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René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus

René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus

Titel: René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wigbert Löer , Rainer Schã¤fer
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Chef muss das akzeptieren.
    Der dritte Fußballer hält den Sportdirektor und seine Mitarbeiter seit zwei Jahren in Atem – er ist hochgradig spielsüchtig. Der Profi kann die Abwehr seiner Mannschaft auf wundersame Weise stabilisieren, die Stürmer des Gegners verzweifeln dann an ihm. Eine Partie später aber leidet er wieder unter Aussetzern. Der Sportdirektor ist sicher, dass die Schulden nicht nur den Spieler, sondern auch dessen Leistung auf dem Rasen drücken.
    »Wir haben lange gebraucht, bis wir ihn aus den Fängen der Leute befreien konnten, die man im Fußball immer ›persönliches Umfeld‹ nennt«, sagt der Sportdirektor. »Jetzt geht es darum zu erreichen, dass der Spieler am Ende seiner Karriere ohne Schulden da steht.«
    Das ist die Perspektive eines Fußballers, der biologisch betrachtet nicht mal die Hälfte seiner Profikarriere hinter sich hat.
    Musste der Verein sich einmischen? »Natürlich«, sagt der Sportdirektor, »ich spüre da eine Verantwortung gegenüber dem Menschen.« Doch auch im Sinne des Klubs, der ja für die Ablösesumme und das Gehalt aufkommt, muss der Funktionär handeln. Im Moment bekommt der Spieler jeden Monat ein Taschengeld ausbezahlt. Mit dem Rest seines Gehalts baut der Verein dessen Verbindlichkeiten ab.
    Warum sollte der deutsche Fußball Geschäfte mit Wett- und Pokeranbietern machen, wenn in einer beliebigen Bundesligamannschaft drei, vier oder noch mehr Spieler Probleme mit dem Zocken haben? Der Sportdirektor bezweifelt inzwischen, dass es immer nur ums Geld gehen muss. Das Argument der Chancengleichheit mit Spitzenmannschaften aus Spanien und England, die
ja zuweilen auch solche Gelder nehmen, hält er für ausgeleiert: »Fußball ist ein Geschäft, schon klar, und wir leben alle gut davon, auch die Spieler. Aber dass man sich gar keine Grenzen mehr setzen will, ärgert mich schon ein bisschen.«
     
    Einer, der seine Verärgerung auch öffentlich ausspricht, weil er nicht auf DFL-Sitzungen als Störenfried dastehen kann, ist Manfred Kastl. Der blonde Mittelstürmer spielte früher beim Hamburger SV und bei Leverkusen, danach half er mit seinen Toren dem VfB Stuttgart, die Deutsche Meisterschaft 1992 zu gewinnen. Kastl, heute 45 Jahre alt, muss ein bisschen ausholen, um am Ende des Gesprächs beim Deutschen Fußball-Bund anzukommen. »Mit dem Pokern habe ich vor fünf Jahren angefangen, da wurde ich zu Turnieren wie der Casino-Austria-Tour eingeladen. Da zockten auch noch andere Ex-Profis mit. Ich selbst war Anfänger. Scheinbar habe ich mich da aber ganz gut geschlagen. Anders, als immer wieder behauptet wird, habe ich beim Pokern kein Geld verloren. Ich musste Privatinsolvenz anmelden, weil ich 2004 unverschuldet lebensgefährlich verletzt wurde. Das war bei einem Autounfall in Tschechien, mit den Versicherungen prozessiere ich immer noch. Ich wurde zwölf Mal operiert. Dafür musste ich meine ganzen Ersparnisse opfern.«
    Mit Glücksspiel allerdings hatte Kastl schon früher Erfahrungen gemacht. »In den achtziger und frühen neunziger Jahren war ich öfter im Kasino und habe auch Geld beim Roulette verspielt. Irgendwann habe ich das aber wieder in den Griff bekommen. Heute sehe ich das Internet als die größte Gefahr beim Glücksspiel an. Seine Bedeutung wird unterschätzt. Da machen sich auch viele Fußballer kaputt. Aber ich sehe den Fehler nicht in erster Linie beim
Endverbraucher, also beim Spieler. Der Staat müsste gerade die Online-Anbieter für immer aussperren.«
    Manfred Kastl sagt, dass René Schnitzler für ihn keineswegs ein bedauerlicher Einzelfall sei. »Der Fußball verschließt die Augen vor dem Problem Spielsucht. Auch der DFB müsste viel mehr dagegen tun, er hat doch die Kraft dazu. Wie kann es denn sein, dass Wettanbieter im deutschen Fußball bald wieder als Sponsoren auftreten? Das ist unverantwortlich. Aber solange der Verband und die Vereine finanziell vom Glücksspiel profitieren, wird sich wohl nichts ändern.«
     
    Der Poker-Profi Michael Keiner, den René Schnitzler in Wien kennen gelernt hatte, bestätigt, wie leicht Fußballprofis am Kartentisch ins Straucheln geraten. »Ich werde oft gefragt, wie ich es geschafft habe, Profi zu werden. Meine Standardantwort ist immer, dass man sich das ganz genau überlegen soll. Ich habe zu viele kommen und gehen sehen. Ich denke, dass sich viele Fußballer beim Poker überschätzen. Man kann als Turnierspieler relativ schnell Erfolg haben, aber es gehört viel mehr dazu, als mal ein Turnier

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