René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus
Verfügung.«
Ein anderer Zweitligaspieler rief ebenfalls einen Anwalt an, nachdem er erfahren hatte, dass jemand von seiner Geschichte wusste. Danach, in einem Gespräch am Telefon, interessierte er sich in auffälligem Maße für das Thema, den Stand der Recherchen und das ganze Buch-Projekt. Er stellte Fragen, plauderte Belangloses, mühte sich offenbar herauszufinden, was da auf ihn zukommen könnte. Er bot sogar jovial an, bei Gelegenheit mal einen Kaffee zu trinken. Als die Gelegenheit kam, sagte er per SMS ab. Ein paar Wochen später meldete sich der Anwalt.
Der Anwalt ist kein Unbekannter in seiner Zunft, er ist das, was man einen Promi-Anwalt nennt, und bietet ein Gespräch zur Sache an. Sein Mandant sei bereit zu schildern, wie man als Spieler unverhofft in eine »Anwerbesituation« gerate. Dafür stellt er eine Bedingung: Sein Mandant müsse anonym bleiben. Dann könne man sich treffen. Und so kann hier nur von einem Zweitligaspieler die Rede sein.
Der Zweitligaspieler sitzt an einem Konferenztisch aus teurem, dunklem Holz, es ist Abend, die Anwaltskanzlei
leert sich. Er hat wache Augen und die Ruhe eines Abwehrspielers. Manchmal unterbricht er seine Sätze, überlegt. Er will sich präzise ausdrücken. Manchmal schimmert Missfallen durch. Die ganze Sache ärgert ihn schon genug, und jetzt soll er auch noch erzählen und Nachfragen beantworten.
Es war ein Freund, der sich an ihn wandte und wissen wollte, wann er denn mal trainingsfrei habe und ein bisschen Zeit. Irgendwann fand sich ein Termin, der Freund bestellte ihn zu einer großen Tankstelle am Rande der Stadt. Dort stellte er dem Spieler zwei Bekannte vor. Man wolle nach Holland fahren. Mehr verriet der Freund nicht.
Der Spieler ließ seinen eigenen Wagen auf dem Tankstellengelände stehen und stieg in den BMW, den die beiden anderen angemietet hatten. Er hatte keinen Grund, seinem Freund nicht zu vertrauen. Vielleicht geht es um einen neuen Verein, dachte er, das wäre ja nicht uninteressant.
Die Fahrt dauerte, eine Unterhaltung kam nicht zustande in dem Auto, und der Spieler bemühte sich auch nicht weiter darum. Er saß auf dem Platz des Beifahrers. »Als Fußballer kennt man lange Strecken auf der Autobahn«, sagt er. »Ich kann da ganz gut abschalten.« Auch sein Freund, der hinter ihm saß, sagte nichts. Nur der Fahrer sprach, er telefonierte. Es ging um Handyoberschalen, die er offenbar verkaufte.
Sie verließen die Autobahn, erreichten das Küstenstädtchen Noordwijk, steuerten ein großes Hotel an. Es war ein Tag Anfang Oktober 2009, der Wind pfiff kalt von der Nordsee her. Noordwijk kannte der Spieler vom Urlaub, aber an den Namen des Hotels erinnert er sich nicht. »Zu dem Haus, wo der Louis van Gaal wohnt, war es von da nicht mehr weit.« Der frühere Bayern-Trainer Van Gaal lebt tatsächlich in Noordwijk. Am Rand der Dünen hat
er sich vor einigen Jahren eine Wohnung in einem Apartmenthaus gekauft.
Sie betraten zu viert die Hotellobby und trennten sich. Der Spieler wurde vom Handyoberschalenverkäufer an einen Tisch geleitet. Dort saß – der Spieler identifiziert ihn aus juristischen Gründen heute nicht, die Recherchen zu diesem Buch sind aber eindeutig –, lang, hager und ein Laptop vor sich: Paul Rooij. Wie ein Manager eines Fußballklubs sieht der nicht aus.
Rooij kam umgehend zur Sache. Er setze Geld auf Fußballspiele, in Holland, aber auch in anderen Ligen. Und er schaue, dass die Ergebnisse, auf die er setze, auch einträfen. In Deutschland, in der Zweiten Liga, da habe er bis jetzt nur einen Fußballer. Dann fragte er den Spieler, ob es möglich wäre, dass man auch in dessen Mannschaft noch zwei, drei Kollegen zusammen bekäme.
Keine zehn Minuten redete Rooij, aber dem Spieler, der neben dem Handyoberschalenverkäufer saß und zuhörte, reichte das, um zu wissen, wie er reagieren würde. »Das geht gar nicht, so was funktioniert bei uns nicht«, erwiderte er. »Das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen.«
Das Gespräch mit Paul endete nicht unhöflich, aber schnell. Der Spieler stand auf, verabschiedete sich, drehte sich um und entdeckte am anderen Ende der weitläufigen Lobby seinen Freund. Während der Handyoberschalenverkäufer sich noch mit Rooij unterhielt, setzte sich der Spieler zu seinem Kumpel. Er verzichtete darauf, ihn zur Rede zu stellen. »Ich habe auf doof gemacht«, erzählt der Spieler. »Ich hab nur gesagt, dass ich da nicht helfen kann.« 20 Minuten später verlässt Rooij das Hotel. Auch die
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