Renegade

wutentbrannt ruft sie: »Gütige Mutter! Evie –
du darfst deine kostbare Zeit doch nicht mit so etwas verschwenden!« Sie springt
auf und zerrt mich mit sich. »Gavin hat recht: Du hättest getötet werden
können. Du solltest doch nur euer Computerproblem lösen, aber nicht den
Liebesboten spielen!«
    Gavin stürmt ins
Zimmer. »Was ist hier los?« Angespannt schaut er zwischen uns hin und her. Wir
ignorieren ihn beide.
    Â»Was hast du denn
erwartet? Dass ich keinen Finger krumm mache und einfach wieder gehe?«, schreie
ich zurück, nun ebenfalls wütend. Da riskiere ich meinen Hals, um etwas
wiedergutzumachen, das ich angerichtet habe, und Macie schreit mich an?
    Â»Jawohl, genau das.
Es war das Risiko nicht wert.« Sie stemmt die Hände in die Hüften und funkelt
mich zornig an.
    Gavin probiert es
nun bei ihr: »Was war das Risiko nicht wert?« Wieder bekommt er keine Antwort.
    Â»Du bist meine beste
Freundin«, erwidere ich. »Meine einzige Freundin. Und
es war meine Schuld, dass deine Verpaarung gelöst wurde. Du hattest recht: Ich
war selbstsüchtig. Ich habe mir keine Gedanken darüber gemacht, was für ein
Risiko du für mich eingehst. Alles, woran ich gedacht habe, waren Gavin und ich
selbst. Und die Frage, wie wir ihn hier rausschaffen können, damit er uns weit,
weit hinter sich lässt. So sollten sich beste Freundinnen nicht verhalten. Also
habe ich es wieder eingerenkt.«
    Gavin reißt die
Augen auf, sagt aber nichts.
    Macie starrt
betreten auf ihre Füße. »Das hätte ich nicht über dich sagen dürfen. Du bist
nicht selbstsüchtig. Du warst verzweifelt.«
    Energisch schüttele
ich den Kopf. »Ich habe dich ganz allein die Konsequenzen tragen lassen. Das
war definitiv selbstsüchtig und auch falsch. Und es tut mir leid.« Lächelnd
füge ich hinzu: »Jetzt habe ich es wiedergutgemacht. Gratulation, du und Nick
werdet bestimmt sehr glücklich miteinander! Sieh es als mein Geschenk zur
Verpaarung.«
    Sie stößt ein leises
Knurren aus. »Du bist so verdammt stur!« Damit wirbelt sie herum und stapft davon.
    Okay, jetzt sind sie
also beide sauer auf mich. Offenbar habe ich gerade einen Lauf.
    Â»Darf ich raten? Du
hast dir die Zeit genommen, ihr die Genehmigung zur Verpaarung wieder zu beschaffen?«,
fragt Gavin schließlich.
    Ich werfe ihm einen
verhaltenen Seitenblick zu. »Wirst du mir jetzt auch einen Vortrag halten?«
    Â»Sie hat recht,
Evie. Was zur Hölle hast du dir nur dabei gedacht?«
    Â»Das hast du mich
vorhin schon einmal gefragt. Darf ich diesmal auch antworten?«
    Er stößt zischend
den Atem aus. »Ich weiß nicht. Hast du eine Antwort auf Lager, in der nicht der
Satz vorkommt: ›Ich musste es tun, und du wärst mir nur im Weg gewesen‹?«
    Â»Ich könnte mir eine
Alternative überlegen«, erwidere ich mit einem scheuen Lächeln.
    Er schlägt so heftig
auf den Couchtisch, dass die Tischlampe ins Wanken gerät. »Verdammt, Evie, das
ist nicht lustig. Du hättest sterben können, und ich hätte es nie erfahren.«
    Â»Das ist nicht wahr.
Mutter hätte …« Als ich das zornige Funkeln in seinen Augen sehe, verstumme ich
und starre auf meine Hände.
    Â»Oh, ja, auf diesem
Wege hätte ich natürlich besonders gern erfahren, dass du tot bist.
Interessiert dich eigentlich auch noch irgendjemand anders als du selbst?«
    Diese Frage raubt mir
den Atem. Es fühlt sich an, als hätte er mir einen Schlag in den Magen
versetzt, und unwillkürlich verschränke ich die Arme vor dem Bauch. Fast
dasselbe hat auch Macie gesagt.
    Â»Du interessierst
mich«, flüstere ich und dränge krampfhaft die Tränen zurück.
    Â»Wirklich? Davon
habe ich aber nichts gemerkt.«
    Nichts gemerkt? Er
hat davon nichts gemerkt ? »Ich habe mein Leben aufs
Spiel gesetzt, um dir bei der Flucht zu helfen, oder nicht? Ich gebe meine
Heimat auf, um dir zu helfen. Reicht das nicht?«
    Â»Nein!«, schreit er.
    Â»Was willst du denn
noch von mir?«
    Â»Ich will … « Abrupt
presst er die Lippen zusammen.
    Â»Was?«
    Â»Ich will, dass du …
mir vertraust. Dass du dir von mir helfen lässt, wenn es darauf ankommt.«
    Verwirrt starre ich
ihn an. Ich bin mir nicht sicher, ob er das ursprünglich sagen wollte, aber nun
hat er trotzig die Arme verschränkt, und ich denke nicht, dass ich noch