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René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus

René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus

Titel: René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wigbert Löer , Rainer Schã¤fer
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er Holger Stanislawski beweisen, dass der ihn zu früh abgeschrieben hatte? Wollte er gar seinen Beruf mit Ernst und Konsequenz ausüben? »Keine Ahnung«, sagt Schnitzler, er zuckt mit den Schultern. »Keine Ahnung«, das sagt er öfter. Er hat dann keine Lust, über die Sache nachzudenken. Keine Ahnung bedeutet auch: Ich bin nicht daran interessiert, mich zu analysieren. Psychologie
ist Schnitzler verdächtig. Noch heute empört er sich über einen Kinderpsychologen in Düsseldorf, den er mal mit seiner Mutter aufsuchte. Man dachte damals, Schnitzler leide unter der Aufmerksamkeitsstörung ADHS. »Da musste ich dann unsere Familie als Tiere malen.« Eine Zumutung, so ein Test, sagt seine Stimme, wobei er das Ergebnis gern berichtet: »War alles okay mit mir.«
    Körperlich jedenfalls ist Schnitzler im Herbst 2008 so fit wie noch nie in seiner Zeit beim FC St. Pauli. Die Waage zeigt 81 Kilo an, »mein Idealgewicht«. Und Sara sagt: »Er sah richtig gut aus.« Auch die Mitspieler wundern sich. Sie müssen jetzt auf den Wampentanz verzichten. Der Mittelfeldspieler Fabian Boll hat den Begriff erfunden, in der Kabine hat die Mannschaft ihn immer mal wieder eingefordert: »Mach uns den Wampentanz, Schnitzel!« Schnitzler trug dazu enge Boxershorts, deren Gummi tief ins Fleisch drückte. Am Bauch und an den Hüften wackelten Speckrollen, die er dann rhythmisch bewegte. Fleischbeschau in kurzen Hosen, dazu konnte Schnitzler diabolisch grinsen.
     
    Am Kaiserkai in der gerade erst entstehenden Hafencity geht es ruhiger zu als im wuseligen Ottensen. Das Appartement unter Schnitzler hat Thiago Neves bezogen, ein Spielmacher aus Brasilien, der zum Hamburger SV gekommen ist, den Klub aber nach einigen Monaten wieder verlässt. Wenn Schnitzler aus dem Fenster schaut und den Kopf nach links dreht, sieht er den eingerüsteten, langsam wachsenden Kaispeicher, den Hamburg für immer mehr Millionen Euro zur Elbphilharmonie umbauen lässt. Auch am zukünftigen Marco-Polo-Turm, schräg gegenüber seiner Wohnung, wird noch gebaut, bisher ist das Gebäude nur ein Betonskelett, das darauf wartet, Fleisch auf die Rippen zu bekommen. In
großen Teilen wüst und leer ist die Hafencity, eine Attraktion eher für Touristen, die von dem kühnen Städtebauprojekt gehört haben und es sich nun erlaufen.
    Wenn Schnitzler und Sara unten im Haus in dem weiß gekachelten Schwimmbecken herumtollen, können sie Menschen die Promenade hoch- und runter laufen sehen. Einige drücken ihre Nase an die Fensterscheibe, um herauszufinden, was sich dahinter verbirgt. Doch das verdunkelte Glas gibt den Blick nicht frei. Ungestört können die Bewohner Sport treiben, in der Sauna schwitzen und auf den Liegen entspannen. Und auch Partys feiern, was Schnitzler und ein paar Mannschaftskollegen durchaus mal tun.
    Die neue Wohnung kostet jeden Monat 2 100 Euro Miete. Sara hat sie ausgesucht, heute bereut sie die Wahl: »Eigentlich war das auch nicht okay, vom Preis her. Ich hatte mich wohl ein bisschen an den Lebensstil gewöhnt. René hat immer gesagt: ›Ich kauf mir dies, ich kauf mir das‹, da hatte man das Gefühl, dass das Geld da ist.«
    Sara weiß Anfang ihres zweiten Jahres in Hamburg noch nicht, wie es um die Finanzen bestellt ist. Sie leben nicht mit-, sondern nebeneinander. Es sind die autistischen, egoistischen Züge des Zockers, die zwischen ihnen stehen. Doch der luxuriöse Lebensstil verdeckt die Realität.
    »Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, ich hätte es nicht genossen in den beiden schönen, großen Wohnungen«, sagt Sara. »Aber ich weiß, dass ich da einen Fehler gemacht habe und dass es auch anders geht. Ich hätte sagen müssen: ›René, schalt mal einen Gang runter und such uns eine kleinere Wohnung.‹ Das wirft meine Mutter mir heute noch vor. Die hat von Anfang an gesagt, dass wir da viel zu groß einsteigen und dass wir doch gerade erst anfangen würden.«

    Sara geht oft mit ihrem Hund Sam spazieren, nach wenigen Metern steht sie am Wasser. Ihr neues Viertel mit all den ein- und auslaufenden Schiffen ist ein Fernwehdistrikt. »Gerade im Sommer war es hier wunderschön«, sagt sie. Ihr Freund hat weniger Sinn für die wechselnden Stimmungen am Wasser. Wichtiger ist ihm, dass die Wohnung eine Tiefgarage hat. Das Problem ist nur die Zufahrt.
    Er fährt inzwischen einen nahezu neuen Audi Q7 mit Sonderausstattung, gekauft vom namibischen Nationalspieler und ehemaligen Hamburger-SV-Verteidiger Collin Benjamin für 45 000 Euro und in

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