René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus
drei Raten bezahlt. Außerdem hat Schnitzler sich einen Zweitwagen angeschafft. »Von den Autos her war ich weit vorne bei St. Pauli«, sagt er. Locker sticht er selbst die Autonarren Benedikt Pliquet und Ralph Gunesch aus – nicht mit dem Q7, der neu 80 000 Euro gekostet hat, sondern mit seinem Mustang Shelby GT 550. »Der Pornowagen schlechthin« sei das gewesen, frohlockt Schnitzler noch heute. Er ist eine Sonderanfertigung mit 689 PS, weltweit wurden nur drei Exemplare dieses Modells ausgeliefert. »Der Motor war so laut, dass man ihn in ruhigen Gegenden noch eineinhalb Kilometer weiter gehört hat, das haben wir mal ausprobiert. « Der Mustang röhrt konkurrenzlos. Auch auf dem Alten Markt in Mönchengladbach fährt Schnitzler damit vor, und was er dabei sieht, gefällt ihm. »Alle blieben stehen. Die konnten nicht glauben, dass ein Auto so laut sein kann. Neben meinem Mustang hätte man sieben Harley Davidsons stellen können, die hätte er übertönt.«
Sara hasst den Protzerwagen, der sogar auch noch umständlich in der Handhabung ist. Im Haus in der Hafencity kommt nämlich das Fahrzeug ohne Hilfsmittel nicht aus der Tiefgarage. Der Mustang liegt so tief, dass sie Bretter
unterlegen müssen, damit er nicht aufsetzt. Wenn sie zusammen ausfahren, ist es meistens Sara, die am Garagentor eine Rampe für den Mustang baut.
EIN FISCH, KEIN HAI
Schnitzlers Fitnessphase endet nach einigen Wochen so plötzlich, wie sie begonnen hat. Zu schwer fällt es ihm, morgens um acht Uhr aufzustehen. Nachts pokert Schnitzler jetzt viel online, so ausdauernd, dass es sich längst nicht immer lohnt, noch ins Bett zu gehen. »Außerdem konnte ich Pedro dann auch nicht mehr bezahlen«, sagt er.
Pokern zu Hause am Monitor, diese Glücksspiel-Alternative gefällt ihm zunehmend. Sein vertrautes Zockermilieu empfindet er jetzt als »Asoziale in verqualmten Hinterzimmern«, mit denen er zumindest nicht mehr so viel zu tun haben will. Das ist allerdings nicht der einzige Grund dafür, dass er die illegalen Pokerrunden zunehmend meidet. Schnitzler hat auch mehr Schuldscheine unterschrieben, als er ablösen kann.
Wenn er online spielt, bedrängt ihn niemand, nur die Kreditkarte wird ja belastet. Außerdem glaubt er, im Internet mehr gewinnen zu können als in den Hamburger Runden, wo der Sieger selten mit mehr als 3 000 Euro den Tisch verlässt. Schnitzler erlebt glückliche Momente am Monitor, die ihn in dem Glauben bestärken, dass er kein Fisch sei. 29 000 Euro erpokert er sich bei einem Online-Turnier. Solche Summen gewinnen nicht Fische, sondern Haie.
Diese Annahme aber ist verkehrt, denn so genannte Fische erzielen bei den Turnieren im Internet durchaus Erfolge. Wenn sie sich danach aber an die Cash-Game-Tische begeben, wo die Einsätze urplötzlich in die Höhe schießen können und der Takt von Gewinnen und Verlieren schneller ist, sind sie ihr Geld oft bald wieder los. Beim Cash-Game geht alles schneller. Hier lauern die Haie. Einmal verpokert Schnitzler in einer einzigen Nacht am Computer 39 000 Euro. Ein anderes Mal rauschen ihm beim Cashgame binnen 45 Minuten 17 000 Euro durch. Dass er das Geld nicht nur zum Pokern braucht, sondern davon auch sein Leben bestreiten muss, verdrängt er.
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Unter Profis: René Schnitzler mit falscher Identität neben der Pokerspielerin Katja Thater bei einem Turnier in Bremen
Wenn Schnitzler allerdings Geld hat und gerade nicht zockt, denkt er auch an andere. Einem Obdachlosen wirft er einmal einen 500-Euro-Schein in die Mütze. In solchen Momenten benimmt sich Schnitzler wie ein Bohemien, großzügig, unkonventionell, keineswegs spießig. Die Geste soll zeigen, dass er alles im Griff hat, und von der Leichtigkeit künden, mit der er durchs Leben geht. Sara allerdings verdreht die Augen, als sie davon erzählt.
Mit dem Wettbürobetreiber Fery hat er sich inzwischen überworfen. Schnitzler hat versucht, ihm abenteuerliche Geschichten aufzubinden, als er geliehene Gelder nicht zurückzahlen konnte. Schulden machen ihn erfinderisch. »Er ist ein guter Junge«, sagt Fery heute, »aber die Sucht hat ihn verändert.«
Einmal, nach einer durchzockten Nacht, in der Schnitzler kräftig verloren hat, geht er in eine Apotheke und kauft sich Schlaftabletten. Der Ex-Zuhälter Kosta hat ihn dort abgesetzt, die Apotheke liegt nicht weit von Schnitzlers Wohnung. Kosta wartet noch im Auto und sieht, wie sein Kumpel auf der Straße eine ganze Hand voll Tabletten einwirft. Er springt aus dem
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