Renegade
könnte ich ihn
problemlos in seiner Zelle verrotten lassen. »Nicht mein Problem.« Langsam
packe ich den Inhalt des Verbandskastens wieder ein.
Er flucht leise,
woraufhin ich ihn finster anblicke, aber ich kommentiere seine Ausdrucksweise
nicht. SchlieÃlich hält er mich mit einer Hand zurück. »Warum willst du mir
helfen?«
Das habe ich mich
auch schon gefragt. »Ich weià es nicht.«
Ein paar Augenblicke
lang mustert er mich schweigend, dann sagt er: »Okay.«
»Okay was?«
»Okay, du darfst mir
helfen.« Er lehnt sich mit dem Rücken an die Wand.
Unerklärliche
Erleichterung durchströmt mich, als ich die Spritze wieder hervorhole. »Tut mir
leid, das wird jetzt ein bisschen pieken.«
»Was ist das?« Er
versucht das Etikett auf der Spritze zu lesen.
»Ein Medikament aus
Weidenrinde, Mädesüà und ein paar anderen Inhaltsstoffen, das unsere Heiler
entwickelt haben. Es wird dein Fieber senken.« AuÃerdem enthält es auch
schmerzstillende Mohnsamen, aber das sage ich ihm lieber nicht.
Gavin nickt, und ich
gebe ihm die Spritze. Er zischt zwar kurz, wehrt sich aber nicht dagegen.
Mit gerümpfter Nase
wasche ich so gut ich kann seine Wunden aus. Er ist wirklich vollkommen
verdreckt. Dann hole ich den Heilungsstab aus dem Kasten.
Gavin runzelt
verwirrt die Stirn. »Wie soll mir denn bitte eine Taschenlampe helfen?«
»Das ist keine
Taschenlampe, sondern ein Heilungsstab. Das blaue Licht stimuliert und
beschleunigt die Heilungsprozesse der Haut. Halte einfach still. Es wird nicht
wehtun, höchstens ein wenig jucken.«
Er beobachtet jeden
meiner Handgriffe. »Woher weiÃt du, wie man das macht?«
»Das gehörte zu
meiner Ausbildung.« Innerlich zucke ich erschrocken zusammen. Das hätte ich
nicht sagen sollen.
»Ausbildung? Als
was?«
Als ich nicht
antworte, seufzt er und beginnt selbst zu sprechen. »Bald kommt der Herbst, und
die Tiere fressen sich ihren Winterspeck an. Der perfekte Zeitpunkt, um auf die
Jagd zu gehen.« Er spricht so leise, dass ich ihn kaum verstehe. Also beuge ich
mich vor, um ihm weiter zuzuhören, doch was er sagt, ergibt für mich keinerlei
Sinn.
Irritiert sehe ich
ihn an. »Warum erzählst du mir das?«
»Du möchtest doch
wissen, wie ich hierhergeraten bin, oder nicht? Tja, jetzt sage ich es dir. Mir
ist schon klar, wie der Hase läuft.«
Da ich mir nicht
sicher bin, was er damit meint, wende ich mich schweigend wieder seinen Wunden
zu.
»Mein Freund und ich
haben Nahrung für unsere Familie gesammelt. Dann brach ein Sturm los, und wir
suchten in einer Höhle Zuflucht. Zumindest dachten wir, es sei eine Höhle. Als
wir sie erkundet haben, um sicherzugehen, dass sie keine unangenehmen Bewohner
hat, haben wir dann die Tunnel entdeckt. Und diese Tunnel führten uns
schlieÃlich hierher.«
Wieder sehe ich zur
Kamera hinüber und beuge mich vorsichtshalber noch näher zu ihm. »Ihr habt den
Zugang von der Oberfläche zufällig gefunden?«
Gavin zuckt mit den
Schultern. »Eine Frage, eine Antwort. Jetzt bist du dran.«
»Was meinst du
damit?« Stirnrunzelnd widme ich mich den Wunden an seinem Oberkörper.
Dazu ziehe ich ihm
das verdreckte, zerfetzte Shirt aus. Während meiner Arbeit im medizinischen
Sektor habe ich einiges gesehen, trotzdem bleibt mir die Luft weg, als ich die
Verletzungen auf seinem Rücken sehe. Ich bin mir nicht sicher, was diese Wunden
verursacht hat, aber sie sind tief und scheinen schon einige Tage alt zu sein.
Aus manchen quillt grünlicher Eiter. Meine antiseptischen Mittel werden da
nicht viel bewirken, aber in meinem Garten wachsen Nelken. Die werde ich holen
müssen. Vorerst wird allerdings das Desinfektionsmittel ausreichen müssen, das
ich hier habe.
Während ich die
Salbe vorsichtig auf seinem Rücken verteile, stöhnt er schmerzerfüllt auf. Aus
den Wunden tritt noch mehr Eiter aus. Widerlich. Ich unterdrücke den Impuls,
meinem Ekel laut Ausdruck zu verleihen. Das gehört sich nicht für eine Lady.
»Ich habe deine
Frage beantwortet. Jetzt musst du meine beantworten«, erklärt er, als wäre es
die einfachste Sache der Welt. »Dadurch erfährst du mehr über mich und
umgekehrt. Das ist ein fairer Deal.«
Ãberrascht
unterbreche ich meine Arbeit. »Warum willst du mehr über mich erfahren?« Mit
einem listigen Grinsen starrt er mich nur stumm
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