Rendezvous
dieser schrecklichen Geschichte erfährt, und das könnte ich ihm nicht verübeln. Er wäre außerordentlich enttäuscht von mir. Tausend Pfund sind viel Geld. Er ist ohnehin schon viel zu großzügig gewesen.«
»Er wird durch den Ehevertrag eine beträchtliche Summe von Graystone erhalten«, hob Sally trocken hervor.
Augusta blinzelte vor Erstaunen. »Wirklich?«
»Ja, das glaube ich schon.«
»Das wusste ich nicht.« Augusta schaute finster. »Wie kommt es bloß, dass Männer über solche Dinge nie mit den Frauen reden, um die es geht? Sie behandeln uns, als seien wir schwachköpfig. Zweifellos gibt es ihnen ein Gefühl von Überlegenheit, uns so zu behandeln.«
Sally lächelte. »Das spielt sicher auch eine Rolle, aber ich glaube, dass noch mehr dahintersteckt. Ich denke, zumindest, wenn wir es mit Männern wie deinem Verlobten und deinem Onkel zu tun haben, dann benehmen sie sich so, weil sie uns beschützen wollen.«
»Blödsinn. Aber wie dem auch sei, diese Regelungen werden in den kommenden vier Monaten getroffen werden. So lange kann ich nicht warten. Ich habe das sichere Gefühl, dass Lovejoy schon sehr bald anfangen wird, mich zu Zahlungen zu drängen.«
»Ich verstehe. Und du hast nicht das Gefühl, mit Graystone über diese Angelegenheit reden zu können?«
Augusta starrte sie voller Bestürzung an. »Ich soll Graystone sagen, dass ich tausend Pfund an Lovejoy verloren habe? Bist du verrückt geworden? Machst du dir auch nur die geringste Vorstellung davon, wie er auf eine solche Information reagieren würde? Mir ist selbst der Gedanke an die Explosion unerträglich, zu der es kommen würde, wenn ich ihm das gestünde.«
»Da könntest du recht haben. Er würde sich nicht gerade darüber freuen, stimmt's?«
»Ich könnte seinen Missmut wahrscheinlich noch verkraften«, sagte Augusta bedächtig. »Wer weiß? Vielleicht könnte ihn das sogar dazu bringen, mich die Verlobung lösen zu lassen. Aber ich könnte in einer Million Jahren die Demütigung nicht ertragen, ihm zu erklären, dass ich mich in meinem Bestreben, ihm eine Lektion zu erteilen, absolut lächerlich gemacht habe.«
»Ja, das verstehe ich voll und ganz. Eine Frau hat ihren Stolz. Lass mich einen Moment lang darüber nachdenken.« Sally pochte versonnen mit den Fingern auf den Ledereinband des Buches, das auf ihrem Schoß lag. »Ich glaube, das einfachste wäre es, wenn du mir die Kette bringst.«
»Dir? Aber ich muss sie verpfänden, Sally.«
»Genau das wirst du auch tun. Aber es ist schwierig für eine Dame, einen kostbaren Gegenstand zu verpfänden, ohne dass jemand etwas davon erfährt. Wenn du dagegen mir die Kette bringst, kann ich Scruggs für dich zum Pfandleiher schicken. Er wird den Mund halten.«
»Oh, ich verstehe, was du meinst.« Augusta lehnte sich halbwegs erleichtert auf ihrem Stuhl zurück. »Ja, das könnte klappen. Es ist sehr nett von dir, dass du mir dabei behilflich bist, Sally. Wie kann ich mich dafür jemals erkenntlich erweisen?«
Sally lächelte, und einen Moment lang zeigte sich auf ihren fein geschnittenen Zügen eine Spur der strahlenden Schönheit, die einst ganz London auf sie hatte anstoßen lassen. »Ich bin hier diejenige, die froh ist, mich ein klein wenig für all das erkenntlich zu zeigen, was du für mich getan hast, Augusta. Und jetzt lauf los, und hol die Halskette deiner Mutter. Du wirst deine tausend Pfund noch vor Anbruch der Dunkelheit haben.«
»Danke.« Augusta legte eine Pause ein und sah ihre Freundin forschend an. »Sag mir eins, Sally, hältst du es für möglich, dass Lord Lovejoy dieses Gespräch über meinen Bruder und die Nachforschungen, die er dazu anstellen könnte, bewusst eingesetzt hat, um mich zu hohen Einsätzen zu verleiten? Ich suche keine Entschuldigungen für mich, aber ich frage mich unwillkürlich...«
»Ich halte das für durchaus möglich. Manche Männer sind außerordentlich skrupellos. Wahrscheinlich hat er deine Schwäche wahrgenommen und sie genutzt, dich abzulenken.«
»Dann war sein Versprechen von Anfang an nicht ernst gemeint, er würde mir bei dem Versuch helfen zu beweisen, dass Richard kein Verräter war, stimmt's?«
»Ich halte es für hochgradig unwahrscheinlich, dass er dir helfen wollte. Wie könnte er das tun? Augusta, du musst diese Angelegenheit realistisch betrachten. Nichts auf Erden wird dir Richard wiedergeben, und du hast keine Möglichkeit, seinen Namen jemals reinzuwaschen, es sei denn, in deinem eigenen Herzen. Du weißt, dass
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