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Renegade

Renegade

Titel: Renegade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. A. Souders
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an. »Verstehe. Was möchtest du
wissen?«, frage ich, als mir klar wird, dass er mir erst wieder antworten wird,
wenn er eine Antwort von mir bekommen hat. Eigentlich will ich ihm nichts über
mich verraten, aber anscheinend lenkt es ihn von dem ab, was ich gerade tue.
Und wenn ich mitspiele, bekomme ich vielleicht ein paar Antworten, die mir
dabei helfen können, ihm das Leben zu retten.
    Â»Du hast deine
Ausbildung erwähnt. Was ist das für eine Ausbildung?«
    Ich beschließe,
seinen Rücken erst mal in Ruhe zu lassen und mich zunächst um seinen Arm zu
kümmern. Das ist wichtiger, danach kann ich mich immer noch mit diesen
merkwürdigen Wunden befassen. Als ich erkenne, dass der Arm nur ausgerenkt ist,
fällt mir ein Stein vom Herzen.
    Ein prüfender Blick
verrät mir, dass Gavin langsam die Lider schwer werden, was bedeutet, dass der
Mohnsamen anfängt zu wirken. Zum Glück. »Dein Arm ist ausgerenkt. Ich werde ihn
wieder einrenken, aber das wird wehtun. Sehr, sehr wehtun. Bitte versuche,
nicht zu schreien. Ich bin mir zwar nicht sicher, ob die Wachen es hören
können, aber es ist auf jeden Fall besser, wenn sie nichts bemerken. Okay?«
    Er nickt und beißt
die Zähne zusammen. Mit aller Kraft ziehe ich an seinem Arm, dann spüre ich,
wie der Knochen in das Gelenk zurückgleitet. Gavin wimmert kurz, schreit aber
nicht, obwohl ihm der Schweiß auf die Stirn tritt und er leicht zusammensackt.
    Â»Alles klar?«, frage
ich vorsichtig. Er nickt, aber seine Pupille ist jetzt noch stärker geweitet.
Ich darf den Blutverlust nicht unterschätzen. Dazu der Schock aufgrund der
Schmerzen und die Infektion, die sich bestimmt schon in seinem Blutkreislauf
ausgebreitet hat. »Ich brauche mehr Medikamente – und komme so schnell wie möglich
zurück.«
    Entschlossen wische
ich den Dreck von meinem Rock, stehe auf und rümpfe dann angewidert die Nase.
Wie sehe ich bloß aus?
Eine
Lady muss stets makellos erscheinen.
Das ist inakzeptabel.
    Â»Du hast meine Frage
nicht beantwortet.«
    Seine Stimme lässt
mich erschrocken zusammenfahren, doch dann drehe ich mich um und sehe auf ihn
hinunter. Fordernd erwidert er meinen Blick. Aus irgendeinem Grund ist mir die
Antwort peinlich, als würde er mich dafür verachten. Ich habe keine Ahnung,
woher dieses Gefühl kommt – immerhin ist es unsere angesehenste Berufung.
Ein Privileg. Eine Ehre.
»Ich werde ausgebildet, um die Tochter des Volkes zu sein.«
    Â»Was bedeutet das?«
    Â»Eine Frage, eine
Antwort.«
    Er lächelt grimmig.
»Dachte mir schon, dass du clever bist.« Nach einem kurzen Zögern fragt er
schroff: »Was willst du wissen?« Irgendwie gefällt mir dieses Spiel.
    Â»Warum bist du
wirklich hier? Es ist nahezu unmöglich, die Notausgänge zu finden, und der
Marsch von hier an die Oberfläche dauert fast zwei Tage.« Behauptet zumindest
Mutter.
    Â»Clever«, murmelt
Gavin wieder. Dann kneift er die Augen zusammen und zuckt die Achseln, als wäre
die Frage nicht von Bedeutung. »Ich bin hier, weil ich herausfinden will, ob
meine Leute hier sind.« Schon will ich die nächste Frage stellen, doch er kommt
mir grinsend zuvor: »Ich bin dran. Was ist die Tochter des
Volkes ?«
    Alles in mir sträubt
sich dagegen, diese Frage zu beantworten, doch wenn ich es nicht tue, wird das
zaghafte Vertrauen, das er in mich setzt, verschwinden, und irgendetwas sagt
mir, dass ich es noch brauchen werde. Dass ich ihn noch brauchen werde. Auch wenn ich noch nicht weiß, wozu.
    Â»Man bereitet mich
darauf vor, die Stadt zu regieren, wenn Mutter es einmal nicht mehr kann.« Ich
senke den Blick. »Und die Bürger vor den Oberflächenbewohnern zu schützen. Mit
allen erdenklichen Mitteln.«
    Ohne ihn anzusehen,
warte ich darauf, dass die Wachen mich rauslassen. Als ich schon fast durch die
Tür bin, bleibe ich kurz stehen, drehe mich aber nicht zu ihm um. »Ich brauche
mehr Arzneien für deinen Rücken. Ich bin bald wieder da.«
    Nachdem ich die
nötigen Heilpflanzen aus meinem Garten gesammelt habe, kehre ich in die
Arrestzelle zurück. Gavin sitzt noch genauso da, wie ich ihn verlassen habe,
doch er ist eingeschlafen. Die Wachen lassen mich in die Zelle, und die Tür
schließt sich geräuschlos hinter mir. Ich gehe zu ihm hinüber.
    Um ihn nicht zu
stören, versuche ich so leise wie möglich zu sein. Ein bisschen

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