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René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus

René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus

Titel: René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wigbert Löer , Rainer Schã¤fer
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Berufsalltag eines Profifußballers reichlich Gelegenheit, um zu zocken. Zum anderen ist, wie der Sportpsychologe Thomas Graw in seiner Arbeit erfahren hat, der Fußballer an sich gefährdet: Die Psychogramme lassen eben auf eine große Anfälligkeit für Spielsucht schließen.

    Ein aktueller Bundesliga-Spieler, der bereits Erfahrungen mit dem Glücksspiel machte, sich aber nach eigenen Angaben nicht allzu sehr dafür begeistern konnte, bestätigt das. »Ich habe nur zwei- oder dreimal gepokert, einmal mit anderen Mannschaftskameraden bei unserem Zeugwart im Keller«, erzählt er. »Im Internet hatte ich einen Account für Backgammon. Da ging es nur um 1,29 Euro pro Spiel, aber eine Niederlage hat mich trotzdem jedes Mal geärgert. Ich war sauer, wollte Revanche und war gleich umso motivierter. Wir Fußballprofis kennen es ja nicht anders, als Niederlagen mit einem Sieg zu beantworten. Und an die starken Gefühle, zu fallen oder zu schweben, haben wir uns auch gewöhnt. Ich kann mir schon vorstellen, dass man beim Glücksspiel irgendwann in einen Wahn kommt.«
    Jörg Petry ist Psychologe und einer der einflussreichsten Suchtexperten Deutschlands, er berät auch die Innenministerien der Bundesländer. Die Suchtdramatik im Fußball hält Petry für völlig unterschätzt: »Es dauert ja, bis Profis mit hohen Gehältern sich verschulden. Die Verschuldung ist aber oft ein wichtiger Warnschuss. Bei Fußballprofis kommt der dann eben deutlich später.«
    Außerdem werde im Fußball die Entscheidung, gegen die Sucht anzukämpfen, verzögert. »Das Glücksspiel wird toleriert und bagatellisiert.« Den Online-Spielformen ist laut Petry eine gefährliche Dynamik zu eigen, Hemmfaktoren fallen weg: »Man kann anonym spielen, unter Drogeneinfluss, ohne Bargeld. Eine soziale Kontrolle wie etwa in Kasinos gibt es nicht.« Und selbst die versagt ja bei Süchtigen oft.
    Über die offensichtliche Spielsucht von einem seiner Profis sagte ein hoher Funktionär von Schalke 04 im Herbst 2010 nur trocken, »das hilft natürlich auch nicht gerade
auf dem Platz«. Der Spieler galt als hoch veranlagt, er ist es immer noch. Aber er pokert wie ein Besessener. Als er den Verein verlassen wollte und ein Angebot vorlegte, ließ Schalke ihn ziehen. Man glaubte nicht mehr daran, dass der Fußballer sein gewaltiges Potenzial noch abrufen könnte.
    Der Mittelfeldspieler Dietmar Hamann, der 59 Mal für die deutsche Nationalelf auflief, wurde 2009 in England verklagt, weil er Wettschulden von umgerechnet rund 800 000 Euro angehäuft hatte. Laut »Sunday Times« hatte der heute 38-Jährige seit 2006 regelmäßig auf Cricket-, Darts- und American Football-Wetten gesetzt. Hamann einigte sich schließlich außergerichtlich. Der Stürmer Paolo Rink, ebenfalls 38 Jahre alt, 13 Einsätze für Deutschland, spielt heute Pokerturniere mit bis zu 10 000 Euro Einsatz. Der Stürmer Thomas Brdaric, acht Länderspiele für Deutschland, startete 2007 als erster Fußballprofi bei den Deutschen Poker-Meisterschaften. 160 Spieler zockten um über 250 000 Euro. In einer Pause, so berichtete eine Zeitung, habe das Handy des heute 36-Jährigen geklingelt. Es seien Kollegen von der Nationalmannschaft gewesen, sie wollten wissen, wie es läuft.
     
    Das Interesse am Zocken ist überall groß. Lutz Pfannenstiel, der heute als Scout für die TSG Hoffenheim arbeitet, spielte in 24 verschiedenen Vereinen, in zwölf Ländern und auf allen sechs Kontinenten. In seiner Autobiographie schreibt er auch über Spielsucht. »Gäbe es keine Fußballspieler, wäre der weltweite Umsatz von Kasinos vermutlich um einiges geringer. Es gab keinen Verein, bei dem ich gespielt habe, wo die Spieler nicht regelmäßig in Kasinos gegangen wären.... Vor meinen Augen haben Spieler Jahresgehälter verjubelt, andere gefährdeten mit ihren hohen Gewinnen die Liquidität des Hauses. In England war ich in
einem Kasino gesperrt worden, weil ich gleich bei meinem ersten Besuch 42 000 britische Pfund gewonnen habe. In einem anderen Kasino verspielte ich etwa den gleichen Betrag. Über die Jahre ist es mir immerhin gelungen, nicht mehr Geld zu verspielen als zu gewinnen. Damit bin ich eine Ausnahme, viele ehemalige Mitspieler verdanken ihrer Spielsucht den Bankrott.«
    GELD ODER HILFE
    Leichter wird der Kampf gegen das Zocken mit der Öffnung des Wett- und Pokermarktes nicht. Die privaten Anbieter drängen in Zukunft verstärkt in den Fußball und in die Klubs. Sie versprechen sich Glaubwürdigkeit und beste

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