öffnete die Türen zu Pompeia's.
Eine Handvoll Damen hielt sich im Club auf, und die meisten waren damit beschäftigt, Zeitungen zu lesen oder an den Schreibtischen vor sich hinzukritzeln. Die Gerüchte, die sich um das skandalöse Liebesleben von Byron und Shelley drehten, hatten die Entschlossenheit der ehrgeizigen Schreiber unter den Clubmitgliedern, publiziert zu werden, nur noch mehr angefeuert.
Es war schon seltsam, wie Tugend oder der Mangel an selbiger einen beeinflussen konnte, dachte sich Augusta. Die entschieden unsittsamen romantischen Abenteuer eines Byron oder Shelley konnten durchaus einem der Mitglieder von Pompeia's die Inspiration geben, die erforderlich war, damit die eigenen Werke gedruckt wurden.
Augusta eilte durch den Saal. Wie üblich loderte im Kamin ein fröhliches Feuer, obwohl es ein schöner Tag war. Sally schien inzwischen bei jeder Witterung zu frieren. Sie saß auf ihrem Sessel vor dem Feuer, und es war Augustas Glück, dass sie momentan keine Gesellschaft hatte. Ein Buch lag aufgeschlagen auf ihrem Schoß.
»Hallo, Augusta. Wie geht es dir heute?«
»Absolut fürchterlich. Sally, ich habe mich in eine abscheuliche Situation gebracht, und ich bin gekommen, weil ich dich um Rat bitten wollte.« Augusta setzte sich dicht neben die ältere Frau und beugte sich vor, um zu flüstern. »Ich möchte von dir wissen, wie man es anstellt, eine Halskette zu verpfänden.«
»Ach, du meine Güte, das klingt ganz so, als sei es ernst.« Sally schlug ihr Buch zu und sah Augusta fragend an. »Vielleicht solltest du mir besser alles von Anfang an erzählen?«
»Ich habe mich absolut idiotisch benommen.«
»Ja, nun, das passiert uns allen früher oder später. Warum erzählst du mir nicht einfach die ganze Geschichte? Ich gestehe, dass ich mich heute Nachmittag ein wenig gelangweilt habe.«
Augusta holte tief Atem und berichtete sämtliche unerfreulichen Einzelheiten der Katastrophe. Sally lauschte aufmerksam und nickte dann, um ihr absolutes Verständnis zu bekunden.
»Natürlich musst du diese Schulden begleichen, meine Liebe«, sagte sie. »Das ist Ehrensache.«
»Ja, ganz genau. Mir bleibt gar nichts anderes übrig.«
»Und die Halskette deiner Mutter ist dein einziger wertvoller Besitz, den du verpfänden könntest?«
»Ich fürchte, ja. All meine anderen Schmuckstücke hat mir Onkel Thomas geschenkt, und mir wäre nicht wohl dabei zumute, sie zu verkaufen.«
»Und du hast nicht das Gefühl, zu ihm gehen und ihn bitten zu können, dir in dieser Angelegenheit beizustehen?«
»Nein. Onkel Thomas wäre fassungslos, wenn er von
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