Rentner-WG - ein Best-Ager-Roman aus Frankfurt
Sie? So sagen Sie doch was“, herrschte Arthur sie an.
„Ach du meine Güte“, krächzte die Frau.
Mehr brachte sie nicht heraus. Arthur sah, dass sie zitterte.
„Nun mal raus mit der Sprache. Ich hab keine Lust, hier die ganze Nacht rumzustehen!“
Ungeduldig klopfte Arthur mit der Metallspitze des Regenschirms auf den Fußboden. Er ließ die Frau keine Sekunde aus den Augen. Vielleicht war sie irgendwo ausgebrochen. Merkwürdig genug sah sie ja aus.
„Leni hat gesagt, ich kann hier schlafen“, krächzte die Frau.
„Wo schlafen?“
„Oben.“
Wieso war er nicht sofort darauf gekommen? Natürlich steckte Leni hinter dieser Sache. Diese Frau war wohl eine Freundin. Aber warum wusste er nichts von dem Besuch? Sein Gehirn schaltete um von Schreck auf Wut. Er schnaufte aufgeregt. Die Frau wich zurück bis zum Küchenfenster und hob die Hände hoch. Er machte eine heroische Anstrengung, um sich wieder zu beruhigen. Es hatte keinen Sinn, die Sache mitten in der Nacht zu diskutieren. Morgen früh würde er sich Leni vorknöpfen.
„Was wollten Sie denn in der Küche?“, fragte er in halbwegs normalem Ton.
„Es tut mir so leid, dass ich Sie geweckt habe. Ich heiße Barbara Matzke.“ Verlegen hielt sie ihm die Hand hin, die er automatisch schüttelte.
„Ich hab seit dem Frühstück nichts mehr gegessen. Und als ich vorhin aufgewacht bin, war mir ganz schlecht vor Hunger.“
Sie hielt ihm eine angebissene Karotte hin.
„Ich wollte niemand wecken.“
Arthur war erleichtert. Irre war sie wohl nicht, zumindest redete sie ganz normal.
„Na, dann lassen Sie sich nicht weiter stören. Sie kennen sich ja hier schon aus.“
Seine Ironie kam nicht an. Die Frau drückte sich hastig an ihm vorbei in dem Flur.
„Gute Nacht!“, rief er ihr hinterher, aber da war sie schon auf der Treppe verschwunden.
Früh am nächsten Morgen tapste Leni in die Küche. Lautlos schloss sie die Tür zum Flur, um Arthur nicht zu wecken. Sie hatte schlecht geschlafen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Bombe hoch ging. Emsig werkelte sie mit Kaffeemaschine und Eierkocher herum, holte Wurst und Käse aus dem Kühlschrank und stellte alles auf ein Tablett. Wenn Arthur in Ruhe gefrühstückt hatte, war er bestimmt besser drauf. Mit dem voll beladenen Tablett ging sie ins Wohnzimmer.
„Guten Morgen!“
Fast hätte sie vor Schreck alles fallen lassen. Wie ein Racheengel stand Arthur neben dem Esstisch. Dort stand bereits Geschirr, und zwar für drei Personen. Das Essen auf dem Tablett rutschte bedenklich. Schnell stellte Leni es ab.
„Guten Morgen, ich hab dich gar nicht gehört“, antwortete sie mit gespielter Fröhlichkeit.
„Du hast offenbar einiges nicht mitgekriegt, auch letzte Nacht nicht. Oder warst du zu feige, um aus deinem Zimmer herauszukriechen?“
Arthur wippte mal wieder auf den Zehenspitzen hin und her, ein sehr schlechtes Zeichen. Ihr rutschte das Herz in die Hose. Was meinte er mit letzter Nacht? Sie hatte keine Ahnung.
„Aber da sind wir schon zwei, die was nicht mitgekriegt haben“ fuhr Arthur fort.
„Es scheint mir, als hätte ich auch so einiges nicht gehört. Zum Beispiel, als du mir erzählt hast, dass deine Freundin zu Besuch kommt. Das hast du doch gesagt, oder?“
Drohend kam er auf sie zu. Sie griff wieder nach dem Tablett und hielt es sich schützend vor den Bauch.
„Woher weißt du das?“, stammelte sie.
Er lachte höhnisch.
„Glaubst du im Ernst, ich kriege nicht mit, was in meinem Haus vor sich geht?“
Kurzerhand nahm er ihr das Tablett ab und stellte es auf den Tisch. Es wäre schade um die schönen Sachen, wenn sie alles fallen ließ. Er schüttelte den Kopf.
„Was sollen diese Heimlichkeiten? Bin ich ein Unmensch? Hab ich dir verboten, Besuch zu haben? Ich finde es allerdings absolut nicht witzig, mitten in der Nacht eine fremde Frau in meiner Küche zu finden. Da hört bei mir der Spaß auf.“
Leni fiel der Kinnladen herunter. Arthur und Barbara waren sich begegnet. Das war ja eine Katastrophe.
„Das hat sich plötzlich so ergeben“, redete sie sich heraus.
„Irgendwie kam ich nicht dazu, dir was zu sagen.“
Es enttäuschte ihn sehr, dass sie jetzt auch noch log. Er musste seine ganze Selbstbeherrschung aufbieten, um sie nicht anzuschreien.
„Diese Freundin kommt ja wohl von außerhalb, wenn sie hier übernachtet. Wann ist sie denn angekommen, vor oder nach dem Abendessen?“
Leni stand da wie ein begossener Pudel. Alles, was sie sagen konnte, würde es
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