Rentner-WG - ein Best-Ager-Roman aus Frankfurt
herum lag, und warf ihn gegen die Wand.
„Holla, heute fliegen die Akten aber tief! Mach mal halblang.“
Gerda Köhler hatte mit einem Blick die Situation erfasst. Da war sie ja genau im richtigen Moment gekommen. In seinem Jähzorn war ihr Sohn wohl kaum imstande, klar zu denken. Er hatte sich in letzter Zeit schon genug Fehler geleistet. Aber der Bub musste schließlich lernen, wie der Hase lief. Allerdings ging das ein bisschen zu weit, jetzt musste sie eingreifen. Mit Mühe hatte sie ihren Mann, der ein ähnlich cholerisches Temperament hatte wie Bernd, davon abgehalten, mitzukommen. Hier war das sensible Händchen einer Frau vonnöten.
Bernd hatte sich schon das nächste Wurfgeschoss gegriffen, als er seine Mutter erkannte. Irritiert schaute er sie an, dann senkte er den Kopf.
„Du weißt Bescheid.“
Widerstandslos ließ er sich von ihr in den Arm nehmen. Gerda genoss den Moment mütterlicher Rührung. Aber dann schob sie ihn weg. Hier war nicht die Mutter gefragt, sondern die nüchterne Geschäftsfrau.
„Bub, da hast du dich aber gut reingeritten. Es wird ein schönes Stück Arbeit sein, die Karre aus dem Dreck zu ziehen.“
Seufzend schob ihn in sein Büro.
Es war wichtig, den Gegner genau zu kennen. Der größte Fehler wäre, ihn zu unterschätzen. Nach der dritten Tasse Kaffee und einer Stunde geduldigen Zuredens hatte Gerda Köhler ihren Sohn endlich so weit, dass er ihr zuhörte.
„Du musst Ruhe bewahren, das ist das Allerwichtigste. Sprich mit ihr. Jeder hat seinen Preis. Wenn du herausgefunden hast, was sie will, hast du schon gewonnen.“
Sandi war nicht wieder aufgetaucht, aber es kostete Frau Köhler nur einen kurzen Anruf, um Adresse und Telefonnummer dieser Frau Brandner in Erfahrung zu bringen. Sie schob ihrem Sohn das Telefon hin.
„Ruf sie an, jetzt sofort.“
Sie sagte es freundlich. Wenn sie so nett war, wurde es gefährlich. Dann wagte niemand, ihr zu widersprechen. Sie drückte ihrem Sohn einen Kuss auf die Stirn, griff nach ihrer Handtasche und ging.
Bernd starrte auf das Telefon. Mudderche hatte wie immer Recht. Er musste dringend seinen Jähzorn in den Griff bekommen. Und er musste mit dieser Frau reden.
Leni zitterte am ganzen Körper.
„Er will sich mit mir aussprechen, hat er gesagt.“
„Wie hat er denn geklungen?“, wollte Arthur wissen.
„Eigentlich ganz normal. Er scheint noch ziemlich jung zu sein.“
Arthur stellte ihr einen Cognac hin. Sie nickte dankbar.
„Ich habe ihn gebeten, hierher zu kommen. Auf die Schnelle ist mir nichts besseres eingefallen.“
Hier fühlte sie sich halbwegs sicher, und es war ihr sehr lieb, wenn Arthur bei diesem Gespräch dabei war.
„Wird schon schief gehen.“
Arthur versuchte, Optimismus zu verbreiten. Lenis Verfassung erschreckte ihn, sie war mit ihren Nerven total am Ende. Jemand musste ihr den Rücken stärken. Und das konnte er am besten, wenn sie hier bei ihm war.
Bernd Köhler war lange nicht mehr in Niederrad gewesen. Natürlich waren ihm die Straßenzüge geläufig, der Plan des City Centers in seinem Kopf eingebrannt. Aber zwischen Papier und der Realität war ein großer Unterschied. Er fuhr langsam die Bruchfeldstraße entlang und stellte sich dabei das schöne, neue Zentrum vor. Seine Laune besserte sich. Es wäre doch gelacht, wenn er diese Frau nicht klein kriegte. Frage, was sie will, erinnerte er sich an die Worte seiner Mutter. Nun, er war bereit, einiges zu investieren, um sein Projekt zu retten.
Arthur hatte sich in eine Stoffhose und ein weißes Hemd geschmissen. Dieser Köhler sollte gleich sehen, dass er es hier nicht mit ein paar vertrottelten Rentnern zu tun hatte, die in Filzpantoffeln herum schlurften. Er öffnete die Tür und begrüßte den jungen Bauunternehmer mit festem Händedruck. Die beiden Männer maßen sich mit Blicken. Bernd Köhler war überrascht, Frau Brandner nicht allein anzutreffen. Sie hatte sich einen Zeugen zu dem Gespräch geholt, ganz schön clever.
Leni wartete im Wohnzimmer. Sie war maßlos aufgeregt und nur dankbar, dass man ihr das nicht anmerkte, wie ihr Arthur versichert hatte. Erstaunt musterte sie den jungen, pausbäckigen Mann mit dunklem, strubbeligem Haar, der ihr die Hand entgegenstreckte. Er konnte nicht viel älter sein als ihre Tochter.
„Lass dich nicht täuschen, der sieht nur so harmlos aus“, raunte ihr Arthur zu. Er wusste genau, was sie dachte.
Sie bot dem Gast einen Sessel an und setzte sich auf die Couch. Arthur übernahm es, Kaffee
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