Rentner-WG - ein Best-Ager-Roman aus Frankfurt
nur noch schlimmer machen. Jetzt gab es nur noch die Flucht nach vorn.
„Das ist keine Freundin, jedenfalls keine richtige. Ich habe Barbara erst gestern kennen gelernt. Na ja, eigentlich schon letzte Woche. Und es ist auch nur, weil sie so krank ist, und ihre Bude ist eiskalt. Die haben ihr die Heizung abgestellt. Übrigens steckt dieser saubere Herr Köhler dahinter.“
Arthur verstand kein Wort außer der Tatsache, dass Leni eine völlig Fremde aufgegabelt hatte, die unter seinem Dach logierte.
„Bist du noch ganz bei Trost? Du kennst sie gar nicht und lädst sie hierher ein? Sind wir jetzt ein Obdachlosenheim?“
Jetzt platzte auch Leni der Kragen. Krach auf nüchternen Magen vertrug sie gar nicht.
„Wenn du zur Abwechslung mal zuhören könntest und nicht so hysterisch rumschreist, wäre das schon längst geklärt.“
Arthur bebte vor Wut.
„Ich verlange, dass die Frau sofort mein Haus verlässt. Auf der Stelle.“
Leni funkelte ihn böse an.
„Du kannst verlangen, was du willst, aber sie bleibt hier. Ich setze doch nicht einen kranken Menschen vor die Tür. Hast du das nicht kapiert? Sie ist krank. Mit Fieber und allem Drum und Dran. Die ist gar nicht in der Lage, dir ein Messer an die Kehle zu setzen oder was du dir sonst so in deinem durchgeknallten Hirn ausdenkst.“
Sie setzte sich an den Esstisch und verteilte die Sachen vom Tablett. Dann nahm sie sich eine Scheibe Brot und fing an, Butter darauf zu schmieren. Wenn Arthur in so übler Stimmung war, hatte es keinen Sinn, mit ihm zu diskutieren.
Arthur ballte die Fäuste.
„Wie du willst. Dann werde
ich
mich um die Sache kümmern.“
Er wandte sich zum Flur.
Leni sprang auf und stellte sich ihm mit ausgebreiteten Armen in den Weg.
„Das wirst du nicht tun. Du lässt Barbara gefälligst in Ruhe!“
Wie zwei Kampfhähne standen sie sich gegenüber und beschossen sich mit wütenden Blicken. Da kam Barbara mit ihrem Koffer in der Hand die Treppe herunter. Sie schaute ängstlich drein. Natürlich hatte sie die Schreierei mitbekommen. Leni stellte mit einem Blick fest, dass sie heute Morgen nicht mehr ganz so fiebrig aussah.
„Hallo Barbara, hast du gut geschlafen?“
Nach dem Geschrei fiel es ihr nicht einfach, zu einem normalen Tonfall zurückzufinden.
„Komm frühstücken, ich hab schon alles fertig.“
Barbara stellte den Koffer ab und legte ihren Mantel darauf.
„Ich werd gleich verschwinden. Ich will keinen Ärger machen.“
„Du machst keinen Ärger, was soll das? Komm rein, ohne was im Magen kannst du sowieso nicht losgehen. Wohin willst du überhaupt? Doch nicht zurück in diese kalte Bude?“
Leni zog Barbara am Arm in die Essecke. Arthur folgte ihnen mit finsterer Miene.
„Darf ich euch miteinander bekannt machen? Also offiziell?“
Arthur schüttelte Barbara wortlos die Hand.
„Es tut mir leid, ich hätte nicht her kommen sollen. Jetzt haben Sie beide wegen mir Streit.“
Barbara unternahm einen neuen Fluchtversuch in den Flur.
„Nichts da, du bleibst jetzt hier“, kommandierte Leni und drückte sie auf einen Stuhl. „Setz dich hier hin, neben mich. Und du, Arthur, gib erst mal Ruhe.“
Widerwillig nahm auch Arthur Platz. Leni goss Kaffee ein. Eine Weile frühstückten sie schweigend. Barbara wagte kaum, hoch zu schauen. Die lautstarke Auseinandersetzung vorhin hatte sie bis in ihr Zimmer gehört.
Als Arthur fertig war mit essen, lehnte er sich auf seinem Stuhl zurück.
„Vielleicht könnte mir mal jemand in Ruhe erklären, was eigentlich los ist. Wieso sind Sie hier?“, fragte er und schaute Barbara an.
Leni wollte sofort wieder los legen, aber Arthur stoppte sie mit einer kurzen Handbewegung.
„Von dir habe ich heute schon genug gehört. Jetzt lass mal unseren Gast reden. Also, Barbara heißen Sie?“
Barbara würgte den letzten Bissen Brot hinunter. Sie kämpfte tapfer gegen den Kloß in ihrem Hals. ‚Gast’ hatte er sie genannt. Und zuhören wollte er.
Es dauerte eine Weile, bis die ganze Geschichte vom Verlust ihrer Arbeitsstelle und den Umbauarbeiten in ihrer Wohnung heraus war. Arthur hatte Zeit, Barbara näher in Augenschein zu nehmen. Wie ein kleiner und zutiefst unglücklicher Klops saß sie da. Ihre grauen Haare waren zu einem strengen Dutt hoch gesteckt. Sie war sehr blass. Die wässrigen Augen und die rote Nase deuteten auf eine schlimme Erkältung hin. Insgeheim gab er Leni Recht. Wie konnte man solch einem Elendsbündel die Tür weisen?
Auch die Geschichte mit ihrer Wohnung ließ
Weitere Kostenlose Bücher