René Schnitzler. Zockerliga: Ein Fußballprofi Packt Aus
Werbung, wenn sie, wie etwa im Jahr 2008, mit den Profis kooperieren.
Damals schickte der FC St. Pauli neben weiteren Profis ausgerechnet René Schnitzler zu Veranstaltungen der beiden Vereinssponsoren »Pokerroom« und »Free B-Win«, wo der dann mit Fans pokerte. Dem Unternehmen »Everest Poker« gelang im selben Jahr eine konzertierte Aktion: Für seine »Soccer Challenge« engagierte das Unternehmen gleich mehrere Bundesligisten und trug die Turniere mit Fußballfans sogar in den VIP-Logen der Stadien aus.
In die Arena des Hamburger SV luden die Leute von Everest Poker auch zahlreiche Journalisten. Sie sollten darüber berichten, wie die Profis Nigel de Jong, Dennis Aogo und Mladen Petric zockten. In Hannover standen die Pokertische ebenfalls in einer VIP-Loge des Stadions. Die Profis Jan Schlaudraff, Bastian Schulz und Sergio Pinto erreichten
allerdings keine guten Platzierungen. Im VIP-Zelt der Leverkusener Arena platzierte sich Stefan Kießling vor seinen Mannschaftskollegen Michal Kadlec, Manuel Friedrich, Sascha Dum, Pirmin Schwegler und Bernd Schneider, aber hinter Gonzalo Castro. Im Klubhaus von Hertha BSC Berlin pokerte auch der damalige Manager Dieter Hoeneß mit.
»Welcher Arbeitgeber schickt seine Arbeitnehmer eigentlich zum Wetttrinken?«, fragt der Suchtexperte Petry mit Blick auf die Pokerpartien mit Fans und Spielern. »Glücksspiele sind ja kein normales Wirtschaftsgut, sie gelten als nicht verdienstvoll, als so genanntes demeritorisches Gut, genau wie Waffen und Drogen. Mit Hilfe glorreicher Fußballspieler wollen die Glücksspielfirmen die Akzeptanz ihrer Ware steigern. Demeritorisches Gut soll zu Wirtschaftsgut gemacht werden. Dass Wett- oder Pokeranbieter sich mit Sponsorgeldern in den Fußball einkaufen, dient schlicht der Verbesserung ihres Images. Dass Sportwetten den Sport im Grunde verderben, vor allem die Live- und Ergebniswetten im Fußball, soll so übertüncht werden.«
Petrys Argumentation ist nachvollziehbar. Was sein Idol tut, kann der Fan als nicht allzu schlimm oder schädlich empfinden. Als Deutscher Fußball-Bund und als Deutsche Fußball-Liga – beide Organisationen sehen im Treiben der Wettmafia eine ernst zu nehmende Gefahr für den Fußball – könnte man also durchaus auch Alarm schlagen. Man könnte die privaten Wettanbieter, die nun in den Profifußball drängen, auflaufen lassen. Man könnte sagen: Bleibt weg mit euren Millionen, wir hübschen euer Image nicht auf und werben nicht für eure Geschäfte, denn es besteht nun mal eine Verbindung zwischen Fußballwetten und Bestechung von Fußballern. Wären DFB und DFL nicht konsequent in ihren Bemühungen, den Fußball vor Betrügern
zu schützen, wenn sie sich den großen Wettunternehmen und ihrem »demeritorischen Gut« verweigerten?
Eine solche Haltung erforderte ein starkes Rückgrat. Die Funktionäre in Vereinen und Verbänden müssten sich zu einem Verzicht entschließen. Denn der Schutz des Fußballs würde Geld kosten. Geld, das mittel- bis langfristig gut in den Schutz vor Manipulationen investiert wäre. Geld auch, das im Moment gar nicht fehlen würde, weil ja kein Verein und kein Verband damit kalkuliert hat.
Die Geschichte des Fußballs ist auch eine Geschichte der Entdeckung immer neuer Geldquellen. Das Spiel ist so attraktiver geworden und immer mehr Menschen zugänglich. Der Fußball befindet sich in Deutschland auf dem Höhepunkt seiner Popularität. Es wäre ein guter Zeitpunkt, jetzt Geld in die Erhaltung dieser Popularität zu stecken.
Doch wenig spricht dafür, dass dies passieren wird. Die Gier nach neuen Sponsorengeldern dürfte stärker sein, der Glaube an weiteres Wachstum ungebrochen. Die Verdrängung der Gefahren dürfte deshalb funktionieren. Und so werden Wetten und Poker dem Profifußball noch näher rücken.
Es ist gleichwohl nicht so, dass alle Manager, Geschäftsführer und Sportdirektoren der 18 deutschen Erstligisten nur an neue Einnahmen denken. Nur traut sich noch niemand, auszuscheren aus dem Geldverdien-Kurs, den die Deutsche Fußball-Liga und der Deutsche Fußball-Bund vorgeben. Verspricht man, sie anonym zu zitieren, machen die Funktionäre aus den Vereinen ihrem Unmut aber Luft.
Ein Sportdirektor der Bundesliga hat im Moment drei Spieler im Kader, von denen er weiß, dass sie regelmäßig Geld verspielen. Er hat sie darauf angesprochen, und zwei von ihnen haben ihm gesagt, dass sie eben gern mal in die
Spielbank führen, an freien Tagen und rein zum Abschalten. Ihr
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